Mittelschwaebische Nachrichten
Leidenschaft vor Großleinwand
Zeitgeschichte Seit 60 Jahren gibt es in Deutschland das Autokino. Doch Corona lässt die Jubiläumsfeier ausfallen
Neu-Isenburg Auf einem großen Gelände nahe Frankfurt begann vor 60 Jahren ein Stück deutsche Kinogeschichte. Am 31. März 1960 eröffnete in Neu-Isenburg das deutschlandweit erste Autokino. Sechs Jahrzehnte später bietet es noch immer Platz für 1000 Fahrzeuge – normalerweise. Denn wegen der Corona-Krise ist es derzeit geschlossen. Somit fällt auch die Jubiläumsfeier aus, sagt Theaterleiter Heiko Desch.
Was macht nun den Reiz des Autokinos aus, damals wie heute? „Man ist im Kino, aber genießt eine Intimität wie im Wohnzimmer“, sagt Desch. Man könne rauchen, die Füße hochlegen, den Hund mitbringen und werde nicht von raschelnden Chipstüten gestört. Das Kino war schon früher ganzjährig geöffnet, sodass die Filme bei fast jedem Wetter gezeigt wurden. Keine Vorführung gab es allerdings bei Nebel.
Heute wirken Autokinos etwas aus der Zeit gefallen. Bei einigen Besuchern spiele schon der NostalgieFaktor eine Rolle, sagt Desch. 2019 gab es laut der Filmförderungsanstalt bundesweit noch 18 Autokinos, 15 Jahre zuvor waren es 38. „Was uns besonders traf, war die Einführung
der Sommerzeit 1980. Plötzlich konnten wir erst um 22 Uhr spielen statt vormals um 21 Uhr.“
Das weltweit erste Autokino wurde 1933 in New Jersey eröffnet. Auf das Autokino in Neu-Isenburg sollten viele weitere folgen. Im Wagen war man für sich – was besonders Liebespaare schätzten. „Die Gesellschaft war konservativer, Pärchen konnten sich nicht zu Hause treffen und nutzten die Intimität des Autokinos“, sagt Desch. „Daraus entstand der Begriff der Love Lane für die bei Liebespaaren so beliebte letzte Reihe.“