Mittelschwaebische Nachrichten
Totes Kind: Amt war früh informiert
Schicksal Ende Oktober stirbt ein Dreijähriger aus Dillingen. Jetzt wird bekannt: Eine Frau hatte das Landratsamt auf Missstände hingewiesen. Doch eine Mitarbeiterin gab die Info nicht weiter
Dillingen Der Tod eines dreijährigen Buben aus Dillingen Ende Oktober hätte möglicherweise verhindert werden können. Wie jetzt bekannt wurde, hatte sich bereits im Juli eine Nachbarin beim Dillinger Landratsamt gemeldet und schwierige familiäre Verhältnisse gemeldet. Doch diese Information landete nicht beim zuständigen Jugendamt.
„Die Aktennotiz über das Telefonat ist leider hausintern nicht weitergereicht worden“, teilt Peter Hurler, der Sprecher des Landratsamtes, mit. Der Junge kam damals mit lebensgefährlichen Verletzungen in die Augsburger Uniklinik, wo er verstarb. Die Hintergründe sind unklar. Kripo und Staatsanwaltschaft ermitteln im Umfeld der Familie. Derzeit gehen sie von einem Tötungsdelikt aus.
Dillingen Es ist ein Fall, der Fragen aufwirft. Ende Oktober starb ein dreijähriger Bub aus Dillingen. Woran genau, ist nach wie vor unklar. Nun werden Hintergründe bekannt, die zeigen: Der Tod des Jungen hätte womöglich verhindert werden können. Das Dillinger Landratsamt hat Monate, bevor das Kind Ende Oktober mit lebensbedrohlichen Verletzungen ins Krankenhaus kam, einen Hinweis darauf bekommen, dass das Wohl des Buben in seiner Familie möglicherweise in Gefahr ist. Eine Frau, offenbar eine Nachbarin, hatte sich an die Behörde gewandt, genauer an das Veterinäramt.
Der Anruf erfolgte nach Behördenangaben Anfang Juli. Sie höre immer wieder die Hunde der Familie bellen, die Tiere würden jedoch nie nach draußen kommen, erklärte die Frau. Die Mitarbeiterin der Behörde fragte die anonyme Anruferin, ob denn im Haushalt auch Kinder lebten. Die Frau bejahte dies und wurde daraufhin gebeten, sich direkt an das Jugendamt zu wenden, um eine eventuelle Kindeswohlgefährdung zu melden. Die Frau kündigte laut Landratsamt an, dies zu tun. Zu einem solchen Anruf kam es jedoch nicht. So gelangte der Hinweis nie an das Jugendamt. Der Anruf der Frau mündete lediglich in eine Aktennotiz.
„Die Aktennotiz über das Telefonat ist leider hausintern nicht weitergereicht worden“, teilt Peter Hurler, Sprecher des Dillinger Landratsamtes, auf Nachfrage unserer Redaktion mit und bestätigt damit einen entsprechenden Bericht des Bayerischen Rundfunks. Zudem räumt er ein: „Natürlich hätte diese Information intern weitergegeben werden sollen.“So aber wurde das Jugendamt auf die Familie erst aufmerksam, als der Bub bereits lebensgefährlich verletzt war.
Warum die Mitarbeiterin des Veterinäramtes die Anruferin gebeten hatte, sich direkt an das Jugendamt zu wenden, hat laut Landratsamt einen konkreten Hintergrund. So hat das Jugendamt Dillingen im Jahr 2018 nach eigenen Angaben insgesamt 260 Meldungen über eine Kindeswohlgefährdung erhalten, von denen sich jedoch nur 127 als zutreffend erwiesen hätten. „Leider sind immer wieder auch familieninterne Streitigkeiten Anlass von Meldungen
über Kindeswohlgefährdungen“, sagt Sprecher Hurler. „Deshalb möchten die Mitarbeiter des Jugendamtes bereits bei der Meldung den Sachverhalt nach Möglichkeit hinterfragen.“
Zugleich äußert Hurler Kritik am Jugendamt in Halle an der Saale, wo die Familie bis vergangenen Januar gelebt hatte und durch das dortige Jugendamt betreut worden war. Nach dem Umzug nach Dillingen habe die Behörde den Kollegen in Bayern jedoch keinerlei Informationen zur Familie übermittelt – bis heute, und trotz einer Anfrage, die das Dillinger Amt mittlerweile gestellt hat. So hat möglicherweise auch der Datenschutz dazu beigetragen, dass wichtige Infos zur Familie nicht weitergegeben wurden. Hurler sagt: „Wenn es beispielsweise eine Vernetzung von Jugendamtsdaten und Meldedaten gäbe, könnten Jugendämter wie im vorliegenden Fall bei einem Umzug schneller an jugendamtsrelevante Daten gelangen und schneller Kontakt mit potenziell betreuungsbedürftigen Familien aufnehmen.“
Ende Oktober war der Dreijährige aus Dillingen mit lebensgefährlichen Verletzungen in das Uniklinikum nach Augsburg gebracht worden, wo der Bub starb. Woher die Verletzungen kamen, ist unklar. Das Jugendamt nahm daraufhin die Schwester des Jungen in Obhut. Die Rede war von „nicht für Kleinkinder geeigneten“Zuständen in der Wohnung der Familie. Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft ermitteln aktuell im Umfeld der Familie. Die Ermittler gehen von einem Tötungsdelikt aus.
Familie war wohl schon früher auffällig