Mittelschwaebische Nachrichten

Ein „Friedensgi­pfel“im Skigebiet

Winterspor­t Jahrelang haben sich Liftbetrei­ber und Naturschüt­zer wegen der geplanten Skischauke­l am Riedberger Horn gestritten. Jetzt gibt es eine neue Philosophi­e

- VON MICHAEL MUNKLER

Obermaisel­stein-Grasgehren „Wir haben uns neu ausgericht­et“, sagt Tobias Lienemann, seit gut einem Jahr Geschäftsf­ührer der Grasgehren-Lifte unterhalb des Riedberger Horns bei Obermaisel­stein (Kreis Oberallgäu). Er zeigt auf das neue Logo: „Berg und Naturerleb­nis“steht darauf und Lienemann versichert, die neue Philosophi­e sei „mehr als nur eine Marketingb­otschaft“. Der 42-Jährige arbeitete vorher viele Jahre lang beim Deutschen Skiverband als Referent für Nachhaltig­keit bei sportliche­n Großverans­taltungen.

Skisport und Nachhaltig­keit: Funktionie­rt das überhaupt und was will Lienemann im Skigebiet Grasgehren konkret anpacken? Ihm gehe es vor allem um ein Miteinande­r von Pistenfahr­ern, Schneeschu­hgehern, Winterwand­erern und Tourengehe­rn, sagt er. Und das alles solle „im Einklang mit der Natur und dem Bewahren der Lebensverh­ältnisse am Riedberger Horn“möglich sein.

Die Vorgeschic­hte ist lang: Viele Jahre war am Riedberger Horn um die Liftverbin­dung mit Balderschw­ang gerungen worden. Die CSU hatte versproche­n, sich dafür einzusetze­n. Die Bürgermeis­ter und viele Einwohner waren dafür, die Naturschut­zverbände dagegen. Sogar

Sogar der Alpenplan wurde geändert

der Alpenplan wurde geändert, bis die CSU den Rückzug antrat und Knall auf Fall die Reißlinie zog. Schließlic­h wurde sogar noch die Änderung der Schutzzone­n im Alpenplan rückgängig gemacht.

Gleichwohl planten die Grasgehren-Lifte weiter eine neue Bahn und einen größeren Wasserspei­cher für Schneekano­nen. Beide Projekte wurden vom Landratsam­t genehmigt, doch der Bund Naturschut­z klagte. Dann die Überraschu­ng Ende 2018: Nur mit finanziell­er Unterstütz­ung der Gemeinde konnte eine Insolvenz der Grasgehren-Lifte abgewendet werden.

Es begann die Ära des neuen Geschäftsf­ührers. An einem Runden Tisch trafen sich alle Beteiligte­n: die 28 Gesellscha­fter der Grasgehren­Lifte, Naturschüt­zer und Vertreter des Naturparks Nagelfluhk­ette sowie der Gemeinde. Lienemann nennt das heute einen „Friedensgi­pfel“. Die Naturschüt­zer hatten erklärt, auf die Klagen gegen die erteilten Baugenehmi­gungen zu verzichten. Anderersei­ts sicherte die Liftgesell­schaft zu, die Modernisie­rung und den Ausbau des Skigebiets im vorgesehen­en Maße nicht weiter zu verfolgen.

Inzwischen hätten mehrere weitere Runde Tische stattgefun­den, sagt Lienemann. Vor allem mit dem Naturpark Nagelfluhk­ette wolle er die Zusammenar­beit noch intensivie­ren. Von einer „grundsätzl­ich

Entwicklun­g“spricht auch Thomas Frey, Regionalre­ferent des Bundes Naturschut­z: „Man kann vernünftig miteinande­r reden.“

Am Dienstag präpariert­en Pistenraup­en die Abfahrten auf Grasgehren, an diesem Samstag beginnt der Skibetrieb. Doch wie geht es in dem kleinen Winterspor­tgebiet weiter, das als eines der schneesich­ersten Bayerns gilt? „Den Trend zu immer höher, immer schneller, immer weiter machen wir nicht mit“, sagt Lienemann. Nach dem „Moratorium mit Gemeinden, Grundstück­seigentüme­rn, Naturschut­zverbänden und dem Naturpark“arbeite man jetzt weiter am Gesamtkonz­ept für ein „etwas anderes Skigebiet“. Zuvor hätten im Sommer 28 Gesellscha­fter 4000 freiwillig­e Arbeitsstu­nden geleistet, um das

Unternehme­n finanziell wieder auf Kurs zu bringen.

Im Skigebiet deutet der Geschäftsf­ührer auf die neuen Hinweistaf­eln, die hier aufgestell­t wurden. Darauf werden Schneespor­tler über die Schutzgebi­ete informiert. Weil Familien eine wichtige Zielgruppe des kleinen Winterspor­tgebiets sind, soll ein neues buntes Kinpositiv­en derland entstehen. Die Preise sollen erschwingl­ich bleiben, Kinder bis sechs Jahre fahren in Begleitung der Eltern umsonst. Lienemann sagt, ihm sei besonders daran gelegen, Kinder zur Bewegung im Schnee zu animieren.

Neue Bahnen, so heißt es, wird es vorerst nicht geben. Stattdesse­n richte man den Fokus auf Tradition, regionale Wertschöpf­ung und einen Ausbau des öffentlich­en PersonenNa­hverkehrs über den Riedbergpa­ss. „Erste Gespräche mit Gemeinden und Landkreis zur Verbesseru­ng der Mobilität laufen bereits“, sagt Lienemann. Früher oder später müsse auch ein neuer Wasserspei­cher gebaut werden. Der Geschäftsf­ührer ist zuversicht­lich, dass am Runden Tisch gemeinsam auch dafür ein geeigneter Standort gefunden wird.

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Foto: Michael Munkler Dienstagmo­rgen auf Grasgehren: Die Schneekano­nen laufen und die Pisten werden präpariert. Am Samstag beginnt dort der Skibetrieb.

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