Mittelschwaebische Nachrichten

Ist das Kunst oder kann das weg?

Hundekot – nicht nur in Wald und Wiesen: Wie eine Familie aus Krumbach mit kleinen Fähnchen auf die tierischen Hinterlass­enschaften aufmerksam machen möchte

- VON MARC HETTICH

Krumbach Die Idee kommt der jungen Frau aus Krumbach, während sie das Frühstück für ihre Familie vorbereite­t und aus dem Fenster blickt. Was sie da sehen muss, ist für den Frühstücks­tisch eindeutig ungeeignet: „Ein großer Hund hat einen entspreche­nd großen Haufen direkt neben unsere Gartenmaue­r gesetzt.“Dagegen will sie etwas tun – einen konstrukti­ven Vorschlag unterbreit­et ihr Sohn. Seitdem wehen in Krumbach über 70 kleine Fähnchen in lauen Lüftchen.

Mit ihrem Mann und den beiden Kindern wohnt die junge Frau neben einer großen Wiese, auf der sich immer wieder zahllose weitere Ansammlung­en unappetitl­icher Hundeaussc­heidungen im Gras verbergen. „Mein jüngerer Sohn fängt gerade an zu laufen – der fällt natürlich oft mal hin.“Und landet regelmäßig in den tierischen Hinterlass­enschaften. Eine nähere Beschreibu­ng eines derart unschönen Szenarios scheint unnötig – das vermag sich jeder selbst auszumalen. „Ständig müssen wir den Kleinen ermahnen, aufzupasse­n, wo er hintritt … Dabei wollen wir einfach nur raus an die frische Luft und ihn in der Natur unbeschwer­t rumtollen lassen.“Natürlich kann sich auch die zweifache

Mutter ob der leichten Absurdität des Themas das Lachen nicht verkneifen. Ihr älterer Sohn ist es, der sich – genervt von den vielen Verdauungs­hinterlass­enschaften – mit einem konstrukti­ven Vorschlag einbringt: „Da muss überall ein Schild hin, damit die Leute nicht reintreten.“

Die Mama greift die Idee ihres Sprössling­s auf und bastelt mit viel Hingabe kleine Fähnchen mit drei verschiede­nen Motiven: Eines mit bildlicher Darstellun­g eines Hundehaufe­s, ein zweites mit der meinungsst­arken Aufschrift „Ist doch Kacke!“und schließlic­h die dritte – geradezu philosophi­sche – Variante:

„Ist das Kunst oder kann das weg?“

Über 70 dieser Fähnchen steckt die Familie in ihrer nahen Umgebung in ebenso viele Häufchen, die jenseits der Wege die Stadt verminen. „Wir wollten so die Masse sichtbar machen“, erklärt die Krumbacher­in. Ihr Appell an alle Hundehalte­r: „Bitte nehmt die Haufen mit“, fordert sie in einer bemerkensw­erten Mischung aus Erheiterun­g und Verzweiflu­ng. „Ich kenn mich zwar nicht mit den Ausscheidu­ngsgewohnh­eiten von Hunden aus, aber es muss doch möglich sein, wenigstens ein Gebüsch zu suchen oder eben die dafür vorgesehen­en Entsorgung­sstationen zu nutzen.“

Beate Nauert kennt sich aus mit Hunden. Die Vorsitzend­e des Krumbacher Ortsverban­des des Vereins für Deutsche Schäferhun­de hat bestimmt eine andere Meinung zum Thema. „Ich habe vollstes Verständni­s für diese Aktion“, erklärt sie. „Ich schäme mich für so manchen Hundehalte­r - die Hunde selbst können ja nix dafür.“

„Ich habe immer Tüten dabei, wenn ich mit meiner Schäferhün­din unterwegs bin. Dann bin ich vorbereite­t und ich erspare mir auch Ärger mit anderen Anwohnern“, bekräftigt sie. Gerade morgens, wenn es noch dunkel ist oder spät abends sieht man beim Gassi gehen ja nicht, wo der Hund oder man selbst hineintrit­t. „Manchmal, wenn ich noch eine größere Runde vor mir habe, stelle ich die Tüte schon mal am Gehwegrand ab, nehme sie aber auf dem Rückweg wieder mit. In Krumbach gibt es zahlreiche Hundekotbe­utelspende­r

mit Abfallbehä­ltern, die von der Stadt kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Das ist doch ein toller Service für Hundehalte­r.“

Der Schäferhun­deverein mit rund 30 Mitglieder­n hat sein Übungsgelä­nde zwischen Krumbach und Billenhaus­en. Dort sind viele Spaziergän­ger mit Hunden unterwegs. „Wir haben auf unserem Vereinsgel­ände zum Teil schon bis zu 40 Hundehaufe­n vorgefunde­n“, erinnert sich Nauert. Der Zusammenha­lt im Verein sei jedoch groß, und dank einer Spende der Stadt Krumbach und der Sparkasse Günzburg-Krumbach konnten die Hundefreun­de ihren Übungsplat­z in vielen Arbeitsstu­nden einzäunen. „Von Mitte Oktober bis Ende November 2020 haben alle tatkräftig mitgeholfe­n“, freut sich die Vorsitzend­e. Der Zaun bietet Schutz vor Verunreini­gung durch Hundekot, aber auch beispielsw­eise vor Wildschwei­nen, die gelegentli­ch den Platz verwüstet haben.

Und was sagt eigentlich das Ordnungsam­t zu der Fülle an Fäkalien? Mathias Vogel, dessen Leiter, verrät: „Wird ein Täter auf frischer Tat ertappt, ist ein Bußgeld fällig.“Bisher sei es in Krumbach aber noch nicht dazu gekommen. „Die rechtliche Grundlage bildet das Ortsrecht.“Nämlich illustre Werke wie die „Verordnung über die Reinhaltun­g und Reinigung der öffentlich­en Straßen und die Sicherung der Gehbahnen im Winter“oder die „Satzung über die Benutzung öffentlich­er Grünanlage­n“. Da heißt es in Paragraf vier: „Verunreini­gungen durch Hundekot sind vom Hundehalte­r umgehend zu beseitigen und ordnungsge­mäß zu entsorgen.“

Damit dürfte zumindest klar sein: Willkürlic­h verteilter Hundekot ist keine Kunst. Kann also weg.

Über 70 Fähnchen hat die Familie schon verteilt

Wer erwischt wird, dem droht ein Bußgeld

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Foto: Merc Hettich Eine Familie aus Krumbach will mit die‰ sen Fähnchen auf Hundekot aufmerksam machen.

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