Mittelschwaebische Nachrichten

„So gut wie die Natur werden wir nie sein“

Umwelt Seit Jahrzehnte­n setzt sich Georg Meister für Bayerns Bergwälder ein. Nun bekommt er den Deutschen Alpenpreis

- VON STEFANIE GRONOSTAY

Kaufering Es ist zwölf Jahre her, dass der Förster Georg Meister in Thüringen einen Vortrag hielt, in dem er über die Zukunft des Waldes sprach. Damals hat er den anwesenden Förstern geraten, keine Fichten mehr zu pflanzen, da diese den klimatisch­en Veränderun­gen nicht standhalte­n würden. „Meine Zuhörer brachen in schallende­s Gelächter aus“, sagt Meister, der in Kaufering (Kreis Landsberg) lebt. Heute wird das oft propagiert, doch Meister war seiner Zeit voraus.

Sein Leben lang setzte sich der promoviert­e Förster für den Erhalt von Bergwälder­n ein und stieß dabei auch auf Widerstand. Mit 90 Jahren wird er an diesem Dienstag für sein Engagement ausgezeich­net und erhält den Deutschen Alpenpreis. Zum sechsten Mal verleiht die Internatio­nale Alpenkommi­ssion Cipra mit ihren Mitgliedsv­erbänden in München den Deutschen Alpenpreis. „Georg Meister erwarb sich bedeutende Verdienste in Naturschut­z, Tourismus und Entwicklun­g der Infrastruk­tur im gesamten deutschspr­achigen Alpenraum“, begründet die Kommission ihre Entscheidu­ng. „Völlig überrasche­nd“kam für Meister die Nachricht, dass er den Preis erhält. „Ich dachte, in meinem Leben passiert nicht mehr viel“, sagt er.

Schon früh entdeckte Meister seine Liebe für die Natur. Er wuchs als Sohn eines Försters in der Oberpfalz auf. „Schule war für mich etwas Schrecklic­hes. Wenn ich mit meinem Vater in den Wald gehen durfte, war das für mich das Leben.“Dort lernte Meister viel über den Umgang mit Tieren. Mit vier Jahren schoss Meister das erste Mal mit einem Stöpselgew­ehr – „mit dem Mittelfing­er, da mein Zeigefinge­r zu schwach war“, erzählt der 90-Jährige. Nach seinem Abitur entschied er sich für ein Studium der Forstwirts­chaft. „Ich wusste alles über die Tiere, aber nichts über den Wald.“

Meister hat ein Konzept entworfen, wie sich Natur und Tourismus vereinbare­n lassen. „Naturnahen, sanften Tourismus“, nennt er es. Er konzipiert­e Wanderwege, auf denen sich Touristen bewegen konnten, ohne die Natur und ihre Bewohner zu stören. Eine Arbeit, die nicht bei allen gut ankam. „Die Förster wollten keine Touristen in ihren Wäldern haben.“Später, als Meister das Forstamt in Bad Reichenhal­l leitete, forderte er die Förster dazu auf, freundlich zu Touristen zu sein. „Es ist wichtig, dass auf beiden Seiten Verständni­s vorhanden ist“, sagt er.

Die Berufslauf­bahn des Försters wurde von einer internen Debatte geprägt: Jäger und Förster stritten darüber, wie viel Wild für einen Wald gut sei. „Dabei gibt die Natur das beste Verhältnis vor“, sagt Meister. Er warnt vor dem menschlich­en Eingreifen gegen den Lauf der Dinge. „Viele glauben, dass sie Herr über die Natur sind.“Dabei sei das Gegenteil der Fall. „Wir sind Diener der Natur und können nur so unsere Wälder sichern.“Den Klimawande­l betrachtet der 90-Jährige mit Sorge. „Fichten leiden unter den Temperatur­en am meisten“, sagt er. Deshalb müssten Bedingunge­n geschaffen werden, unter denen die natürliche Artenvielf­alt ohne Schutzmaßn­ahmen aufwachsen kann. Bestimmte Dinge tun und andere unterlasse­n: „Wir können es versuchen, aber so gut wie die Natur werden wir nie sein.“

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Foto: Jordan Georg Meister wird mit dem Deutschen Alpenpreis ausgezeich­net.

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