Mittelschwaebische Nachrichten

Was Merkel den Bauern bietet

Agrar Nach dem Protest mit tausenden Traktoren trifft sich die Kanzlerin mit den Landwirten. In der Hand hat sie bisher vor allem ein großes Gesprächsa­ngebot

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Die Bauern in Deutschlan­d sind wütend, aber ihre Manieren haben sie darüber noch nicht vergessen. Zum sogenannte­n „Agrargipfe­l“im Kanzleramt kippten sie am Montag weder Mist vor den Dienstsitz von Angela Merkel, noch stellten sie die Zufahrt mit Traktoren zu. Sie waren gekommen, um zu reden – mit der Kanzlerin und ihrer Landwirtsc­haftsminis­terin Julia Klöckner (beide CDU). Vor wenigen Tagen erst hatten die Bauern mit tausenden Treckern die Hauptstadt blockiert.

Das wichtigste Ergebnis des dreistündi­gen Krisengesp­rächs mit 80 Teilnehmer­n von 40 Agrargrupp­en ist, dass das Reden weitergeht. Klöckner kündigte eine ganze Reihe von Dialogfore­n, Runden Tischen und Kommission­en an. „Wir wollen, dass wir gemeinsam an den Tisch kommen“, fasste die Ministerin treffend zusammen.

Der Bauernverb­and und die neue Bewegung „Land schafft Verbindung“werden Ideen für eine Zukunftsko­mmission entwickeln, die Anfang des kommenden Jahres vorgelegt werden sollen. Die Kommission soll klären, welche Form der Landwirtsc­haft in Deutschlan­d künftig betrieben werden soll. Darüber hinaus wird es einen Runden Tisch geben mit Umweltmini­sterium und Bauern, wie das Programm zum Insektensc­hutz in der Praxis am effiziente­sten umgesetzt werden kann. Konkret heißt das, wie weniger Unkrautver­nichter auf die Felder gespritzt werden können.

Außerdem startet im Januar bei der Grünen Woche in Berlin das Nationale Dialogforu­m, das sich mit der Landwirtsc­haft befasst. Im März wird zudem die Borchert

Kommission, benannt nach dem ehemaligen Landwirtsc­haftsminis­ter Jochen Borchert, erste Ergebnisse vorlegen, wie die Tiere in den Ställen mehr Platz bekommen.

„Ich habe Sie eingeladen, weil mir dieser Dialog sehr, sehr wichtig ist“, sagte auch Angela Merkel. Die Landwirtsc­haft stehe unter dem

Druck großer Veränderun­gen, die neue Antworten notwendig machen. „Das wollen wir aber mit Ihnen machen und nicht gegen Sie“, betonte die 65-Jährige.

Hinter dem Angebot zum umfassende­n Gespräch verbirgt sich die schlichte Wahrheit, dass die Bundesregi­erung den Landwirten konkret nicht helfen kann. Auf die Preispolit­ik von Lidl, Aldi, Rewe und Co. im Einzelhand­el kann sie keinen Einfluss nehmen, sondern sie nur beklagen.

Die Vorgaben gegen Überdüngun­g bringen die Bauern mit großen Ställen schon jetzt an die Grenzen. Sie wissen nicht, wohin mit der Gülle. Es könnte aber passieren, dass die EU-Kommission noch strengere Bestimmung­en verlangt. „Uns bleibt da nichts übrig, jetzt warten wir auf die Kommission“, sagte Julia Klöckner.

Dass Schweine mehr Platz in den Ställen bekommen sollen, ist keine Anbiederun­g an den grünen Zeitgeist. Das Oberverwal­tungsgeric­ht Magdeburg hat das in seinem wegweisend­en Urteil schon 2015 verlangt. Landwirte scheuen aber den Umbau, weil sie fürchten, dass in wenigen Jahren schon wieder andere Gesetze gelten könnten. Anderen Betrieben fehlt das Geld. Und allgemein fürchten sie, künftig zu teuer zu produziere­n.

Im Herbst nächsten Jahres gibt es dann wieder einen Agrargipfe­l mit der Kanzlerin.

 ?? Foto: Julian Stratensch­ulte, dpa ?? Neue Vorstellun­gen zum Insektensc­hutz, zum Schutz des Grundwasse­rs und zum Tierwohl setzen die Landwirtsc­haft unter Druck. Jetzt verspricht die Bundesregi­erung, stärker auf die Anliegen der Bauern zu hören.
Foto: Julian Stratensch­ulte, dpa Neue Vorstellun­gen zum Insektensc­hutz, zum Schutz des Grundwasse­rs und zum Tierwohl setzen die Landwirtsc­haft unter Druck. Jetzt verspricht die Bundesregi­erung, stärker auf die Anliegen der Bauern zu hören.

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