Mittelschwaebische Nachrichten
Naidoo attackiert RTL
Musik Nach seinem Rauswurf als Juror bei DSDS aufgrund von Rassismus-Vorwürfen meldet sich nun der Sänger zu Wort. Er sagt, er habe den Sender ausnutzen wollen
Augsburg Mit Vorwürfen, ein rechter Verschwörungstheoretiker zu sein, kennt sich Xavier Naidoo aus. Vor knapp drei Wochen jedoch erreichte die öffentliche Erregung über den Popsänger ihren vorläufigen Höhepunkt. Damals kursierte im Internet ein Video, in dem der Künstler unter anderem davon sang, fast jeden Tag geschehe ein Mord, „bei dem der Gast dem Gastgeber ein Leben stiehlt“. Naidoo wurde mit massiven Rassismus-Vorwürfen konfrontiert und verlor seinen Job als Juror der RTL-Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“(DSDS). Jetzt hat sich Naidoo zu seinem Rauswurf geäußert – demnach war sein Video, eines von mehreren, nichts als eine inszenierte PRAktion für sein neues Album.
„Ich habe mir die Reichweite von RTL zunutze gemacht“, sagte Naidoo in einem Interview mit dem Journalisten und Verschwörungstheoretiker Oliver Janich. Seine Entscheidung, als Juror bei der Castingshow tätig zu sein, begründete der 48-Jährige damit, er sehe sich als Vollprofi. Ihn habe interessiert, wie eine solche Show funktioniere, und sei deshalb der Einladung gefolgt.
Marcus Kleiner, Professor für Medien- und Kommunikationswissenschaft an der SRH Berlin University of Applied Sciences, hält Naidoos Äußerungen nur für wenig glaubwürdig. Naidoo versuche nach den Anfeindungen nun „zurückzuschlagen“: „Indem er behauptet, all das sei geplant gewesen, will Naidoo Souveränität zeigen und demonstrieren, dass er durch Kritik nur noch stärker, souveräner und unangreifbarer wird“, sagt Kleiner im Gespräch mit unserer Redaktion. Gleichzeitig gefalle sich Naidoo in der Opferrolle. „Er beklagt sich über fehlende Meinungsfreiheit, dabei führt gerade er sie ad absurdum. Er skizziert eine Welt in Schwarz und Weiß, in der Kritik des ,Systems‘ an ihm automatisch falsch ist. Das ist demokratiefeindlich.“
Schon seit Jahren fällt Xavier Naidoo mit umstrittenen Äußerungen auf, kokettierte mehrfach mit Verschwörungstheorien und rechtspopulistischem Gedankengut.
Warum also engagierten ihn immer wieder reichweitenstarke TVSender? „Die Sender, in denen Xavier Naidoo Auftritte hatte, haben die Quote vor die gesellschaftliche Verantwortung gesetzt. Der Erfolg der Show steht über allem“, sagt Kommunikationswissenschaftler Kleiner. Dass sich die Sender – darunter RTL und ProSieben – von Naidoo distanzierten, hält er angesichts der Vorgeschichte des Sängers für unglaubwürdig. „Trotzdem: RTL ist an diesen Äußerungen nicht schuld, verantwortlich ist nur Naidoo. Die Sender sind nur unverantwortlich damit umgegangen“, sagt Kleiner.
In dem nun aufgetauchten Video beantwortet Naidoo Fragen des Verschwörungstheoretikers Oliver Janich. Zu sehen ist dieser im Video jedoch nicht. Janich verbreitet vor allem online seine Ansichten etwa zu Migration, Medien und zuletzt auch dem Coronavirus. Janich sei ein
„rechtspopulistischer und verschwörungstheoretischer Stichwortgeber, der den Sozialstaat denunziert“, sagt Jürgen Grimm, Medienwissenschaftler an der Universität Wien. Dass Xavier Naidoo Publikationen von Janich empfehle, sei ein Indiz dafür, dass sich Naidoo immer stärker „in Richtung Rechtspopulismus“entwickle. Als rechtsradikal nehme er das Auftreten Naidoos aber noch nicht wahr.
Naidoo trifft in dem Interview erneut Aussagen, die geläufigen Verschwörungstheorien sehr nahe kommen. So leugnet er den menschengemachten Klimawandel. Er sei „zu dem Schluss gekommen, dass CO2 nicht der große Veränderer des Klimas ist“. Erneut sprach Naidoo auch davon, Deutschland sei kein souveränes Land, Medien würden die Wahrheit vertuschen und Deutschland sei ein „Unrechtssystem“. ProSieben versprach via Twitter, der „Sänger mit dem Aluhut“werde „nie wieder mit seiner Musik in unseren Shows sein. Nie wieder“.