Mittelschwaebische Nachrichten
Arnold Haiß ist einer der letzten Holzschnitzer
Kunsthandwerk Arnold Haiß aus Vorderschellenbach hat sich ganz dem Werkstoff Holz verschrieben. Er betreibt eine der letzten Holzschnitzereien in der Region
Vorderschellenbach Bereits im Eingangsbereich finden sich die verschiedensten Schnitzarbeiten. Vorne im Verkaufsraum sind es noch weitaus mehr. „Man tut sich schon ein bisschen leichter, wenn man einen Namen hat“, sagt Arnold Haiß und lacht. Den hat er in jedem Fall: Arnold Haiß, der im Ziemetshauser Ortsteil Vorderschellenbach eine Holzschnitzerei betreibt, ist einer der letzten professionellen Holzschnitzer im Landkreis. Selbstverständlich gebe es, gerade in den Krippenvereinen, ganz hervorragende Schnitzer, die er selbst bewundere, erklärt er. Apropos Krippenfiguren: Diese, genauso wie Krippenställe und Tempelanlagen, stünden auch bei ihm hoch im Kurs.
Arnold Haiß schnitzt sozusagen alles, was an Aufträgen kommt: von sakralen Figuren, Reliefs und Ornamenten, bis hin zu Schützenscheiben und Familienwappen. So gut wie nicht mehr gefragt seien der Nachtwächter oder der Mönch mit dem Humpen. Haiß spricht dennoch von einem Wandel: „Früher war in jeder Stube ein Kreuz.“In den vergangenen Jahren sei der Anteil von sakralen Arbeiten, beispielsweise einer Madonna, eines Engels oder einem schönen Florian zurückgegangen.
Vieles hänge vom Alter und vom eigenen Empfinden der jeweiligen Personen ab, auch seien die Wünsche der Kunden inzwischen andere. Heute gehe der Trend ins Spezielle. „Unikate, das Persönliche, das Eigene und speziell angefertigt“, nennt es der 56-Jährige. Auch Schreinerbetriebe kommen auf ihn zu: Eine Haustür aus Holz, mit entsprechenden Schnitzarbeiten, einem Wappen oder mit dem Namen des Bewohners versehen, spiegelt das Individuelle wider.
Zurück zu den Figuren. Einen Online-Handel betreibt Arnold Haiß nicht. Ihm gehe es darum, mit den Kunden zu reden und ihnen das anzubieten, was sie sich wünschten. Aus diesem Grund wolle er seine Arbeiten auch nicht im Internet anbieten. „Da steckt viel zu viel Arbeit, Können und Fleiß dahinter“, betont er. Von dem, was sich der Kunde vorstellt, bis zu einer fertigen Figur, vergeht Zeit. Wie viel, das ist unterschiedlich. Es komme immer auf die Größe und die Haltung an, ob es eine Madonna mit oder ohne das Jesuskind ist, aber auch, wie am Gewand die Falten fallen sollen, erklärt Haiß. Zunächst werde eine Zeichnung angefertigt, gegebenenfalls die Kopf- oder Körperhaltung korrigiert, es folge ein Modell aus Ton oder Plastilin, dann erst könne losgelegt werden – beispielsweise mit einem Block aus Linden- oder Zirbenholz.
Jeder Schnitzer habe seine eigene Handschrift, und das solle er auch haben, fährt Arnold Haiß fort. Gerade bei Restaurierungsarbeiten sei es besonders wichtig, dieser zu folgen, auch wenn es nicht die eigene sei. Überhaupt sei der seine ein Stil, zu dem er auch selber stehe. Früher habe man ein schadhaftes Kunstwerk in den Neuzustand gebracht. Heute werde es soweit behandelt, um es möglichst im Originalzustand erhalten zu können.
Warum wird man Holzschnitzer? Mit Holz hatte Arnold Haiß schon immer zu tun. Schon als kleiner Bub habe ihn das Geschnitzte, das Schöne, in den Kirchen fasziniert, erzählt er. Damals habe er von seinem Vater sein erstes Schnitzwerkzeug geschenkt bekommen. „So ein Ding, das hinten und vorne nicht scharf war“, fährt er lachend fort. Die Schnitzerei habe ihm jedoch keine Ruhe mehr gelassen. Arnold Haiß absolvierte eine Schreinerlehre und eine Zimmermannslehre, besuchte gleichzeitig Schnitzer-Seminare, ebenso Schnitzer-Schulen und nahm an Weiterbildungen und Spezialisierungen teil. Überhaupt sei Mundwerbung ein ganz großes Thema. Die Kunden kommen aus den Räumen München, Ulm, Bodensee, die wieder andere mitbringen und dann schon einmal von weiter herkommen. Eigene Mitarbeiter beschäftigt Arnold Haiß nicht, Unterstützung erhält er von seiner Frau Astrid. Dafür gibt es an die 20 Malerinnen, mit denen er je nach Stil und Technik zusammenarbeitet. Die Holzschnitzerei hat übrigens noch weitere Standbeine: Unter anderem bietet Arnold Haiß Spirituosen und edle Liköre und Brände einer Feinbrennerei aus Hörbranz bei Bregenz an. Einen Schärf-Service, der von sämtlichen Arten von Messern bis hin zu Motorsägeketten reicht, gibt es ebenfalls. Ein Kunde habe bei ihm angefragt, ob er ihm denn nicht seine Messer schärfen könne, nachdem der Messerschleifer nicht mehr gekommen sei, verrät Arnold Haiß schmunzelnd. Bald sei der nächste dagestanden und dann habe sich das Ganze so ergeben. Eben auch Mundwerbung.
Der Linie Holz will Arnold Haiß treu bleiben – jederzeit für Ideen aufgeschlossen, sich in etwas Neuem, Schönem und noch mehr Individuellem aufzustellen. Noch bis zum 20. Dezember findet im Pilgerhaus Maria Vesperbild eine große Ausstellung mit Krippen und Figuren statt. Dann gibt es noch etwas, das derzeit in Arbeit ist: Bei einem befreundeten Schreiner im südlichen Landkreis entsteht ein Modell des Grabmals von Abu Simbel in Ägypten, zwölf Meter breit und 2,5 Meter hoch. Arnold Haiß schnitzt dafür die Figuren. Keine zehn oder 20, sondern weitaus mehr. Das wird etwas ganz Großes, verrät der Holzschnitzer.