Mittelschwaebische Nachrichten
Schluss mit „Gammelunterkünften“
Massenhafte Corona-Ausbrüche in Schlachthöfen ließen im Frühjahr die Alarmglocken schrillen. Schnell folgte ein Gesetz gegen Ausbeutung, das dann lange auf Eis lag. Nun kommt es
Verschreibungspflichtige Medikamente kosten bei Versandapotheken künftig genauso viel wie bei der Apotheke vor Ort. Das regelt ein Gesetz, dem der Bundesrat am Freitag zugestimmt hat. Versandapotheken dürfen damit keine Rabatte mehr gewähren. So sollen klassische Apotheken vor der OnlineKonkurrenz geschützt werden. In Deutschland gilt eine Preisbindung für rezeptpflichtige Medikamente. Die soll sicherstellen, dass Medizin nicht zu teuer wird.
1,6 Milliarden Pakete: DHL knackt Vorjahreswert
Schon fünf Wochen vor Jahresende hat die Deutsche Post DHL mehr Pakete zugestellt als im ganzen Vorjahr. In Deutschland seien 2020 bisher 1,6 Milliarden Pakete transportiert worden. Damit wurde der firmeneigene Rekord übertroffen – 2019 hatten die gelben Transporter hierzulande 1,59 Milliarden Pakete befördert und damit so viel wie nie zuvor. Wegen des boomenden Online-Handels bricht die Firma schon seit langem Jahr für Jahr ihren eigenen Höchstwert, nun geschieht dies außergewöhnlich früh. Der Grund: In Corona-Zeiten kaufen viele Menschen im Internet. Bis Jahresende rechnet der Konzern mit rund 1,8 Milliarden beförderten Paketen, das wäre ein Plus von etwa 15 Prozent.
Berlin
Nach langen Verhandlungen wollen Union und SPD Missständen in deutschen Schlachthöfen ab Anfang des neuen Jahres einen Riegel vorschieben. Die Regierungspartner legten am Freitag ihren Streit bei. Die Union im Bundestag hatte Ausnahmen von den geplanten Verschärfungen verlangt. „Wir machen Schluss mit Arbeitszeitbetrug und Gammelunterkünften“, hieß es nun aber in Regierungskreisen. Ausnahmen soll es für das traditionelle Fleischhandwerk sowie für Unternehmen mit Tarifverträgen geben.
Nach massenhaften Corona-Infektionen in der Fleischindustrie im Frühjahr hatte das Bundeskabinett das Arbeitsschutzkontrollgesetz von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) gegen die Missstände beschlossen. Das Gesetz verordnet der Branche ein Verbot von Werkverträgen ab 1. Januar und von Leiharbeit ab 1. April 2021. Der Einsatz von Fremdpersonal beim Schlachten und Zerlegen soll damit verboten werden.
In der Kritik aus der Unionsfraktion ging es vor allem um Leiharbeit für die erhöhte Wurstproduktion in der Grillsaison. Die SPD wollte das Gesetz nach eigenen Angaben nicht verwässern lassen. Nach der Einigung soll das Gesetz im Dezember in Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden und Anfang 2021 in Kraft treten.
Die Arbeiter in Schlachthöfen waren nach Informationen aus Regierungskreisen bisher bei bis zu 30 unterschiedlichen Werkvertragsunternehmen angestellt. Künftig sollen beim Schlachten und der Zerlegung von Fleisch nur noch Arbeitnehmer des eigenen Unternehmens eingesetzt werden.
wurde zwischen Union und SPD nun eine auf drei Jahre befristete Ausnahmeregelung vereinbart: Auf Grundlage eines Tarifvertrags soll es möglich sein, Auftragsspitzen durch Leiharbeitnehmer aufzufangen – unter strengen Auflagen und nur in der Fleischverarbeitung – nicht beim Schlachten und Zerlegen. Als Bedingungen sind vorgesehen: Das Unternehmen ist tarifgebunden, für Leiharbeiter gelten die gleichen Arbeitsbedingungen und die Höchstüberlassungsdauer ist auf vier Monate begrenzt.
