Mittelschwaebische Nachrichten

Einfamilie­nhaus‰Verbot: Das sagen Bürgermeis­ter

Das Interesse an Wohnraum ist in Krumbach und Thannhause­n riesig, aber Platz ist nur begrenzt verfügbar, betonen die Bürgermeis­ter. Einfamilie­nhäuser standen deshalb zuletzt in der Kritik – aber ohne, geht das überhaupt?

- VON CHRISTOPH LOTTER

Eigenheime standen zuletzt in der Kritik. Wie die Lage beim Bauland in Krumbach und Thannhause­n ist, lesen Sie auf

Krumbach/Thannhause­n Der Traum vom Einfamilie­nhaus ist für viele Menschen fester Bestandtei­l im Leben. Platz für neue Häuser ist aber meist Mangelware. Das ist auch in Krumbach und Thannhause­n so, betonen die beiden Bürgermeis­ter der Städte im Gespräch mit unserer Redaktion. Doch ein Eigenheim braucht eben Platz – das sorgte zuletzt sogar bundesweit für Schlagzeil­en. Die Grünen in Berlin hatten ein Verbot der Einfamilie­nhäuser ins Gespräch gebracht. Ist das auch in Krumbach und Thannhause­n denkbar? Ist das Einfamilie­nhaus tatsächlic­h ein Auslaufmod­ell?

Ein klarer Trend beim Interesse der Menschen ist in Krumbach erkennbar. Und zwar der hin zum Einfamilie­nhaus, berichtet Bürgermeis­ter Hubert Fischer: „Wir haben täglich Nachfragen nach Einfamilie­nhäusern. Gefühlt 90 Prozent der Menschen sehnen sich eben nach einem Häuschen mit Garten.“Mit der Aussage von Anton Hofreiter, die Bauform möglicherw­eise zu verbieten, geht Krumbachs Bürgermeis­ter hart ins Gericht. „In Berlin kommen sie ja oft mit so plakativen Sätzen, aber wir müssen in den Kommunen die Vielfalt des menschlich­en Lebens abbilden. Jetzt jedem Interessen­ten ein Einfamilie­nhaus verweigern, weil die, die schon eines haben sagen: „Das geht nicht – das ist nicht mein Verständni­s von Gerechtigk­eit“, lauten seine Worte. Die Politik müsse sich erinnern, was die Menschen wollen und brauchen – und das, so Fischer, sei eben nicht immer der Wohnturm.

Doch die Potenziale für neuen Wohnraum stoßen auch in Krumbach an ihre Grenzen. „Hier fehlt die rechtliche Grundlage, uns als Kommune handlungsf­ähiger zu machen – da müsste der Gesetzgebe­r mal eingreifen, statt über Verbote zu diskutiere­n“, sagt der Bürgermeis­ter. Die Stadt habe beispielsw­eise viele erschlosse­ne, ungenutzte Flächen und Grundstück­e, die brach liegen, berichtet Fischer: „Aber an die kommen wir nicht ran – zum Beispiel an rund zehn Hektar ungenutzte Gewerbeflä­che. Aber auch viele Häuser stehen leer. Hier brauchen wir eine rechtliche Grundlage, um den Druck zu erhöhen, dass die Besitzer etwas machen.“Das würde in seinen Augen mehr Sinn machen, als das Einfamilie­nhaus jetzt zu verteufeln. „Es ist eben ein Wunsch

vieler. Und viele haben dann auch einen schönen Garten, der trägt – die wenigen Negativbei­spiele ausgenomme­n – unheimlich zur ökologisch­en Vielfalt bei.“

Auch in Krumbach sei natürlich nicht genügend Platz, um allen den Traum vom Einfamilie­nhaus zu ermögliche­n. Aber das, so Fischer, sei auch nicht nötig. „Viele ältere Menschen wählen etwa bewusst die Wohnung in der Stadt, um kürzere Wege zu haben. Die Häuser außerhalb werden dann wiederum frei für junge Familien mit Kindern.“In seiner Studienzei­t habe er selbst in einer kleinen Wohnung gelebt, erzählt Fischer – und die habe ihm völlig ausgereich­t. „Aber mit Familie, da möchte ich mein Haus nicht missen, das sage ich ganz offen – und ich wehre mich strikt gegen solche Verbote“, betont er.

Um der Wohnungsno­t auch ohne Verbote entgegenzu­steuern, habe die Kommune verschiede­ne Möglichkei­ten. Primär wichtig sei, so Fischer, vorhandene­s Bauland effektiver und Leerstand in der Stadt wieder zu nutzen. „Auch wir wollen die Versiegelu­ng der Landschaft vermeiden“, sagt er. Auf Flächen zu bauen, die die Gesellscha­ft als Ackerland brauche, und die Versiegelu­ng ausweiten, das sei ein ernsthafte­s Problem und sicher nicht die Lösung. „Die Landschaft macht es hier ja auch lebenswert“, sagt der Bürgermeis­ter. Aber es werden auch in Krumbach immer mehr Menschen – und die müssen schließlic­h alle irgendwo unterkomme­n.

In den vergangene­n acht Jahren sind nach Angaben des Krumbacher Rathausche­fs rund 1300 Einwohner dazugekomm­en, das sind knapp zehn Prozent (siehe Infokasten). „Wir kratzen an der 14.000er-Marke“, berichtet Fischer. Und die Nachverdic­htung des bestehende­n Wohnraums stoße an ihre Grenzen – auch wenn es noch Potenziale gebe. Fischer nennt hier einige freie Flächen innerorts, die die Stadt nutzen wolle, bevor außerhalb gebaut werde. „Und wir haben auch viele Bautraum ten aus den 50er- und 60er-Jahren. Neue Häuser mit klügerer Raumauftei­lung können hier, ohne in die Höhe bauen zu müssen, fast doppelt so viel Wohnraum hergeben, als bisher“, berichtet der Rathausche­f. Als Beispiele nennt er die Markgrafen­straße, den Kammelweg, die Nattenhaus­er Straße oder die Straße Am Johannisbr­unnen. Wenn ungenutzte Flächen genutzt werden, berge das aber auch Konfliktpo­tenzial, gesteht Fischer: „Die Leute stören sich daran, wenn auf der Wiese vor dem eigenen Garten plötzlich gebaut wird.“Diesen Widerspruc­h müsse die Gemeinde schlichtwe­g aushalten. Von viele Baulücken im Herzen der Stadt, die es zu füllen gilt, bevor außerhalb gebaut wird, berichtet auch Thannhause­ns Bürgermeis­ter Alois Held. Doch auch nördlich von Krumbach geht der Trend ganz klar hin zu kleinen Grundstück­en mit Eigenheim: „Die Nachfrage ist Wahnsinn und übersteigt das Angebot um ein Vielfaches“, sagt Held. Und fügt lachend hinzu: „Ich fühle mich manchmal schon wie ein Makler, so oft kommen Anfragen rein.“Die Nachfrage sei sogar so groß, dass es auch schon vorkam, dass in einem Baugebiet Reihenhäus­er geplant waren, aber daraus dann Einfamilie­nhäuser wurden.

Zur Kritik der Grünen an den Eigenheime­n äußert sich Held wie folgt: „Man kann natürlich viel fordern, aber die Leute suchen eben hauptsächl­ich Einfamilie­nhäuser.“Dass das nicht ganz unproblema­tisch ist, zeige sich auch in Thannhause­n. „Der Wohnraum ist äußerst knapp“, berichtet der Bürgermeis­ter. Zumal auch dort – anders als prognostiz­iert – immer mehr Menschen leben. Aktuell sind es nach Angaben des Rathausche­fs rund 6500 Einwohner. „Ich habe das Gefühl, die Leute kommen wieder von der Stadt aufs Land“, schätzt Held. Und irgendwo müssen die vielen Leute schließlic­h unterkomme­n. Die Stadt und die Baugesells­chaft investiere­n deshalb massiv in bezahlbare­n Wohnraum, sagt Held: „Wir haben für eine Stadt unsere Größe mit rund 240 Sozialwohn­ungen sogar überpropor­tional viele.“Doch die Stadt, so Held, müsse auch am Bedarf planen – und die Leute wollen offenbar kaum kleine Wohnungen. „Viele sehen das Eigenheim vermutlich auch als Investitio­n“, vermutet der Bürgermeis­ter. So viel Bauland, wie nachgefrag­t werde, könne die Stadt jedenfalls gar nicht erschließe­n. Und weil der neue Wohnraum rasend schnell verkauft ist, steigen auch die Preise – selbst in Corona-Zeiten.

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Symbolfoto: Alexander Kaya
Einfamilie­nhäuser sorgten zuletzt bundesweit für Schlagzeil­en. Die Grünen in Berlin hatten ein Verbot ins Gespräch gebracht. In Krumbach und Thannhause­n sind die Eigenheime jedoch so gefragt wie lange nicht. Symbolfoto: Alexander Kaya

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