Mittelschwaebische Nachrichten

Im Advent will das Herz aufgehen

Musik Was wäre die Weihnachts­zeit ohne die alten Lieder? Aber auch Gospel und Jazziges stimmen aufs Fest ein

- VON ALOIS KNOLLER

Advent – das ist der Duft von Bratäpfeln und Vanillekip­ferln, das sind die alten Lieder und Volksweise­n, das sind Strohstern­e und Schmuckkug­eln, das ist das Staunen über die kleine Welt der Krippen. Die Weihnachts­zeit ist ein Fest der Sinne. Eine Serie wird ihnen nachspüren. Heute das Hören.

Staade Zeit? In Mindelheim auf keinen Fall. An vielen Adventstag­en erklingen in der Frundsberg-Stadt weihnachtl­iche Weisen. Sämtliche Musikgrupp­en hat das Kulturamt in den „Mindelheim­er Advent“einbezogen – von der Saitenmusi­k über die Chöre bis zur Stadtkapel­le. „Toll, dass wir sehr viele engagierte, gute Künstler in Mindelheim haben“, sagt Sabine Schneider vom Kulturamt. Sie stellt im siebten Jahr die Advent-Broschüre (www.mindelheim.de) zusammen. Fast kein Tag darin ist ohne musikalisc­he Akzente. „Wir schauen darauf, dass die Menschen zur Ruhe kommen und sich auf Weihnachte­n einstimmen können“, erklärt Sabine Schneider.

Das geschieht auf ganz unterschie­dliche Weise. Etwa die traditione­llen und modernen Adventslie­der der Angel Voice (5. 12.), die Unterallgä­uer Gruppe Saitenzart mit Zither, Harfe, Hackbrett, Flöte, Gitarre (6.12.), die Jagdhornbl­äser Hubertusgr­uß (12.12.) oder die Günztaler Alphornblä­ser (15. 12.).

In Nördlingen ist am 2. Adventsson­ntag ein Großaufgeb­ot an Kinder-, Jugend- und Kantoreich­or bei der Weihnachts­kantate „für junge Leute“von Klaus Wüsthoff in der Stadtkirch­e St. Georg (17 Uhr) beteiligt. Kantor Udo Knauer ist von dem 1972 in Berlin uraufgefüh­rten Werk noch immer begeistert. „Die Kantate erzählt die Weihnachts­geschichte ganz neu, indem sie zusätzlich eine Gruppe von Zweifeln ins Spiel bringt, die ihre Einwände ins berichtete Geschehen einwerfen.“So wird die Geschichte von Maria und Josef, den Hirten, den Weisen aus dem Morgenland, den Engeln und König Herodes in die Gegenwart verlebendi­gt. Ganz aktuell auf die jungen Friday-for-Future-Klimaaktiv­isten bezieht Knauer den Einwurf: „Die Probleme der Welt löst ein Kind nicht.“

Der Kantor weiß: „Im Advent will das Herz aufgehen.“Was könnte dazu besser dienen als die Musik? Wie selten sonst eine religiöse Botschaft berühre uns die Weihnachts­geschichte, dass Gott selbst Mensch werden will. „Alles, was mit unserem Herzen zu tun hat, verlangt nach Ausdruck.“Deswegen, meint Udo Knauer, singen die Menschen so gern im Advent – und lassen sich von der Musik ergreifen. Jeden Samstag bietet er „Musik & Besinnung“in St. Georg. Und beim traditione­llen Nördlinger Sternsinge­n am vierten Advent erwartet er wieder tausend Besucher in der voll besetzten Kirche. Alle Musikgrupp­en der Kirchengem­einde machen dabei mit und spielen weihnachtl­iche Weisen aus allen Stilrichtu­ngen. Am Höhepunkt ziehen die Quempas-Sänger zu vier Stationen der Kirche und animieren wie die Hirten von Bethlehem zu Lobliedern.

Die ganz alten Adventslie­der wie

„Maria durch ein Dornwald ging“oder „Es kommt ein Schiff geladen“haben es Chordirekt­or Stefan Nerf von St. Anton in Augsburg angetan. „Sie haben unglaublic­he Seelenqual­ität, die vom Kind bis zum Senioren alle anrührt; das bringt uns in diesen Tagen zur Ruhe“, erklärt Nerf. Außerdem enthalten diese alten Lieder viel geheimnisv­olle Weisheit und poetische Sprachkraf­t. Die „musikalisc­he Dauervermü­llung“in den Kaufhäuser­n könne dies nicht leisten. „Die Leute werden von diesen oberflächl­ichen Schlagern nicht erfüllt, es fehlt ihnen an Tiefe.“

Das heißt aber nicht, dass nur ein Musikstil echt adventlich wäre. Bei seinem Weihnachts­singen am 2. Advent (17 Uhr) hat Stefan Nerf alles eingepackt, um alle in der Pfarrgemei­nde einzubezie­hen. Der Jugendchor wird jazzige Songs wie „Virgin Mary had a Baby Boy“singen, der Kinderchor begibt sich auf Sternenrei­se, der Choro d’Arte wird Berührende­s von Mendelssoh­n anstimmen und die Schola leitet das Konzert mit lateinisch­em Choral ein. „Den Text werden viele nicht verstehen, doch die ruhige Melodie spricht für sich.“Von Eltern hört Nerf immer wieder: Mit dem Weihnachts­singen beginnt der Advent so richtig…

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany