Mittelschwaebische Nachrichten
EinfamilienhausVerbot: Das sagen Bürgermeister
Das Interesse an Wohnraum ist in Krumbach und Thannhausen riesig, aber Platz ist nur begrenzt verfügbar, betonen die Bürgermeister. Einfamilienhäuser standen deshalb zuletzt in der Kritik – aber ohne, geht das überhaupt?
Eigenheime standen zuletzt in der Kritik. Wie die Lage beim Bauland in Krumbach und Thannhausen ist, lesen Sie auf
Krumbach/Thannhausen Der Traum vom Einfamilienhaus ist für viele Menschen fester Bestandteil im Leben. Platz für neue Häuser ist aber meist Mangelware. Das ist auch in Krumbach und Thannhausen so, betonen die beiden Bürgermeister der Städte im Gespräch mit unserer Redaktion. Doch ein Eigenheim braucht eben Platz – das sorgte zuletzt sogar bundesweit für Schlagzeilen. Die Grünen in Berlin hatten ein Verbot der Einfamilienhäuser ins Gespräch gebracht. Ist das auch in Krumbach und Thannhausen denkbar? Ist das Einfamilienhaus tatsächlich ein Auslaufmodell?
Ein klarer Trend beim Interesse der Menschen ist in Krumbach erkennbar. Und zwar der hin zum Einfamilienhaus, berichtet Bürgermeister Hubert Fischer: „Wir haben täglich Nachfragen nach Einfamilienhäusern. Gefühlt 90 Prozent der Menschen sehnen sich eben nach einem Häuschen mit Garten.“Mit der Aussage von Anton Hofreiter, die Bauform möglicherweise zu verbieten, geht Krumbachs Bürgermeister hart ins Gericht. „In Berlin kommen sie ja oft mit so plakativen Sätzen, aber wir müssen in den Kommunen die Vielfalt des menschlichen Lebens abbilden. Jetzt jedem Interessenten ein Einfamilienhaus verweigern, weil die, die schon eines haben sagen: „Das geht nicht – das ist nicht mein Verständnis von Gerechtigkeit“, lauten seine Worte. Die Politik müsse sich erinnern, was die Menschen wollen und brauchen – und das, so Fischer, sei eben nicht immer der Wohnturm.
Doch die Potenziale für neuen Wohnraum stoßen auch in Krumbach an ihre Grenzen. „Hier fehlt die rechtliche Grundlage, uns als Kommune handlungsfähiger zu machen – da müsste der Gesetzgeber mal eingreifen, statt über Verbote zu diskutieren“, sagt der Bürgermeister. Die Stadt habe beispielsweise viele erschlossene, ungenutzte Flächen und Grundstücke, die brach liegen, berichtet Fischer: „Aber an die kommen wir nicht ran – zum Beispiel an rund zehn Hektar ungenutzte Gewerbefläche. Aber auch viele Häuser stehen leer. Hier brauchen wir eine rechtliche Grundlage, um den Druck zu erhöhen, dass die Besitzer etwas machen.“Das würde in seinen Augen mehr Sinn machen, als das Einfamilienhaus jetzt zu verteufeln. „Es ist eben ein Wunsch
vieler. Und viele haben dann auch einen schönen Garten, der trägt – die wenigen Negativbeispiele ausgenommen – unheimlich zur ökologischen Vielfalt bei.“
Auch in Krumbach sei natürlich nicht genügend Platz, um allen den Traum vom Einfamilienhaus zu ermöglichen. Aber das, so Fischer, sei auch nicht nötig. „Viele ältere Menschen wählen etwa bewusst die Wohnung in der Stadt, um kürzere Wege zu haben. Die Häuser außerhalb werden dann wiederum frei für junge Familien mit Kindern.“In seiner Studienzeit habe er selbst in einer kleinen Wohnung gelebt, erzählt Fischer – und die habe ihm völlig ausgereicht. „Aber mit Familie, da möchte ich mein Haus nicht missen, das sage ich ganz offen – und ich wehre mich strikt gegen solche Verbote“, betont er.
Um der Wohnungsnot auch ohne Verbote entgegenzusteuern, habe die Kommune verschiedene Möglichkeiten. Primär wichtig sei, so Fischer, vorhandenes Bauland effektiver und Leerstand in der Stadt wieder zu nutzen. „Auch wir wollen die Versiegelung der Landschaft vermeiden“, sagt er. Auf Flächen zu bauen, die die Gesellschaft als Ackerland brauche, und die Versiegelung ausweiten, das sei ein ernsthaftes Problem und sicher nicht die Lösung. „Die Landschaft macht es hier ja auch lebenswert“, sagt der Bürgermeister. Aber es werden auch in Krumbach immer mehr Menschen – und die müssen schließlich alle irgendwo unterkommen.
In den vergangenen acht Jahren sind nach Angaben des Krumbacher Rathauschefs rund 1300 Einwohner dazugekommen, das sind knapp zehn Prozent (siehe Infokasten). „Wir kratzen an der 14.000er-Marke“, berichtet Fischer. Und die Nachverdichtung des bestehenden Wohnraums stoße an ihre Grenzen – auch wenn es noch Potenziale gebe. Fischer nennt hier einige freie Flächen innerorts, die die Stadt nutzen wolle, bevor außerhalb gebaut werde. „Und wir haben auch viele Bautraum ten aus den 50er- und 60er-Jahren. Neue Häuser mit klügerer Raumaufteilung können hier, ohne in die Höhe bauen zu müssen, fast doppelt so viel Wohnraum hergeben, als bisher“, berichtet der Rathauschef. Als Beispiele nennt er die Markgrafenstraße, den Kammelweg, die Nattenhauser Straße oder die Straße Am Johannisbrunnen. Wenn ungenutzte Flächen genutzt werden, berge das aber auch Konfliktpotenzial, gesteht Fischer: „Die Leute stören sich daran, wenn auf der Wiese vor dem eigenen Garten plötzlich gebaut wird.“Diesen Widerspruch müsse die Gemeinde schlichtweg aushalten. Von viele Baulücken im Herzen der Stadt, die es zu füllen gilt, bevor außerhalb gebaut wird, berichtet auch Thannhausens Bürgermeister Alois Held. Doch auch nördlich von Krumbach geht der Trend ganz klar hin zu kleinen Grundstücken mit Eigenheim: „Die Nachfrage ist Wahnsinn und übersteigt das Angebot um ein Vielfaches“, sagt Held. Und fügt lachend hinzu: „Ich fühle mich manchmal schon wie ein Makler, so oft kommen Anfragen rein.“Die Nachfrage sei sogar so groß, dass es auch schon vorkam, dass in einem Baugebiet Reihenhäuser geplant waren, aber daraus dann Einfamilienhäuser wurden.
Zur Kritik der Grünen an den Eigenheimen äußert sich Held wie folgt: „Man kann natürlich viel fordern, aber die Leute suchen eben hauptsächlich Einfamilienhäuser.“Dass das nicht ganz unproblematisch ist, zeige sich auch in Thannhausen. „Der Wohnraum ist äußerst knapp“, berichtet der Bürgermeister. Zumal auch dort – anders als prognostiziert – immer mehr Menschen leben. Aktuell sind es nach Angaben des Rathauschefs rund 6500 Einwohner. „Ich habe das Gefühl, die Leute kommen wieder von der Stadt aufs Land“, schätzt Held. Und irgendwo müssen die vielen Leute schließlich unterkommen. Die Stadt und die Baugesellschaft investieren deshalb massiv in bezahlbaren Wohnraum, sagt Held: „Wir haben für eine Stadt unsere Größe mit rund 240 Sozialwohnungen sogar überproportional viele.“Doch die Stadt, so Held, müsse auch am Bedarf planen – und die Leute wollen offenbar kaum kleine Wohnungen. „Viele sehen das Eigenheim vermutlich auch als Investition“, vermutet der Bürgermeister. So viel Bauland, wie nachgefragt werde, könne die Stadt jedenfalls gar nicht erschließen. Und weil der neue Wohnraum rasend schnell verkauft ist, steigen auch die Preise – selbst in Corona-Zeiten.