Mittelschwaebische Nachrichten
Mike zieht sich zurück
Tipp des Tages Ein Sohn stellt seine Familie in diesem Film-Debüt vor eine harte Probe
Die verschlossene Tür macht die ganze Familie verrückt. Dahinter versteckt sich Mike – und das bereits seit Wochen. „Hikikomori“nennt man das Phänomen in Japan: Menschen, die sich zu Hause einschließen und den Kontakt zur Außenwelt abbrechen. Auch Mike ist so ein „Hikikomori“.
Er will offensichtlich seine Ruhe, will dem Alltag aus dem Weg gehen – und belastet damit seine von Bjarne Mädel und Bibiana Beglau gespielten Eltern sowie seine Schwester Miriam (Emma Bading) umso mehr. Denen gehen im sensiblen Drama „1000 Arten Regen zu beschreiben“, das Arte an diesem Mittwoch um 22.55 Uhr zeigt, die Ideen aus. Wie sollen sie mit Mike umgehen? Zunehmend verlieren sie sich auch selbst aus dem Blick.
Die Tür, hinter der sich Mike versteckt, wird zu einem Treffpunkt
der Familie. Vater Thomas reagiert sich hier gerne mal ab, Mutter Susanne versorgt den Sohn mit ihren Gerichten und Mikes Schwester Miriam würde all die Probleme der Jugend mit jemandem besprechen, der sie ebenfalls gerade erlebt. Doch Mike schweigt, kommuniziert nur kryptisch mit Zettelchen, wie: „Griechenland. Lang anhaltende Frontregen. Stürmisch.“Je länger Mikes Rückzug dauert, umso mehr droht die Situation zu eskalieren.
Die bedrückende Stimmung, die Hilflosigkeit, der nahende Kontrollverlust, das alles fängt Regisseurin Isa Prahl in ihrem gelungenen Langfilm-Debüt mit starken Empfindungen ein. Und die grandiosen Schauspieler Bjarne Mädel und Bibiana Beglau sorgen dafür, dass die Gefühle der Eltern – von Wut bis Verzweiflung – einem wirklich nahe gehen.