Mittelschwaebische Nachrichten
Wir brauchen unsere Traditionen mehr denn je
Corona hat nicht nur die Wirtschaft fest im Griff, sondern auch unsere Gesellschaft. Gerade jetzt sind Bräuche unverzichtbar
philipp.schulte@augsburgerallgemeine.de
Es ist der 24. Dezember des Jahres 1914. Der Erste Weltkrieg tobt. Doch dann herrscht für einen Moment Frieden. Deutsche, Franzosen, Briten hören an der Westfront auf zu schießen. Die Hände erhoben, verlassen Soldaten ihre Schützengräben, besuchen sich, singen gemeinsam „Stille Nacht“. Sie schenken sich Zigaretten, spielen Fußball. Der Weihnachtsfrieden verstößt gegen Befehle, dauert nur gut einen Tag und ist doch ein Beispiel, wie tief Traditionen in uns verwurzelt sind. Und welche Macht sie haben.
Bräuche und Traditionen helfen uns – besonders während Krisen. Sie geben uns Sicherheit, Halt, Normalität, Selbstvertrauen. Gerade jetzt, wenn eine Gesundheitskrise unser Leben unberechenbar macht, sehnen wir uns nach Traditionen. Obwohl die Adventszeit noch nicht begonnen hat, sorgen wir uns schon um Weihnachten. Sicher ist: Auch wenn wir das Fest dieses Jahr anders feiern, wir feiern es irgendwie. Ob mit vertrauten Menschen aus zwei Haushalten an einem Tisch – oder mit vielen weiteren vor einer Videokamera.
Bräuche müssen auch unter schwierigen Umständen leben dürfen. Das zeigt das Oktoberfest. Es fand heuer in Wirtshäusern und Biergärten statt. Auch wenn die Ersatz-Wiesn umstritten waren, ein Gefühl bleibt zurück: Die Menschen lebten ein bisschen Normalität.
Traditionen sind auch deshalb so wichtig, weil sie Verhaltensweisen weitergeben, Werte vorgeben. Manche Kinder erleben dieses Jahr zum ersten Mal Weihnachten bewusst. Das ist prägend – weshalb Eltern sie umso mehr in Weihnachtsstimmung versetzen müssen. Es ist verkraftbar, nicht über Christkindlmärkte zu laufen. Weniger verkraftbar ist es, wenn Kinder nicht „O du fröhliche“singen und nicht den Zusammenhalt der Familie erleben.
Das weiß auch die Politik. Der
CDU-Politiker Ralph Brinkhaus versucht, den Menschen den November-Lockdown mit einem besonderen Satz zu vermitteln: „Es geht jetzt darum, dass wir Weihnachten relativ normal feiern können.“Diese Aussage zeigt, wie die Tradition Weihnachten in einem christlich geprägten Land wie Deutschland Entscheidungen beeinflusst. Jetzt harte Einschränkungen
hinnehmen und im Dezember befreiter leben? Zumindest die Hoffnung ist da, dass die CoronaMaßnahmen wirken und wir entspannt in die Festtage gehen können.
So sehr die Pandemie Traditionen verändert, so wenig schafft sie es, diese zu brechen. Es ist möglich, dieses Jahr Weihnachten zu feiern. Heuer war es auch möglich, dass ein Vater seinem Sohn – oder seiner Tochter – den Bauernhof übergibt.
Eine Mutter konnte ihr Geschäft der Tochter – oder dem Sohn – vermachen. Traditionen geben Struktur, sie machen unser Leben einfacher. Wenn jemand den gleichen Beruf wie seine Eltern wählt, gewinnt er direkt die Anerkennung für ihn wichtiger Menschen.
Doch so gerne wir uns an Traditionen festhalten, von manchen müssen wir uns auch lösen. Wir müssen sie verändern, mit neuen Inhalten füllen. Ein „Das haben wir schon immer so gemacht“gilt nicht mehr. Traditionen müssen gesellschaftlichen Fortschritt annehmen, sonst engen sie uns ein.
Ein Beispiel dafür ist, wie sich in vielen Ländern die Tradition der Ehe verändert. Seit drei Jahren heiraten in Deutschland nicht nur Männer Frauen, sondern auch Männer Männer und Frauen Frauen. 47 000 homosexuelle Paare haben sich bis Ende 2019 das Jawort gegeben. Ist das ein Verrat des traditionellen Verständnisses der Ehe? Nein – im Gegenteil. Mehr Menschen als zuvor leben die Tradition der Ehe. Das ist ein Gewinn für die Gesellschaft.
Die genauesten Wahlen
Ebenfalls dazu:
Da Trump ja schon vor Monaten ankündigte, es werde Wahlbetrug geben, bin ich mir sicher, dass die Verantwortlichen der vielen Wahlvorstände, in allen Staaten, sich bei der Auszählung besondere Mühe gaben und größtmögliche Genauigkeit walten ließen, um den ja sehr wahrscheinlichen Nachprüfungen und Klagen keine Basis zu geben. Dies waren meiner Meinung nach bestimmt die genauesten Wahlen der US-Geschichte. Ob Biden aber von den Wahlmännern auch zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wird, glaube ich erst nach deren Abstimmung. So wie sich Trump immer noch seiner Wahl sicher ist, hat er vielleicht den einen oder anderen „demokratischen Wahlmann“irgendwie doch auf seiner Seite (Amerika, du Land der unbegrenzten Möglichkeiten)!
Niedersonthofen
Raymund Walser, Unsäglichen Deal verhindert
Zum Leitartikel „Corona und die un heimliche neue Macht der Politik“von Michael Pohl vom 12. November:
Der Sturm auf die Bastille wäre ein laues Lüftchen dagegen, hätte die Politik vor der Autolobby wieder den Bückling gemacht. So war es des Volkes Stimme, die einen neuen, unsäglichen Deal verhindert hat, weniger das Umdenken der Staatsoberhäupter.
Königsbrunn
Klaus Mader, Hoffentlich alle zusammen
Zu „Die Erfolgsgeschichte der Impfstoff Entdecker“(Wirtschaft) vom 12.11.: Ein Impfstoff gegen Corona dürfte tatsächlich bald zur Verfügung stehen, wenn man bedenkt, wie viele Wissenschaftler auf der Basis der mRNA-Technologie (Botenstoffe in die Zellen einbringen) danach forschen. Scheinbar fehlen nur noch die
Extrawurst verwundert
Zu „Keine Folgen für den ThaiKönig“(Bayern) vom 12. November: Interessant wäre es zu erfahren, wie viele Tage in diesem Jahr sich der Thai-König in Bayern aufgehalten hat. So was wird ja gerne verschwiegen, und ich hoffe, dass die Landtagsopposition hier hartnäckig nachbohrt. Man muss sich schon wundern, welche Extrawurst diesem äußerst fragwürdigen Herrscher im doch sonst so strengen Corona-Bayern-Land gebraten wurde. Im März, als alle Hotels und Gasthöfe schließen mussten, waren er und sein Tross wochenlang in einem Luxushotel in Garmisch-Partenkirchen einquartiert. Hat unser Ministerpräsident Söder gar eine „Lex Thai-König“geschaffen? Das alles unter den Augen der Behörden. Hoffentlich wird der Thai-König von seinen Untertanen gestürzt, deren sauer verdientes Geld er seit Jahren verprasst. Ein König wie er passt nicht mehr in die heutige Zeit.
Oettingen
Rita Barth, Die dunkle Seite Dänemarks
Zu „17 Millionen Nerze werden getötet“(Panorama) vom 7. November:
Das ach so kultivierte und tierschützerische Dänemark zeigt sich mit seinen Pelztierfarmen auch von einer dunklen Seite.
Walter Dolp, Kempten
Augsburger Allgemeine
Briefe an die Zeitung
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Manche Traditionen müssen wir auch verändern