Eingeführt werden sollen einheitliche Kontrollstandards und höhere Bußgelder bei einer Verletzung des Arbeitsschutzes. Elektronische Aufzeichnung der Arbeitszeit soll in der Fleischindustrie zur Pflicht werden. Bei Verstößen etwa gegen die Höchstarbeitszeiten drohen Bußgelder von bis zu 30 000 Euro. Die UnNeu terbringung von Personal in Gemeinschaftsunterkünften soll verbessert werden. Die staatliche Arbeitsschutzaufsicht der Länder soll die Einhaltung des Arbeitsschutzes durch Betriebsbesichtigungen sicherstellen.
Die SPD-Fraktionsvize Katja Mast sagte: „Wir greifen entschlossen in den Fleischfabriken durch.“Deren Geschäftsmodelle habe durch Corona noch einmal seine übelsten Seiten offenbart. „Die Fleisch-Lobby, die das Gesetz verhindern wollte, hat sich getäuscht und zu früh gefreut.“
Unionsfraktionsvize Hermann Gröhe (CDU) betonte, zur Abdeckung saisonaler Produktionsspitzen solle bei der Fleischverarbeitung zwar Zeitarbeit tarifvertraglich begrenzt ermöglicht werden – nicht aber Werkverträge. Der CSU-Arbeitsmarktpolitiker Stephan Stracke forderte die Tarifvertragsparteien der Fleischwirtschaft auf, nun Tarifverträge zu vereinbaren. Der CDU-Arbeitsmarktpolitiker Peter Weiß sagte, es sei gut, dass es nun Ausnahmen für das Handwerk geben solle. „Damit stellen wir sicher, dass die Kunden weiter gute Ware in einer Metzgerei erhalten und nicht auf die Billigangebote von Discountern zurückgreifen müssen.“
Einzelne Ausnahmen waren bereits in den ursprünglichen Plänen vorgesehen. Ausgenommen werden sollten etwa Fleischerhandwerksbetriebe mit bis zu 49 Mitarbeitern. Aus der Branche war allerdings bemängelt worden, die Ausnahmen gingen nicht weit genug.
Nun sollen zum Beispiel aus der Zahl von 49 die Verkäuferinnen und Verkäufer herausgerechnet werden, hieß es.
Bund und Länder uneins über Hotelübernachtungen
Nach der Bund-Länder-Vereinbarung über die vom 1. Dezember an geltenden Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung gibt es Unstimmigkeiten mit Blick auf Hotelübernachtungen an Weihnachten. NRW, Niedersachsen, SchleswigHolstein, Hessen und Berlin kündigten an, über die Festtage Hotelübernachtungen im Rahmen von Familienbesuchen zu erlauben – entgegen einer Empfehlung aus dem Kanzleramt. Andere Bundesländer beraten noch dazu. Die fünf Länder argumentieren, dass es sich bei Hotelübernachtungen von Familienangehörigen zu Weihnachten um nicht touristische Übernachtungen handle, wie sie auch während des Teil-Lockdowns bis zum 20. Dezember erlaubt sind.
Hauptstadtflughafen BER schließt Startbahn
Nur wenige Wochen nach der Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens BER soll Anfang Dezember eine der beiden Start- und Landebahnen vorübergehend wieder schließen. Auch eines der drei Terminals wird eingemottet; ein weiteres war beim Flughafen-Start vor vier Wochen gar nicht erst geöffnet worden. Wegen der niedrigen Passagierzahlen versuchen die Betreiber, die Kosten zu senken. Gleichzeitig brauchen sie Millionen von ihren Eigentümern, den Ländern Berlin, Brandenburg und dem Bund. Der Verkehr sei wieder auf ein Zehntel des üblichen zurückgegangen, sagte Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup. 2020 gleichen die Eigentümer die coronabedingten Umsatzausfälle mit 300 Millionen Euro aus.