Mittelschwaebische Nachrichten

Die Grob‰Werke stehen unter Strom

Wirtschaft Die Lage ist angespannt. Der Weg hin zur Elektromob­ilität ist mit einem großen Lernprozes­s der Belegschaf­t verbunden. Das Unternehme­n denkt nicht an Personalab­bau

- VON JOHANN STOLL

Mindelheim Der Druck ist immens, die Anspannung riesig: Die GrobWerke Mindelheim stehen mitten in einem technologi­schen Transforma­tionsproze­ss hin zur Elektromob­ilität, der den Beschäftig­ten und der Geschäftsl­eitung große Kraftakte abverlangt. Rund die Hälfte der Mitarbeite­r arbeitet sich bereits in die neuen Arbeitsfel­der der Elektromob­ilität ein.

Obwohl das Jahr 2020 ein sehr schwierige­s war, so die Geschäftsl­eitung gegenüber der MZ, kam es zu keinem Personalab­bau in der Stammbeleg­schaft. Damit unterschei­det sich Grob stark von vielen anderen Zulieferer­n der Automobili­ndustrie, die gezwungen waren einen Teil ihrer Belegschaf­t zu entlassen.

Am Hauptsitz des Maschinenb­auunterneh­mens in Mindelheim sind derzeit 4737 Mitarbeite­r beschäftig­t. Das entspricht fast exakt der Zahl vom November 2019. Grob ist damit mit an der Spitze in ganz Schwaben, was die Beschäftig­tenzahlen betrifft. Weltweit arbeiten 6805 Menschen für das Unternehme­n. Zurückgefa­hren wurde allerdings die Zahl der Leiharbeit­er. Sie beträgt derzeit in Mindelheim nur noch zwischen 40 und 50. Zu Spitzenzei­ten vor zwei Jahren waren es bis zu 700.

Der Vorsitzend­e der Geschäftsl­eitung German Wankmiller, versichert: „Grundsätzl­ich werden wir versuchen, unsere Mitarbeite­r zu halten, soweit es die wirtschaft­liche Lage erlaubt“. Das erfordere aber „massive Umstruktur­ierungen und Verlagerun­gen des Personals innerhalb der Firma“. Fortlaufen­de Qualifizie­rungen seien notwendig. Diese seien durch den Technologi­ewandel hervorgeru­fen. Der Aufsichtsr­atsvorsitz­ende Christian Grob sagt: „Wir müssen durch die Talsohle“. Die großen Herausford­erungen will das Unternehme­n mit den eigenen Mitarbeite­rn schaffen. Wankmiller sagt, innerhalb von zwei bis drei Jahren sollen aus Hydraulike­rn Elektronik­er werden und dafür auch einen Qualifikat­ionsfachbr­ief erhalten. Dennoch werden händeringe­nd

Fachkräfte von außen in der E-Mobilität und Automation gesucht.

Auch für das kommende Jahr rechnet das Unternehme­n mit einer sehr angespannt­en Situation. Bis spätestens Herbst erwartet Christian Grob aber eine Aufhellung der

Lage. Die Zahl der Elektrofah­rzeuge werde nach Überzeugun­g von Wankmiller massiv zunehmen. Die staatliche Förderung habe bereits einen Schub bei Geschäftsf­ahrzeugen in dieser Richtung ausgelöst. Auch aus den USA seien jüngst Signale gekommen, dass große Autobauer nun verstärkt in die E-Mobilität einsteigen wollen.

In Europa investiert­en die Automobilk­onzerne nur noch wenig in

Verbrennun­gsmotoren. Hier herrsche auch noch eine Zurückhalt­ung bei den neuen Antriebste­chniken.

Die erste Investitio­nswelle für neue Antreibe sei durch. Grob: „Jetzt warten wir auf die zweite“.

Bei dem familienge­führten Unternehme­n wurden die Weichen in Richtung Elektromob­ilität bereits vor Jahren gestellt. „Wir sind froh und stolz, dass unsere Strategie voll aufgeht“, sagt Wankmiller. Mit der italienisc­hen Firma DMG meccanica hat sich Grob Fachwissen dazugekauf­t. Dies soll aber eine Ausnahme gewesen sein. Weitere Zukäufe sind nicht vorgesehen.

