Mittelschwaebische Nachrichten
Die unsichere Zukunft des Jonathan Scholz
Der gebürtige Niederraunauer spielt als Profi beim Bundesliga-Klub Eulen Ludwigshafen. Deren Halle soll jetzt ein Corona-Impfzentrum werden. Was der 29-Jährige dazu sagt und wie er seine Zukunft in der stärksten Liga der Welt sieht
Ludwigshafen/Niederraunau Als Jonathan Scholz ans Telefon geht, hat er gerade Mittagspause. Ein kurzes Interview für die Zeitung aus der Heimat? Kein Problem. Im Profifußball wäre es absolut unmöglich, einen Spieler mal eben anzurufen, ohne dass die Pressestelle dazwischengeschaltet ist und hinterher die Antworten glattbügelt. Der Handball-Bundesligaprofi Scholz dagegen redet einfach drauf los. Er hat einiges zu sagen. Denn sein Verein, die Eulen Ludwigshafen, machte jüngst bundesweit Schlagzeilen.
Hintergrund ist, dass die Stadt Ludwigshafen ihr Aushängeschild wortwörtlich vor die Tür setzen wollte. Die Friedrich-Ebert-Halle, in der die Eulen ihre Heimspiele austragen, sollte ab Dezember zu einem Corona-Impfzentrum umfunktioniert werden. Der Verein wurde zunächst vor vollendete Tatsachen gestellt. „Das hat nicht nur mich sauer gemacht“, sagt Jonathan Scholz. „Das trifft das ganze Umfeld, die Sponsoren und Partner, die Fans. Wir hätten einen klaren Wettbewerbsnachteil, auch, wenn wir zurzeit ohnehin ohne Zuschauer spielen müssen.“
Zwischenzeitlich ist die Stadt zurückgerudert. Wie der Verein meldet, hat der Bau- und Grundstücksausschuss der Stadt Ludwigshafen in seiner Sitzung am Montag entschieden, dass der Handball-Bundesligist nun doch mindestens seine drei Dezemberspiele in der FriedrichEbert-Halle austragen kann und darf. Das Impfzentrum nimmt seine Arbeit zunächst in den Vorräumen der Halle auf.
Wie es allerdings nach der WMPause im Januar weitergeht, bleibt offen. Jonathan Scholz hofft, dass Verein und Stadt zu einer vernünftigen Lösung kommen. Zwar hätten andere Bundesliga-Klubs ihre Hilfe angeboten. Doch für den 29-Jährigen, der auch Vize-Kapitän der Eulen ist, bleibt das eine Notlösung. „So geht der Bezug zur Stadt Ludwigshafen flöten. Und es ist ein großer Unterschied, ob man im gewohnten Umfeld spielen kann oder nicht. Und wenn sie wieder zugelassen werden, sind wir auch auf Zuschauer angewiesen.“Auch das Ausweichen auf andere städtische Hallen sei alles andere als einfach, betont Scholz. In keiner anderen Halle sei die Infrastruktur für Bundesliga-Handball vorhanden. Daher hofft der Linksaußen, dass das Impfzentrum doch noch einen anderen Platz findet.
Denn, wenn Scholz und die Eulen eines nicht gebrauchen können, dann ist es der Verlust ihres „Nests“. Seit dem Aufstieg vor drei Jahren kämpfen die Ludwigshafener gegen den Abstieg. In der (coronabedingt abgebrochenen) Vorsaison gelangen aber immerhin fünf Heimsiege. Auch in dieser Saison tun sich die Eulen schwer. In bisher neun Partien setzte es sieben Niederlagen – wenn auch teils sehr knapp.
Auch für Jonathan Scholz persönlich läuft die Saison bisher alles andere als berauschend. In der Vorbereitung zog sich der Linksaußen einen Faserriss in der linken Wade zu und verpasste die ersten Spiele. Als er wieder fit war, musste er wegen eines positiven Corona-Tests im Team in Quarantäne. In seinem
Saisonspiel gegen HC Erlangen zog der Vize-Kapitän der Eulen sich dann erneut einen Muskelfaserriss zu. Aktuell hofft Scholz, im Dezember wieder auf dem Feld stehen zu können. „Ich bin viel beim Physio und mache ein Aufbauprogramm. Ich will der Mannschaft so schnell wie möglich wieder helfen.“
Jonathan Scholz ist sich bewusst, dass es für ihn als Profi ein Privileg ist, dass er seinen Sport weiter ausüben kann. Die Bundesliga erkauft sich dieses Privileg mit regelmäßigen Corona-Tests für alle Spieler. „Wir werden aktuell zweimal die Woche getestet“, berichtet Scholz. „Die Ergebnisse bekommen wir am nächsten Tag. Ansonsten hat sich im Trainingsalltag nicht viel verändert.“Bei seinem jüngeren Bruder
Gabriel Scholz, der beim TSV Niederraunau in der Jugend spielt, bekommt der Profi aber mit, was das Verbot für den Amateursport bedeutet. „Die machen ihren Sport genau so gern wie wir. Dass wir jetzt dürfen und der Rest nicht, ist nicht gerade förderlich für das Gesamtbild im Handball. Wenn das noch länger so geht, bricht im Amateurbereich etwas Wichtiges weg.“
Doch auch die Handball-Bundesliga steuert durch Corona in eine unsichere Zukunft. Wegen wegfallender Zuschauereinnahmen müssen viele Klubs den Gürtel finanziell enger schnallen. Für die abstiegsbedrohten Eulen ist zudem die sportliche Zukunft mehr als unsicher – auch, weil Cheftrainer Ben Matschke nach der Saison zum Ligakondritten kurrenten HSG Wetzlar geht. All das macht es auch für Jonathan Scholz schwer, zu sagen, wie es nach der Saison weitergeht. Sein Vertrag läuft aus, ob es eine Verlängerung gibt, steht noch nicht fest. „Klar würde ich gerne weitermachen, aber da ist noch so vieles unsicher. Da kann ich schlecht eine Aussage treffen.“Neben dem Handball arbeitet Scholz 25 Stunden pro Woche als Ingenieur bei BASF. Hier könnte der 29-Jährige nach der aktiven Zeit in Vollzeit einsteigen. Und auch die Rückkehr in die Heimat ist für den gebürtigen Raunauer eine Option. „Da muss dann jobmäßig alles passen. Ich bin hier sehr zufrieden, das möchte ich nicht so leicht aufgeben.“Wie es sportlich in der Heimat läuft, verfolgt er trotzdem genau.