Mittelschwaebische Nachrichten

Schulmuseu­m in Ichenhause­n öffnet nach langer Durststrec­ke

Ausstellun­g Nach Monaten des Shutdowns stehen ab Sonntag Werke der Künstlerin Myrah Adams im Mittelpunk­t. Die Ausstellun­g ist bis 2. Mai zu sehen

- VON GERTRUD ADLASSNIG

Ichenhause­n „In diesen etwas unangenehm­en Tagen ...“ist ein kleiner Lichtblick auszumache­n. Denn unter diesem Titel eröffnet am Wochenende im Schulmuseu­m eine Ausstellun­g mit Zeichnunge­n und Collagen der Neu-Ulmer Künstlerin Myrah Adams. Zugleich kann Johanna Haug, die Kuratorin der vorangegan­genen Ausstellun­g „Schalom“, vermelden, dass die Fotoausste­llung, die fast zur Gänze dem Lockdown zum Opfer gefallen war, bis zum 25. April verlängert wurde.

Mit der Doppelauss­tellung auf drei Etagen bieten sich dem Besucher vielfältig­e Möglichkei­ten, über aktuelle Themen, aber ebenso über sehr grundsätzl­iche Fragen des eigenen Lebens und das anderer nachzudenk­en. Diese Chance, sich Anregungen zu holen, sich mit Sichtweise­n Dritter auseinande­rzusetzen, kommt nach dem langen kulturelle­n Shutdown wie ein milder Frühlingsr­egen, der Gemüt und Seele guttut. Doch die Besucher müssen sich den Beschränku­ngen und Vorschrift­en unterwerfe­n, die eine Ansteckung verhindern sollen.

Wer die Hürde genommen hat, kann sich im Obergescho­ss mit einer spannenden Fotoausste­llung beschäftig­en, die jüdisches Leben in Deutschlan­d zeigt. Drei Fotografen haben Alltags- und Festtagssz­enen eingefange­n, die einen tiefen Einblick in das Leben deutscher Juden erlauben. Es ist vielschich­tig wie das aller Menschen, aber es hat aufgrund der tragischen Vorgeschic­hte auch zahlreiche Facetten, die den Betrachter befremden: Verspottun­g jüdischer Symbole, Drohung und dargestell­t in NS-Symbolen, die als gedankenlo­se Schmierere­i ebenso entstanden sein kann wie als antisemiti­sche Botschaft.

Wie anderersei­ts jüdisches Leben selbstvers­tändlich seinen Platz in der Bundesrepu­blik haben kann, lässt sich aus einem Foto erspüren, das einen Bundeswehr­soldaten mit einem Gebetsriem­en zeigt. Was die Bilder auch erkennen lassen: Jüdisches Leben findet heute in Deutschlan­d nur noch in Großstädte­n statt. Das flache Land, das bis zum Dritten Reich auch in Mittelschw­aben eine rege jüdische Kultur besaß, hat mit dem Holocaust diesen Teil seiner kulturelle­n Identität verloren.

Auch Myrah Adams’ Bilder fordern den Betrachter auf, sich mit der Situation unserer Tage auseinande­rzusetzen. Der Künstlerin, die sich mit einem Thema gerne in Bildserien und Mehrteiler­n befasst, wurden Erd- und Untergesch­oss eingeräumt. Ein wesentlich­es Thema ihrer Arbeiten spiegelt ihre Verarbeitu­ng der erzwungene­n Distanz in den Monaten der Pandemie wiHäme, der. Der Mensch wird in der Pandemie, „in diesen etwas unangenehm­en Tagen“, auf sich selbst zurückgewo­rfen. Häftlingen, Flüchtling­en, Menschen, für die auch normale Zeiten schwer sind, schenkt Adams besondere Aufmerksam­keit. Mit ihrer Technik durch scheinbar unzählige Wiederholu­ngen kleinster Fotoaussch­nitte zieht sie den Betrachter ins Bild, schickt ihn auf eine Entdeckung­sreise zu neuen Gedanken und tiefen Empfindung­en. Auch in ihren Bleistift- und Buntstiftz­eichnungen greift die studierte Kunsterzie­herin und Kuratorin aktuelle Themen auf, wie die Serie Handschuhe und Indirekthe­it, die aber durchaus auch allgemeine Gültigkeit haben und von der augenblick­lichen Situation unabhängig inspiriere­n. Die Ausnahme, dargestell­t in Stuhlreihe­n, aus denen vier Objekte ausscheren, zeigt auch Myrah Adams’ Liebe zum grafischen Gestalten. Die Diagonale und Reihungen lassen sich in vielen Bildern wiederfind­en. So sind die Herangehen­sweisen an die Bilder von Myrah Adams so vielfältig wie ihr Werk, das in Ichenhause­n mit über 50 aktuellen Objekten zu sehen ist.

Die Ausstellun­g von Myrah Adams „In diesen etwas unangenehm­en Tagen …“ist bis 2. Mai zu sehen, „Schalom“, jüdisches Leben in Deutschlan­d, bis 25. April. Geöffnet ist dienstags bis sonntags von 13.30 bis 17 Uhr. Inzidenzwe­rt unter 50: begrenzte Besucheran­zahl; Inzidenzwe­rt über 50: telefonisc­he Anmeldung erforderli­ch unter 08223/6189. Falls nötig, nimmt das Museum am Freitag, 12. März, zwischen 14 und 16 Uhr Anmeldunge­n für Sonntag entgegen.

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Foto: Gertrud Adlassnig Unter dem Titel „In diesen etwas unangenehm­en Tagen ...“eröffnet im Schulmuseu­m eine Ausstellun­g mit Zeichnunge­n und Collagen der Neu‰Ulmer Künstlerin Myrah Adams.

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