Mittelschwaebische Nachrichten
Teuer dank Scheuer
Diskussion Der Bundesverkehrsminister will Kommunen erlauben, die Preise für Bewohnerparkausweise zu erhöhen. Was bayerische Städte davon halten
Augsburg Andreas Scheuer hat schon bessere Zeiten erlebt. Bevor er Bundesverkehrsminister wurde, war das Leben des Niederbayern ein gutes Stück weit weniger kompliziert. Jetzt hat Scheuer das MautDesaster an der Backe. Der Bundestag hat einen Untersuchungsausschuss eingesetzt – die ganze Sache könnte Scheuer sogar das Amt kosten.
Doch der Minister hat derweil schon ein weiteres Thema auf der Agenda, das für Diskussionen sorgt. Er will die Kommunen aus dem engen Parkgebühren-Korsett befreien: Scheuer plant, den Städten und Gemeinden zu erlauben, das Parken für Anwohner teurer zu machen. Die Vorhaben birgt reichlich Konfliktstoff. Argument der Befürworter: Das könnte Autofahrer dazu bringen, auf einen eigenen Wagen zu verzichten. Und weniger Autos heißt: bessere Luft. Argument der Gegner: Viele Menschen sind auf ein Auto angewiesen. Und überhaupt: Selbst mit Bewohnerparkausweis findet man längst nicht immer einen Parkplatz.
Hintergrund der Debatte ist der: Anwohnerparkausweise dürfen in Deutschland maximal 30,70 Euro pro Jahr kosten – dieser Betrag wird aber längst nicht überall ausgeschöpft. In Berlin etwa zahlen Anwohner pro Jahr nur 10,20 Euro. In München sind es 30 Euro. Ebenso in
oder Neu-Ulm. In kleineren Städten ist das Parken oft ein wenig billiger, in Kaufbeuren etwa kostet der Bewohnerparkausweis pro Jahr nur 25 Euro.
Alles viel zu günstig, findet Anne Klein-Hitpaß von der Denkfabrik Agora Verkehrswende, die für mehr Klimaschutz im Verkehr kämpft. Sie sagt: „Das Parken teurer zu machen, kann ein Anreiz sein, auf andere Verkehrsmittel umzusteigen.“Denn das Problem sei ja, dass es in den Städten immer mehr Autos gebe – die Fläche aber natürlich nicht mitwachse. „Wir stellen den Autos zu viel Fläche zur Verfügung“, kritisiert Klein-Hitpaß. Hinzu komme, dass die Parkplätze die Städte auch viel Geld kosteten. Beispiel Berlin: Während die Anwohner rund zehn Euro pro Jahr zahlen, wird die Stadtkasse mit 220 Euro belastet, etwa durch den Bau oder die Beleuchtung der Parkplätze. „Das ist ein Minusgeschäft für die kommunalen Haushalte“, sagt Klein-Hitpaß.
Auch beim ADAC ist man nicht der Ansicht, dass die Gebühren in Stein gemeißelt sein sollten. „Eine flexiblere Regelung gibt den Städten und Gemeinden mehr Handlungsspielraum, um knappen Parkraum effektiver bewirtschaften zu können“, teilt der Autoklub mit. Eine Obergrenze sollte es jedoch geben, damit Mobilität bezahlbar bleibe. Städte und Gemeinden sollen die Gebühren sozial verträglich ansetzen, findet der ADAC. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass die Gebühren willkürlich festgelegt würden und den kommunalen Kassen nur zusätzliche Einnahmen bringen sollten.
Was halten bayerische Städte von einer Preiserhöhung? In München scheint man nicht abgeneigt. Viele Jahre habe man sich für eine Erhöhung des bestehenden „sehr niedrigen Gebührenrahmens“beim Gesetzgeber eingesetzt, teilt eine Sprecherin des Kreisverwaltungsreferats auf Nachfrage unserer Redaktion mit. Deswegen werde die Ankündigung des Bundesverkehrsministers, den Kommunen in diesem Bereich künftig einen größeren Gestaltungsspielraum zu geben, „von Seiten der Verwaltung begrüßt“.
In Kaufbeuren sieht man die Sache anders. Man beabsichtige nicht, die Gebühr zu erhöhen, sagt Oberbürgermeister Stefan Bosse. „Natürlich fokussieren wir uns in Sachen Mobilität auf den öffentlichen Nahverkehr. Wir wollen aber auch, dass das Wohnen in der Innenstadt attraktiv bleibt“, sagt er und fügt hinzu: „Für die Stadt Kaufbeuren ist es nicht der richtige Weg, die Bürgerinnen und Bürger für den öffentlichen Nahverkehr zu begeistern, indem wir die AnwohnerparkAugsburg ausweisgebühr erhöhen. Wir haben stattdessen die ÖPNV-Tarife gesenkt.“
In Augsburg sind die Gebühren für Bewohnerparkausweise seit deren Einführung im Jahr 1986 unverändert geblieben. Zeit also, die Preise anzuheben? Eine eindeutige Antwort gibt es aus der Stadt nicht. Aus dem Baureferat heißt es, dass man abwarten müsse, welcher Gebührenrahmen künftig zulässig sein werde. Zu gegebener Zeit könne der Stadtrat dann entscheiden, ob die Gebühren geändert werden.
Auch in Neu-Ulm will man abwarten, ob denn der Ankündigung Taten folgen. „Für die Stadt NeuUlm ist es zu früh, um über mögliche Veränderungen nachzudenken. Zum jetzigen Zeitpunkt, ohne Beschluss und ohne zu wissen, ob eine Änderung kommt oder nicht, wäre alles rein spekulativ“, sagt Pressesprecherin Sandra Lützel.
Es gibt in der Tat noch viele offene Fragen. Unter anderem die, die sich viele Autobesitzer stellen dürften: Wie teuer könnte denn das Parken für Anwohner künftig werden? Eine konkrete Antwort gibt es bislang nicht – der Deutsche Städtetag hält aber bis zu 200 Euro pro Jahr für denkbar. Derlei Preise sind in anderen europäischen Städten übrigens längst Realität. In London zahlen Bewohner für einen Parkausweis 165 Euro pro Jahr, in Amsterdam 535 und in Stockholm sogar satte 827 Euro.
Für die Kommunen ist es ein Minusgeschäft