Mittelschwaebische Nachrichten
Wird zu viel operiert?
Bayerns Kliniken sollen auf Prüfstand
München Die bayerischen Betriebskrankenkassen (BKK) wagen sich an ein sensibles Thema. Es geht um die Frage, ob in Bayerns Krankenhäusern zu viel operiert wird. Konkret beklagt der BKK-Landesverband eine Überversorgung und mangelnde Qualität zulasten der Patienten in vielen Krankenhäusern. Wirtschaftliche Erfordernisse des Krankenhausbetriebs hätten dazu geführt, dass Patienten nicht notwendige Therapien und Operationen verordnet würden. Sigrid König, die Vorsitzende des BKK-Landesverbands, sagt: „Schlimm ist, wenn die Behandlung nicht am Menschen ausgerichtet wird, sondern an der Wirtschaftlichkeit.“Der BKK-Landesverband, die AOK und weitere Kassen fordern von der Staatsregierung eine Bestandsaufnahme der Krankenhausversorgung und der Qualität der Versorgung.
„Wir haben sehr gute Häuser mit Maximalversorgung, aber wir haben auch Krankenhäuser, in denen die Qualität der Versorgung nicht stimmt“, sagt König. Nach ihrer Einschätzung ist dies in Teilen Folge des 2003 eingeführten Abrechnungssystems mit Fallpauschalen, DRG genannt. Die Vergütung der Krankenhäuser richtet sich nach der Diagnosegruppe, in die ein Patient eingeordnet wird, es wird nicht jede medizinische Leistung einzeln abgerechnet. „Eine Folge des DRG-Abrechnungssystems ist, dass mehr operiert wird“, sagte König. Die Krankenhäuser hätten zwar mehr Operateure eingestellt, aber nicht mehr Pflegepersonal. „Die Folge all dieser Entwicklungen sind Qualitätsmängel, und diese führen zu vermeidbaren Todesfällen.“König und andere Kritiker berufen sich auch auf eine Studie des Berliner Instituts für Gesundheitsund Sozialforschung im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung, der zufolge deutschlandweit zu viel operiert wird. „In München wurden laut Bertelsmann-Daten in 20 von 25 Krankenhäusern, die Herzinfarkte behandeln, weniger als die empfohlenen 309 Behandlungen pro Jahr durchgeführt“, sagte König. „Von diesen 25 hatten zehn keinen Herzkathetermessplatz, der für eine qualifizierte Behandlung notwendig ist.“