Mittelschwaebische Nachrichten
Alles unter Dach und Fach
Kultur Die Mindelheimer Museen haben ein neues Depot bezogen. Darin werden auch einige Schätze verwahrt, die nur ganz selten öffentlich zu sehen sind
Mindelheim Die Kreisstadt Mindelheim ist außergewöhnlich reich an Kulturgütern. In den Museen und Depots der Stadt lagern knapp 100000 Objekte – von Gemälden, Möbeln, Alltagsgegenständen bis hin zu wertvollen Textilien. Weil die Mindelheimer nun schon seit rund 150 Jahren die Sammelleidenschaft gepackt hat, hat die Stadt ein Problem: Wohin mit all den schönen Sachen?
Die Frage der Depots hat sich heuer verschärft, weil das Hochhaus am Oberen Mayenbadweg verkauft wurde. Im Untergeschoss und Keller hatte die Stadt als Notlösung Bilder und Möbel zwischengelagert. Für die musste Kulturamtsleiter Christian Schedler relativ kurzfristig eine neue Bleibe finden. Auch unabhängig vom Verkauf des Gebäudes bestand Handlungsbedarf, weil bei starken Regenfällen immer wieder Wasser in das Gebäude eingedrungen war und die Kunstgegenstände gefährdet hat.
Unter dem Dach der staatlichen Berufsschule am Colleghof wurde die Stadt fündig – dank des Entgegenkommens des Landkreises Unterallgäu, wie Schedler vor dem Kultur-, Jugend- und Sozialausschuss des Mindelheimer Stadtrates betonte. Auf Dauer kann die Stadt dort nun vor allem Textilien, Möbel und Bilder unterbringen.
Über den Herbst hinweg waren die Räume gedämmt und gestrichen
Umzug und Umbau haben 125000 Euro gekostet
worden. Eine Münchner Spezialfirma sorgte dafür, dass alle Objekte unbeschadet an ihren neuen Ort gebracht wurden. Die Leiterin des Textilmuseums, Doris Wenzel, ist seither dabei, die Schätze genau zu katalogisieren. Von 20000 Textilien, die die Stadt Mindelheim vor allem dank Professor Hilda Sandtner besitzt, sind 4500 bereits digital erfasst.
125000 Euro haben Umzug und Umbauarbeiten gekostet. Die Hälfte davon übernimmt der Landkreis Unterallgäu, weil ein Teil der Mindelheimer Museen auch vom Kreis getragen wird. Angeschafft wurden auch neue Regale aus Holz und Metall. Die Bausubstanz übrigens ist dank einer Betondecke so gut, dass auch schwerere Gegenstände wie Möbel problemlos eingelagert werden können.
Die rund 1000 Bilder, die die Stadt besitzt, werden in Hängeregalen gelagert. Christian Schedler sagte, die Kunstgegenstände könnten nun genauso gut verwahrt werden wie das in größeren Häusern, etwa dem Nationalmuseum in München, geschieht. Die Räume müssen nicht beheizt werden. Die Dämmung ist so gut, dass es im Winter nicht zu kalt und im Sommer nicht zu heiß wird. Alles andere wäre den Schätzen abträglich.
In Mindelheim gibt es eine lange Museumstradition. In der Kreisstadt war nach Kaufbeuren und Ottobeuren schwabenweit das dritte Museum überhaupt eröffnet worden, sagte Schedler. Das städtische Gedächtnis ist also lang und groß.
So kann die Stadt in ihren Depots und Museen zeigen, wie die Vorfahren gelebt und ausgesehen haben.
Zahlreiche Mindelheimer sind porträtiert worden. Das Stadtarchiv sammelt alle Dokumente und das schon seit dem 14. Jahrhundert. Daneben besitzt die Stadt zahlreiche Kunstwerke sowie ganze Nachlässe von Mindelheimer Bürgern. Die Stadt ist dabei längst an ihre Kapazitätsgrenzen gelangt. Neues wird nur noch gesammelt, wenn es besonders wertvoll oder in der Art bisher nicht vorhanden ist. Würde unvermindert weiter gesammelt werden, bräuchte die Stadt schon bald eine neues Depot.
Schon jetzt können längst nicht mehr alle wertvollen und sehenswerten Objekte öffentlich gezeigt werden. Ein Beispiel fiel den Stadträten bei ihrem Rundgang sofort ins Auge: Eine Madonnenfigur aus dem Jahr 1500. Sie stammt aus der Werkstatt des berühmten Bildhauers Strigel aus Memmingen. Das Kulturamt will in den nächsten Jahren versuchen, mehr wechselnde Ausstellungen zu organisieren und so die Mindelheimer noch mehr für ihre Museen begeistern.
Es geht aber nicht zwingend um große Kunstwerke, die bewahrt werden. Auch Zeugnisse aus dem
Alltag der Menschen können es wert sein. Als Beispiel nannte Schedler ein Mustertuch der Englischen Fräulein aus dem Jahr 1780. Die Depotfrage ist damit auch aus Sicht von Bürgermeister Stephan Winter gelöst. Erwogen war ein Neubau auf der grünen Wiese. Das war aus Kostengründen aber wieder verworfen worden. Allerdings muss noch für den Nachlass von Ehrenbürger Erwin Holzbaur eine Lösung gefunden werden. Gehandelt werden muss aber beim Stadtarchiv. Das Untere Tor ist aus Brandschutzgründen auf Dauer kein geeigneter Ort.