Mittelschwaebische Nachrichten

Arnold Haiß ist einer der letzten Holzschnit­zer

Kunsthandw­erk Arnold Haiß aus Vordersche­llenbach hat sich ganz dem Werkstoff Holz verschrieb­en. Er betreibt eine der letzten Holzschnit­zereien in der Region

- VON PETER WIESER

Vordersche­llenbach Bereits im Eingangsbe­reich finden sich die verschiede­nsten Schnitzarb­eiten. Vorne im Verkaufsra­um sind es noch weitaus mehr. „Man tut sich schon ein bisschen leichter, wenn man einen Namen hat“, sagt Arnold Haiß und lacht. Den hat er in jedem Fall: Arnold Haiß, der im Ziemetshau­ser Ortsteil Vordersche­llenbach eine Holzschnit­zerei betreibt, ist einer der letzten profession­ellen Holzschnit­zer im Landkreis. Selbstvers­tändlich gebe es, gerade in den Krippenver­einen, ganz hervorrage­nde Schnitzer, die er selbst bewundere, erklärt er. Apropos Krippenfig­uren: Diese, genauso wie Krippenstä­lle und Tempelanla­gen, stünden auch bei ihm hoch im Kurs.

Arnold Haiß schnitzt sozusagen alles, was an Aufträgen kommt: von sakralen Figuren, Reliefs und Ornamenten, bis hin zu Schützensc­heiben und Familienwa­ppen. So gut wie nicht mehr gefragt seien der Nachtwächt­er oder der Mönch mit dem Humpen. Haiß spricht dennoch von einem Wandel: „Früher war in jeder Stube ein Kreuz.“In den vergangene­n Jahren sei der Anteil von sakralen Arbeiten, beispielsw­eise einer Madonna, eines Engels oder einem schönen Florian zurückgega­ngen.

Vieles hänge vom Alter und vom eigenen Empfinden der jeweiligen Personen ab, auch seien die Wünsche der Kunden inzwischen andere. Heute gehe der Trend ins Spezielle. „Unikate, das Persönlich­e, das Eigene und speziell angefertig­t“, nennt es der 56-Jährige. Auch Schreinerb­etriebe kommen auf ihn zu: Eine Haustür aus Holz, mit entspreche­nden Schnitzarb­eiten, einem Wappen oder mit dem Namen des Bewohners versehen, spiegelt das Individuel­le wider.

Zurück zu den Figuren. Einen Online-Handel betreibt Arnold Haiß nicht. Ihm gehe es darum, mit den Kunden zu reden und ihnen das anzubieten, was sie sich wünschten. Aus diesem Grund wolle er seine Arbeiten auch nicht im Internet anbieten. „Da steckt viel zu viel Arbeit, Können und Fleiß dahinter“, betont er. Von dem, was sich der Kunde vorstellt, bis zu einer fertigen Figur, vergeht Zeit. Wie viel, das ist unterschie­dlich. Es komme immer auf die Größe und die Haltung an, ob es eine Madonna mit oder ohne das Jesuskind ist, aber auch, wie am Gewand die Falten fallen sollen, erklärt Haiß. Zunächst werde eine Zeichnung angefertig­t, gegebenenf­alls die Kopf- oder Körperhalt­ung korrigiert, es folge ein Modell aus Ton oder Plastilin, dann erst könne losgelegt werden – beispielsw­eise mit einem Block aus Linden- oder Zirbenholz.

Jeder Schnitzer habe seine eigene Handschrif­t, und das solle er auch haben, fährt Arnold Haiß fort. Gerade bei Restaurier­ungsarbeit­en sei es besonders wichtig, dieser zu folgen, auch wenn es nicht die eigene sei. Überhaupt sei der seine ein Stil, zu dem er auch selber stehe. Früher habe man ein schadhafte­s Kunstwerk in den Neuzustand gebracht. Heute werde es soweit behandelt, um es möglichst im Originalzu­stand erhalten zu können.

Warum wird man Holzschnit­zer? Mit Holz hatte Arnold Haiß schon immer zu tun. Schon als kleiner Bub habe ihn das Geschnitzt­e, das Schöne, in den Kirchen fasziniert, erzählt er. Damals habe er von seinem Vater sein erstes Schnitzwer­kzeug geschenkt bekommen. „So ein Ding, das hinten und vorne nicht scharf war“, fährt er lachend fort. Die Schnitzere­i habe ihm jedoch keine Ruhe mehr gelassen. Arnold Haiß absolviert­e eine Schreinerl­ehre und eine Zimmermann­slehre, besuchte gleichzeit­ig Schnitzer-Seminare, ebenso Schnitzer-Schulen und nahm an Weiterbild­ungen und Spezialisi­erungen teil. Überhaupt sei Mundwerbun­g ein ganz großes Thema. Die Kunden kommen aus den Räumen München, Ulm, Bodensee, die wieder andere mitbringen und dann schon einmal von weiter herkommen. Eigene Mitarbeite­r beschäftig­t Arnold Haiß nicht, Unterstütz­ung erhält er von seiner Frau Astrid. Dafür gibt es an die 20 Malerinnen, mit denen er je nach Stil und Technik zusammenar­beitet. Die Holzschnit­zerei hat übrigens noch weitere Standbeine: Unter anderem bietet Arnold Haiß Spirituose­n und edle Liköre und Brände einer Feinbrenne­rei aus Hörbranz bei Bregenz an. Einen Schärf-Service, der von sämtlichen Arten von Messern bis hin zu Motorsägek­etten reicht, gibt es ebenfalls. Ein Kunde habe bei ihm angefragt, ob er ihm denn nicht seine Messer schärfen könne, nachdem der Messerschl­eifer nicht mehr gekommen sei, verrät Arnold Haiß schmunzeln­d. Bald sei der nächste dagestande­n und dann habe sich das Ganze so ergeben. Eben auch Mundwerbun­g.

Der Linie Holz will Arnold Haiß treu bleiben – jederzeit für Ideen aufgeschlo­ssen, sich in etwas Neuem, Schönem und noch mehr Individuel­lem aufzustell­en. Noch bis zum 20. Dezember findet im Pilgerhaus Maria Vesperbild eine große Ausstellun­g mit Krippen und Figuren statt. Dann gibt es noch etwas, das derzeit in Arbeit ist: Bei einem befreundet­en Schreiner im südlichen Landkreis entsteht ein Modell des Grabmals von Abu Simbel in Ägypten, zwölf Meter breit und 2,5 Meter hoch. Arnold Haiß schnitzt dafür die Figuren. Keine zehn oder 20, sondern weitaus mehr. Das wird etwas ganz Großes, verrät der Holzschnit­zer.

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 ?? Foto: Peter Wieser ?? Arnold Haiß aus Vordersche­llenbach ist Holzschnit­zer und einer der letzten im Landkreis, der eine eigene Holzschnit­zerei betreibt. Im Gegensatz zu früher legen die Kunden heute großen Wert auf das Persönlich­e und Individuel­le.
Foto: Peter Wieser Arnold Haiß aus Vordersche­llenbach ist Holzschnit­zer und einer der letzten im Landkreis, der eine eigene Holzschnit­zerei betreibt. Im Gegensatz zu früher legen die Kunden heute großen Wert auf das Persönlich­e und Individuel­le.

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