Mittelschwaebische Nachrichten

Mord in Berlin: Gab der Kreml den Auftrag?

Eklat Deutschlan­d weist russische Diplomaten aus. Moskau droht mit Gegenmaßna­hmen

- VON STEFAN LANGE, RUDI WAIS UND INNA HARTWICH

Berlin/Moskau Nach dem Mord an einem Georgier in Berlin war schnell die Rede von einem russischen Auftragski­ller. Da sich der Verdacht offenbar erhärtet hat, hat die Bundesregi­erung jetzt Konsequenz­en gezogen und zwei russische Diplomaten ausgewiese­n – offenbar beide Mitarbeite­r des Militärgeh­eimdienste­s in der russischen Botschaft. Sie seien mit sofortiger Wirkung zu unerwünsch­ten Personen erklärt worden, betont das Auswärtige Amt. Die Behörden in Moskau hätten trotz wiederholt­er Aufforderu­ngen nicht hinreichen­d an der Aufklärung des Verbrechen­s mitgewirkt. Nun droht Moskau seinerseit­s mit einem diplomatis­chen Gegenschla­g.

„Wir sind gezwungen, eine Reihe von Maßnahmen zu ergreifen“, hieß es aus dem russischen Außenminis­terium. Wie in ähnlichen Fällen ist nun eine spiegelbil­dliche Reaktion zu erwarten: In einer Art Automatism­us müssten danach zwei deutsche Diplomaten Moskau verlassen. Nach der groß angelegten Ausweisung europäisch­er und amerikanis­cher Diplomaten im März 2018 wäre das eine weitere Zuspitzung im schwierige­n Verhältnis zwischen Russland und dem Westen. Damals mussten vier deutsche Diplomaten das Land verlassen – ebenfalls als Reaktion auf die Ausweisung russischer Diplomaten aus Berlin, anderen EU-Ländern und den USA. Es ging dabei um den Streit nach der Vergiftung des russisch-britischen Doppelspio­ns Sergej Skripal mit dem Nervengift Nowitschok.

Am 23. August war ein 40 Jahre alter Tschetsche­ne mit georgische­r Staatsange­hörigkeit in einem Park in Berlin von hinten erschossen worden. Sein Mörder hatte sich ihm am helllichte­n Tag auf einem Fahrrad genähert und auf Rücken und Kopf gezielt. Der mutmaßlich­e Täter, ein 49-Jähriger mit russischem Pass, war kurz nach der Tat gefasst worden. Seitdem schweigt er. Das Opfer soll im Tschetsche­nien-Krieg gegen Russland gekämpft haben. Wegen des Verdachts, dass staatliche Stellen in Russland oder in der Teilrepubl­ik Tschetsche­nien den Mord in Auftrag gegeben haben, hat die Bundesanwa­ltschaft den Fall übernommen. Sie ist zuständig, wenn es den konkreten Verdacht gibt, dass der Geheimdien­st einer fremden Macht hinter einer Tat steht.

Bundeskanz­lerin Angela Merkel kritisiert­e Russland wegen der fehlenden Unterstütz­ung bei der Aufklärung des Mordes scharf: „In den bilaterale­n Beziehunge­n ist es natürlich schon ein Ereignis, dass wir von Russland leider keine aktive Hilfe bei der Aufklärung dieses Vorfalls bekommen haben.“Der CSU-Außenpolit­iker Christian Schmidt betonte gegenüber unserer Redaktion: „Mord auf deutschem Boden mit Hinweisen auf Beteiligun­g ausländisc­her

Die Vorgeschic­hte beginnt in Tschetsche­nien

Stellen muss ohne Ansehung von Personen und Mächten aufgeklärt werden.“Der aktuelle Fall sei leider nicht der erste Fall, bei dem russische Dienste anscheinen­d kalten Krieg mit heißen Mitteln in Deutschlan­d und Europa führten. Präsident Putin sollte daher „die Notbremse für Killer ziehen“.

Auch der grüne Außenpolit­iker Jürgen Trittin sprach gegenüber unserer Redaktion von schwerwieg­enden Anhaltspun­kten für eine Verwicklun­g russischer Dienste in den Mord. „Wir können nicht akzeptiere­n, dass Konflikte aus dem Tschetsche­nienkrieg bei uns ausgeschos­sen werden.“Russland, so Trittin weiter, hätte besser daran getan, mit den Strafverfo­lgungsbehö­rden in dieser Frage zu kooperiere­n, statt zu blockieren und zu dementiere­n. „Ich sehe bisher kein Bemühen um eine Verbesseru­ng der Beziehunge­n.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany