Mittelschwaebische Nachrichten
Ferbers Fauxpas
Der Abgeordnete Markus Ferber klagt in einer Rede drüber, dass er mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ins EU-Parlament fahren muss. Was dahintersteckt und warum sich der Chef der schwäbischen CSU missverstanden fühlt
20 000 Tabletten, 3100 Ampullen und 400 weitere Dopingmittel sind am Flughafen München sichergestellt worden. Wie der Zoll am Freitag mitteilte, wurden die Dopingmittel in zwei Paketsendungen im Abstand von zwei Wochen gefunden. Die Päckchen sollten von Bulgarien nach Mexiko geflogen werden und machten einen Zwischenstopp in München. Die Pakete waren an private Personen adressiert. Der geschätzte Wert der Waren liege bei mehreren hunderttausend Euro.
Schwules Paar in München homophob angegriffen
Ein 26-Jähriger hat in München ein Paar homophob beschimpft und einen der beiden krankenhausreif geschlagen. Der Mann sei dem 37und dem 19-Jährigen in der Altstadt begegnet und habe sie homophob beleidigt und gegen Schwule gehetzt, teilte die Polizei am Freitag mit. Dem 19-Jährigen habe er mehrfach mit den Fäusten ins Gesicht geschlagen. Zwei Zeugen stoppten den Angreifer und hielten ihn fest, bis die Polizei kam, hieß es weiter. Der 19-Jährige sei anschließend im Krankenhaus behandelt worden. Der Angreifer sei vernommen und dann freigelassen worden. Nun ermittle der Staatsschutz wegen Verdacht auf Hassverbrechen.
Brüssel
Es dauert nicht lange, bis die Worte von Markus Ferber in die Welt hinausgezwitschert werden. Bis sie sich multiplizieren, im Netz hundertfach geteilt und erzürnt kommentiert werden. Die Worte, um die es in dieser Geschichte geht, fallen im Plenum des Europäischen Parlaments in Brüssel. Markus Ferber, EU-Abgeordneter und Vorsitzender der schwäbischen CSU, kritisiert in einer Rede den Parlamentspräsidenten. Dabei sticht vor allem eine Passage hervor: „Sie haben Privilegien, Sie haben einen Fahrer, wir müssen hier Public Transport benutzen! Ist das der Schutz, den Sie uns angedeihen lassen?“Das sitzt.
Twitter läuft – es war nicht anders zu erwarten – angesichts dieses Ferber’schen Fauxpas heiß. Martin Sonneborn, der Chef der Satirepartei „Die Partei“, schreibt in einem
Tweet: „Markus Ferber, dessen Praktikantinnen zum Teil am Stadtrand campten, weil der bestsituierte CSU-Mann ihnen wenig bis nichts bezahlte, leidet darunter, dass er im Lockdown den öffentlichen Nahverkehr benutzen muss und kein Tagegeld erhält.“
Ferber indes sieht sich gewollt missverstanden. Einige seiner Aussagen seien aus dem Zusammenhang gerissen worden. Er räumt aber auch ein: „Das hat sich emotional aufgeschaukelt und das bedaure ich. Meine Wortwahl war unglücklich, meine Schwerpunktsetzung nicht ideal. In der Sache bleibe ich aber bei meiner Kritik an EP-Präsident Sassoli.“
Was Ferber mit dieser grundsätzlichen Kritik meint: Seiner Ansicht nach müsse das Europäische Parlament auch in Krisenzeiten wie der Corona-Pandemie handlungsfähig sein. Die faktische Schließung des Europäischen Parlaments durch die
Absage nahezu aller Präsenz-Sitzungen und Ausschüsse durch Parlamentspräsident David Sassoli sei nicht hinnehmbar und behindere die Arbeit massiv, meint Ferber. „Meine Kritik an der Entscheidung des Parlamentspräsidenten fällt auch deswegen so harsch aus, weil dieser es versäumt hat, in den vergangenen acht Monaten die Arbeitsfähigkeit des Parlaments auf digitalem Wege sicherzustellen. Noch immer haben wir beispielsweise keine funktionierenden Lösungen für die fehlerfreie Durchführung von Ausschusssitzungen aus der Ferne. Ein Parlament, das durch seinen offiziellen Vertreter aufgelöst wird, verliert seine Legitimität“, erklärt Ferber auf seiner Internetseite. Als Präsident des Europäischen Parlaments müsse sich Sassoli dafür einsetzen, die Arbeit der Abgeordneten zu ermöglichen und nicht zu behindern, so Ferber weiter. „Deshalb brauchen wir umgehend wieder Präsenzsitzungen, die durch ein funktionierendes Hygiene- und Testkonzept ermöglicht werden können.“
Dann ist da aber auch noch die Sache mit dem Geld. Ferber hatte in seiner Rede an die Adresse des Parlamentspräsidenten nämlich auch gesagt: „Sie bekommen selbstverständlich jeden Tag die Tagegelder, wir bekommen sie nicht.“Der Hintergrund ist der: Das EU-Parlament zahlt Abgeordneten eine Pauschalvergütung von 323 Euro für jeden Arbeitstag. Voraussetzung ist, dass man sich in die Anwesenheitsliste einträgt. Diese Listen werden nun aber nicht mehr ausgelegt, weil nur noch wenige Abgeordnete überhaupt Zutritt haben. „Wir Abgeordnete verzichten darauf, dann sollte das Herr Sassoli auch“, sagt Ferber im Gespräch mit unserer Redaktion.
Auf Twitter stößt das alles auf wenig Verständnis. Stattdessen gibt es zuweilen Spott. Ein User etwa kommentiert hämisch, Ferber würde nun wohl nur knapp am Existenzminimum vorbeischrammen.