Mittelschwaebische Nachrichten
Match zwischen den Ländern
Die Franzosen vergleichen sich
Deutschland nimmt in den Augen vieler Franzosen beim Krisenmanagement in Zeiten des Coronavirus eine altbekannte Rolle ein, nämlich die des europäischen Klassenbesten, der einerseits bewundert, andererseits misstrauisch beäugt wird. Nicht nur bei Fußball-Begegnungen schreiben französische Medien gerne vom „Match“zwischen beiden Ländern, sondern auch, wenn es um wirtschaftliche Leistungen oder den sozialen Dialog geht – und nun scheint der Nachbar die Lage erneut besser im Griff zu haben als das eigene Land.
Denn trotz weniger strikter Maßnahmen bei der Ausgangssperre sind rechts des Rheins in der CoronaKrise deutlich weniger Tote zu beklagen. In Frankreich werden die Beschränkungen erst ab 11. Mai gelockert. Auch die Situation in den Krankenhäusern war nicht annähernd so angespannt wie in einigen französischen Regionen. Vielmehr nahmen zahlreiche Bundesländer Intensivpatienten aus dem Nachbarland auf.
Dass es auch in Deutschland Streitigkeiten über die richtige Strategie, Vorwürfe und zeitweise Engpässe beim Material gab, kam in Frankreich kaum zur Sprache. Stattdessen nutzen Kritiker der französischen Regierung das gute Krisenmanagement der Bundesrepublik als Argument. Kanzlerin Angela Merkel als besonnene Staatsfrau flößt den meisten Franzosen ohnehin mehr Vertrauen ein als der eigene hyperaktive Präsident.
Obwohl Emmanuel Macron medienwirksam für Corona-Bonds und eine Vergemeinschaftung von Schulden in der Euro-Zone plädierte, wurde diese Frage in der Öffentlichkeit bislang nicht umfassend debattiert. Noch liegt der Fokus stark auf der Situation im eigenen Land, die sich nur allmählich entspannt. B. Holzer