Mittelschwaebische Nachrichten
Facebook darf Hetzer nicht sperren
Gericht gibt Mann nach vermeintlicher Hassrede recht
München Die Behauptung, dass Flüchtlinge in Deutschland „gewetzte Messer“hätten, ist nach Ansicht des Landgerichts München I von der Meinungsfreiheit gedeckt. Laut einem Urteil vom Dienstag muss Facebook ein Profil trotz solch heftiger Aussagen über Flüchtlinge wieder freigeben. Ein Nutzer der Plattform hatte gegen die Sperrung seines Profils wegen einer verbotenen Hassrede geklagt – und er bekam nun recht.
Der Mann hatte sich im vergangenen Jahr in einem „Wort zum Sonntag“in einem heftigen Rundumschlag überaus kritisch mit der Großen Koalition und ihrer Flüchtlingspolitik auseinandergesetzt. In einem Beitrag schrieb er unter anderem, Flüchtlinge hätten in Deutschland neben neuen Schuhen und neuen Handys auch „frisch gewetzte Messer“, wie die Richterin seinen Beitrag zitierte. Facebook sperrte daraufhin seinen Account und begründete das mit Verstößen gegen die Gemeinschaftsrichtlinien. Die Plattform argumentierte, der Mann stelle damit alle Flüchtlinge als gewaltbereit dar und verstoße deswegen gegen die Regeln des Netzwerks.
Die Richterin entschied nun anders. Aus ihrer Sicht sind die Aussagen von der Meinungsfreiheit gedeckt. Sie halte es „noch für zulässig“, sagte sie in der Urteilsbegründung. „Sie wollten Ihre Angst zum Ausdruck bringen“, sagte sie an die Adresse des Klägers. „Das ist der Gang der öffentlichen Meinungsbildung.“Der 52-Jährige, der sich der „bürgerlichen Mitte“zurechnet und
„Überhöhte Formulierung mit satirischen Elementen“
nach der Urteilsverkündung betonte, er sei „kein AfDler“, freute sich über das Urteil und zeigte sich überrascht. „Damit hätte ich nicht gerechnet“, sagte er. Er gehe aber davon aus, dass die Sache damit noch nicht vorbei ist. „Facebook wird da sicher weitergehen. Das ist ja ein Präzedenzfall.“Sein Beitrag sei „eine politisch überhöhte Formulierung mit satirischen Elementen“gewesen. Der Mann räumte ein, dass es sicher nicht seine „beste Leistung“gewesen sei, er wolle sich aber gegen eine generelle Zensur von Facebook zur Wehr setzen. „Eine komplette Zensur ist einfach nicht in Ordnung.“
Parallelen zum umstrittenen Urteil des Landgerichts Berlin, das in heftigen und sexistischen Beleidigungen an die Adresse der GrünenPolitikern Renate Künast keine Diffamierung der Person sah, sah der 52-Jährige nicht. „Das geht natürlich zu weit.“