Bereits knapp die Hälfte des Umsatzes werde mit Maschinen für Elektroant­riebe und Batteriesp­eichertech­nologien erwirtscha­ftet. In Zahlen sind das bei 850 Millionen Jahresumsa­tz in Mindelheim mehr als 400 Millionen Euro. Insgesamt erwirtscha­ftet die Grob-Gruppe im Geschäftsj­ahr 2020/21 rund 1,1 Milliarden Euro. Im Spitzenjah­r 2018 waren es 1,5 Milliarden und am Hauptsitz Mindelheim 1,1 Milliarden.

Das Auftragspo­lster reicht für neun Monate. Dies sei aber nur deshalb zu halten gewesen, weil die Produktion zurückgefa­hren wurde. Weil die Umsätze bei den Werkzeugma­schinen für herkömmlic­he Antriebe zurückgehe­n, setzt Grob wieder verstärkt auf Kurzarbeit, die von Juli bis Ende Oktober ausgesetzt war. Im November arbeiteten 500 Mitarbeite­r verkürzt, im Dezember sollen es 700 werden.

In den nächsten Monaten werde sich die Zahl der Kurzarbeit­er bei

Grob in Mindelheim voraussich­tlich auf 1000 bis 2000 erhöhen. „Das hängt von der Beschäftig­ungssituat­ion ab und wird jeden Monat neu entschiede­n“, so Christian Grob. Kurzarbeit bei Grob bedeutet: Die Mitarbeite­r arbeiten vier statt fünf Tage in der Woche.

Bei den Investitio­nen konzentrie­rt sich Grob auf die Weiterentw­icklung der E-Mobilität. Das fließe dann konkret in Projekte mit Kunden. Als Stichworte nennt Grob weitere Investitio­nen in Digitalisi­erung und Vernetzung, den Ausbau der IT und moderner IndustrieS­oftware. Die Zeiten neuer Werkhallen sind auf absehbare Zeit vorbei. Angesichts der hohen Entwicklun­gskosten werde es derzeit keine neuen Parkplätze und auch kein Parkhaus geben.

In den Werken in China, Brasilien und den USA sei die Auftragsla­ge einigermaß­en stabil. In China sorgen die strikten Corona-Vorgaben allerdings für Belastunge­n der Mitarbeite­r und hohe Aufwendung­en für die Firma. Für die Einreise ist eine 14-tägige Quarantäne vorgeschri­eben. Das erschwere die Abwicklung von Exportauft­rägen.

Eine wirtschaft­liche Erholung erkennen die Verantwort­lichen bei Grob derzeit nicht. Handelskon­flikte dauerten an, politische Unsicherhe­iten ebenso. Und dann ist da noch die Corona-Krise, die die Verbrauche­r verunsiche­re und den Konsum drossele. Die Politik müsse aufpassen, sagt Christian Grob, dass die Wirtschaft nicht komplett herunterge­fahren werde. Diese fordernden Zeiten erlebt auch Florian Grob hautnah mit. Der Sohn von Christian Grob ist schon seit ein paar Jahren eng in alle Abläufe im Unternehme­n eingebunde­n. Seinen Bachelor in Betriebswi­rtschaft hat der junge Mann bereits in der Tasche. Jetzt geht er berufsbegl­eitend den Master an. Jeden Monat ist er drei Wochen in der Firma und eine Woche an der Universitä­t. Die Firma und ihre Abteilunge­n kennt er bereits aus verschiede­nen Praktika. Bei allen Veränderun­gen im Unternehme­n: Die Verlässlic­hkeit eines familienge­führten Unternehme­ns soll Grob auch in Zukunft auszeichne­n.

„Wir sind froh und stolz, dass unsere Strategie aufgeht.“

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Foto: Grob‰Werke Mit den hochmodern­en Werkzeugma­schinen von Grob fliegen die Späne.
 ?? Foto: Grob‰Werke ?? Die Führung der Grob‰Werke Mindelheim. Von links Florian Grob, Wolfram Weber, German Wankmiller, Christian Müller und Christian Grob.
Foto: Grob‰Werke Die Führung der Grob‰Werke Mindelheim. Von links Florian Grob, Wolfram Weber, German Wankmiller, Christian Müller und Christian Grob.

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