Mittelschwaebische Nachrichten
Der Weg ist das Ziel
Der Smartphone-Akku unseres Autors hat keine Ausdauer mehr – anders als sein Besitzer: Der trainiert trotz Corona für den nächsten Ironman
Wo ist nur seine Ausdauer hin? Der Akku meines Smartphones ist dermaßen schwach auf der Brust. An einem Arbeitstag im Homeoffice gehen zwei Ladungen drauf. Denn Recherche vom Wohnzimmertisch aus und zig Telefonate jeden Tag mit den Kollegen der Lokalredaktion Landsberg und mit Augsburg saugen am Akku wie Graf Dracula an seinem Opfer. Aber der Austausch funktioniert auch über andere Plattformen wie das Portal „Slack“– das schont den Akku zumindest ein bisschen.
Exponentiell dazu nimmt meine Ausdauer in diesen Tagen spürbar zu. Mein Triathlon-Training läuft trotz Corona-Krise und Homeoffice-Alltag auf vollen Touren. Und obwohl das traditionelle Oster-Radtrainingslager in der Emiglia-Romana schon vor Wochen geplatzt ist, klappt das Training dahoam außerordentlich gut. Zumindest das Radfahren und das Laufen. Schwimmen fällt flach. Die letzte Einheit war am Freitag, 13. März. Böses Omen? Schon da verabschiedete ich mich vom Schwimmmeister mit den Worten „Bis irgendwann mal“. Drei Tage später kam die Ausgangsbeschränkung – Restaurants, Discos, Kinos, Theater, Museen, Freizeiteinrichtungen inklusive Schwimmbäder wurden geschlossen.
Die Alternative zum Schwimmen: Kraft- und Athletiktraining. Für jede
Woche packt der Coach drei bis vier Einheiten in den Wochenplan, zusätzlich zu den zehn bis 15 Stunden Rad- und Lauftraining. Und bei den Squats, Push-Ups und anderen Übungen auf der Matte macht auch die Frau mit. Das Motto: Gemeinsam fit durch die Krise, oder Neudeutsch: Parshipgoals, Beziehungsziele. Das schweißt noch mehr zusammen. Und unser acht Monate alter Sohn Louis Alfred baut auch gerade ordentlich Ausdauer und Power auf. Im Krabbelsprint geht es durchs Wohnzimmer von der Couch zum Tisch, zum Fernseher, zur Stehlampe und zurück. Ladekabel von Laptop und Smartphone sind nicht mehr sicher.
Aber ob der Papa dieses Jahr ein einziges Mal zum Zielsprint ansetzen kann? Dass dieses Jahr in Bayern oder im EU-Ausland auch nur ein Triathlon-Wettkampf stattfindet, gilt als sehr unwahrscheinlich. Bis zu meinem eigentlichen Saisonhighlight, dem Ironman Austria, sind es ab heute noch 70 Tage.
Zumindest im Kopf dient das Renndatum als Motivationsstütze und die Vorbereitung läuft ganz normal weiter. Denn: Der Weg ist das Ziel und Ausdauer müssen wir gerade alle an den Tag legen. Und das Training hilft mental durch die Krise. Selbst wenn es ein 2020 ohne einziges Rennen wird, sollte immerhin die Strandfigur passen.
An dieser Stelle berichten täglich Kolleginnen und Kollegen aus der Redaktion von ihrem Alltag in Zeiten von Corona.