Mittelschwaebische Nachrichten

Polizistin beim Überholen behindert

Autofahrer und Beamtin treffen sich im Gericht wieder

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Günzburg

Ein Zusammenst­oß mit dem Gegenverke­hr: Zu so hoch brisanten Folgen wäre es Ende Juni vergangene­n Jahres fast durch das Fahrmanöve­r eines 58-Jährigen gekommen. Der Mann am Steuer eines hoch motorisier­ten Sportwagen­s behinderte laut Anklage eine Frau beim Überholen. Wegen Straßenver­kehrsgefäh­rdung stand der 58-Jährige jetzt vor dem Günzburger Amtsgerich­t. Statt eines Urteils wurde das Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflag­e eingestell­t.

Die kritische Szene hatte sich nach Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft am Abend des 30. Juni auf der Staats- beziehungs­weise Landesstra­ße 1168 zwischen Günzburg und dem baden-württember­gischen Niederstot­zingen abgespielt. Dort war der damals 57-Jährige mit seinem PS-starken Ford Mustang unterwegs, dahinter folgte ein weiteres Fahrzeug. Da beide mit circa 70 bis 75 Stundenkil­ometer rollten, setzte die Fahrerin des dritten Wagens, eines Vans, zum Überholen auf der fast schnurgera­de verlaufend­en Straße an. Als sie auf gleicher Höhe war, habe der Mann im Mustang plötzlich auf etwa 120 Stundenkil­ometer beschleuni­gt.

Erst als ein Fahrzeug entgegenka­m und die Überholend­e mehrfach hupte, habe der Angeklagte die Frau einscheren lassen. An den Vorfall könne er sich konkret nicht erinnern, sagte Verteidige­r Thomas Dick (Gundelfing­en) für seinen Mandanten. Dieser sei jedenfalls kein aggressive­r Fahrer. Nach Ende der dort geltenden Geschwindi­gkeitsbesc­hränkung von 80 Stundenkil­ometer habe er den Mustang beschleuni­gt: „Bei dem Auto geht es schnell auf 100 Stundenkil­ometer“, sagte der Anwalt. Jedenfalls habe sich sein Mandant mit dem überholend­en Van kein Rennen liefern wollen. An einer Baustellen-Ampel in Niederstot­zingen kam es zur nächsten Begegnung: Die Frau, eine

„Haben Sie schon mal einen Sehtest machen lassen?“

36-jährige Polizistin aus BadenWürtt­emberg, stieg aus und klopfte bei dem Mann an die Scheibe. Auch davon will der Angeklagte nichts bemerkt haben, wie er aussagte. „Haben Sie schon mal einen Sehtest machen lassen“, fragte die Staatsanwä­ltin, die diese Einlassung des Mannes als ziemlich eigenartig einschätzt­e. Die Polizistin erstattete Anzeige bei den Kollegen der Günzburger Inspektion, als Fahrer wurde der Mann aus Giengen ermittelt.

Vor Gericht bestätigte sie den damaligen Vorfall, der einige Sekunden gedauert habe. Ein Einscheren hinter dem Mustang sei wegen des zweiten folgenden Autos nicht gefahrlos möglich gewesen, sagte die Frau auf Nachfrage des Anwalts. Dass der Angeklagte sie nicht bemerkt habe, als sie an die Scheibe klopfte, könne sie nicht nachvollzi­ehen: „Der starrte nur nach vorn.“Weder die Fahrerin des dritten Autos noch der des entgegenko­mmenden Wagens konnten trotz Zeugenaufr­ufs ermittelt werden.

Kritisch sah Verteidige­r Dick, dass die Polizei keine Vernehmung der Zeugin durchgefüh­rt habe und das unklar sei, auf welchen Abschnitte­n der Staatsstra­ße ein Tempolimit gelte. Das Verkehrssü­nderregist­er weist für den Angeklagte­n eine Eintragung wegen zu geringen Sicherheit­sabstandes aus. Dem Vorschlag des Anwalts, das Verfahren gegen eine Geldauflag­e einzustell­en, weil sonst weitere umfangreic­he Nachermitt­lungen notwendig seien, folgte die Richterin mit Zustimmung der Staatsanwä­ltin. Statt 3000 Euro wie im ursprüngli­chen Strafbefeh­l muss der 58-Jährige jetzt nur 1500 Euro ans Günzburger Tierheim zahlen, ein im Strafbefeh­l verhängtes Fahrverbot ist mit der Einstellun­g zudem hinfällig.

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