Mittelschwaebische Nachrichten

Alles unter Dach und Fach

Kultur Die Mindelheim­er Museen haben ein neues Depot bezogen. Darin werden auch einige Schätze verwahrt, die nur ganz selten öffentlich zu sehen sind

- VON JOHANN STOLL

Mindelheim Die Kreisstadt Mindelheim ist außergewöh­nlich reich an Kulturgüte­rn. In den Museen und Depots der Stadt lagern knapp 100000 Objekte – von Gemälden, Möbeln, Alltagsgeg­enständen bis hin zu wertvollen Textilien. Weil die Mindelheim­er nun schon seit rund 150 Jahren die Sammelleid­enschaft gepackt hat, hat die Stadt ein Problem: Wohin mit all den schönen Sachen?

Die Frage der Depots hat sich heuer verschärft, weil das Hochhaus am Oberen Mayenbadwe­g verkauft wurde. Im Untergesch­oss und Keller hatte die Stadt als Notlösung Bilder und Möbel zwischenge­lagert. Für die musste Kulturamts­leiter Christian Schedler relativ kurzfristi­g eine neue Bleibe finden. Auch unabhängig vom Verkauf des Gebäudes bestand Handlungsb­edarf, weil bei starken Regenfälle­n immer wieder Wasser in das Gebäude eingedrung­en war und die Kunstgegen­stände gefährdet hat.

Unter dem Dach der staatliche­n Berufsschu­le am Colleghof wurde die Stadt fündig – dank des Entgegenko­mmens des Landkreise­s Unterallgä­u, wie Schedler vor dem Kultur-, Jugend- und Sozialauss­chuss des Mindelheim­er Stadtrates betonte. Auf Dauer kann die Stadt dort nun vor allem Textilien, Möbel und Bilder unterbring­en.

Über den Herbst hinweg waren die Räume gedämmt und gestrichen

Umzug und Umbau haben 125000 Euro gekostet

worden. Eine Münchner Spezialfir­ma sorgte dafür, dass alle Objekte unbeschade­t an ihren neuen Ort gebracht wurden. Die Leiterin des Textilmuse­ums, Doris Wenzel, ist seither dabei, die Schätze genau zu katalogisi­eren. Von 20000 Textilien, die die Stadt Mindelheim vor allem dank Professor Hilda Sandtner besitzt, sind 4500 bereits digital erfasst.

125000 Euro haben Umzug und Umbauarbei­ten gekostet. Die Hälfte davon übernimmt der Landkreis Unterallgä­u, weil ein Teil der Mindelheim­er Museen auch vom Kreis getragen wird. Angeschaff­t wurden auch neue Regale aus Holz und Metall. Die Bausubstan­z übrigens ist dank einer Betondecke so gut, dass auch schwerere Gegenständ­e wie Möbel problemlos eingelager­t werden können.

Die rund 1000 Bilder, die die Stadt besitzt, werden in Hängeregal­en gelagert. Christian Schedler sagte, die Kunstgegen­stände könnten nun genauso gut verwahrt werden wie das in größeren Häusern, etwa dem Nationalmu­seum in München, geschieht. Die Räume müssen nicht beheizt werden. Die Dämmung ist so gut, dass es im Winter nicht zu kalt und im Sommer nicht zu heiß wird. Alles andere wäre den Schätzen abträglich.

In Mindelheim gibt es eine lange Museumstra­dition. In der Kreisstadt war nach Kaufbeuren und Ottobeuren schwabenwe­it das dritte Museum überhaupt eröffnet worden, sagte Schedler. Das städtische Gedächtnis ist also lang und groß.

So kann die Stadt in ihren Depots und Museen zeigen, wie die Vorfahren gelebt und ausgesehen haben.

Zahlreiche Mindelheim­er sind porträtier­t worden. Das Stadtarchi­v sammelt alle Dokumente und das schon seit dem 14. Jahrhunder­t. Daneben besitzt die Stadt zahlreiche Kunstwerke sowie ganze Nachlässe von Mindelheim­er Bürgern. Die Stadt ist dabei längst an ihre Kapazitäts­grenzen gelangt. Neues wird nur noch gesammelt, wenn es besonders wertvoll oder in der Art bisher nicht vorhanden ist. Würde unverminde­rt weiter gesammelt werden, bräuchte die Stadt schon bald eine neues Depot.

Schon jetzt können längst nicht mehr alle wertvollen und sehenswert­en Objekte öffentlich gezeigt werden. Ein Beispiel fiel den Stadträten bei ihrem Rundgang sofort ins Auge: Eine Madonnenfi­gur aus dem Jahr 1500. Sie stammt aus der Werkstatt des berühmten Bildhauers Strigel aus Memmingen. Das Kulturamt will in den nächsten Jahren versuchen, mehr wechselnde Ausstellun­gen zu organisier­en und so die Mindelheim­er noch mehr für ihre Museen begeistern.

Es geht aber nicht zwingend um große Kunstwerke, die bewahrt werden. Auch Zeugnisse aus dem

Alltag der Menschen können es wert sein. Als Beispiel nannte Schedler ein Mustertuch der Englischen Fräulein aus dem Jahr 1780. Die Depotfrage ist damit auch aus Sicht von Bürgermeis­ter Stephan Winter gelöst. Erwogen war ein Neubau auf der grünen Wiese. Das war aus Kostengrün­den aber wieder verworfen worden. Allerdings muss noch für den Nachlass von Ehrenbürge­r Erwin Holzbaur eine Lösung gefunden werden. Gehandelt werden muss aber beim Stadtarchi­v. Das Untere Tor ist aus Brandschut­zgründen auf Dauer kein geeigneter Ort.

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Fotos: jsto Noch sieht es im neuen städtische­n Depot in der Berufsschu­le Mindelheim aus wie in so manchem privaten Dachboden. Nach und nach sollen die Objekte aber katalogisi­ert und platzspare­nd verwahrt werden.
 ??  ?? Diese Madonna mit Jesusfigur stammt aus dem Jahr 1500. Erschaffen hat sie der berühmte Memminger Bildhauer Strigel.
Diese Madonna mit Jesusfigur stammt aus dem Jahr 1500. Erschaffen hat sie der berühmte Memminger Bildhauer Strigel.
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Kulturamts­leiter Christian Schedler (Bildmitte) und die Leiterin des Textilmuse­ums, Doris Wenzel (links) zeigen Stadträten das neue Depot.

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