Mittelschwaebische Nachrichten

Geld bekommen, Autoteile nicht geliefert

Ein Mann aus dem Landkreis hat zwei Kunden Waren verkauft. Die beiden zahlten – doch von der Bestellung sahen sie nichts. Vor dem Amtsgerich­t Günzburg hat der Angeklagte jetzt eine Erklärung dafür parat

- VON JULIA GREIF

Landkreis Einen Sattel, StreamingL­autspreche­r oder auch einen Föhn: All das haben Kunden aus dem Kreis Günzburg allein dieses Jahr online bestellt, bezahlt – und nie erhalten. Die Meldungen der Polizei über solche Betrügerei­en häufen sich. Hier reiht sich der Fall ein, für den sich nun ein 26-jähriger Mann vor dem Amtsgerich­t Günzburg verantwort­en muss. Er hatte einem Kunden am 28. Mai 2020 über seine eigene Webseite einen Heckdiffus­or verkauft, ein Bauteil im Unterboden des Autos. Der Kunde überwies die geforderte­n 299 Euro. Im Juli kaufte ein weiterer Kunde Autoteile im Wert von 1350 Euro. In beiden Fällen soll nur das Geld, aber nicht die Ware den Besitzer gewechselt haben.

Weil die beiden Opfer aus Australien und einem Ort bei Hannover kommen, wurden sie nicht als Zeugen geladen. Deshalb legt Richterin Julia Lang dem Angeklagte­n in der Verhandlun­g nahe, auszusagen. Der kommt ohne Anwalt in den Gerichtssa­al. Er bestätigt, dass er die Produkte an die beiden Personen verkauft und die Ware nicht verschickt habe. „Da ist irgendwie etwas dazwischen­gekommen, das ist blöd gelaufen“, versucht er, sich zu erklären. Es habe Probleme gegeben. „Probleme wobei?“, will die Richterin genauer wissen. „Schlechte Buchhaltun­g“, gibt der Angeklagte schulterzu­ckend zu Protokoll. Doch das sei nicht sein erstes Vergehen dieser Art, sagt Richterin Julia Lang, es sei schon ein paar Mal vorgekomme­n. „Ein einziges Mal“, erwidert der Angeklagte. „Das war aber ein Kommunikat­ionsfehler.“

Sie hält dagegen: „Wenn Sie schon einen Eintrag im Bundeszent­ralregiste­r haben, dann ist das schon mehr als ein Kommunikat­ionsproble­m.“Im März 2017 hatte der Angeklagte bereits eine Motorhaube und eine Stoßstange nach dem Erhalt von 1900 Euro nicht ausgeliefe­rt. Damals war er wegen Betrugs zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Dazu kommt eine Vorstrafe wegen fahrlässig­er Gefährdung des Straßenver­kehrs aus dem Jahr 2014. Der Angeklagte sagt nun, er habe den aktuellen Opfern das Geld zurücküber­wiesen. Einen Nachweis dafür kann er vor Gericht allerdings nicht vorlegen.

Der gelernte Karosserie­bauer hatte sich mit einer Tuningwerk­statt selbststän­dig gemacht. Über die Internetse­ite verkaufte er auch Kfz-Produkte. Dabei verdiene er ungefähr 2900 Euro im Monat. Er wohne bei seinen Eltern und zahle 500 Euro Miete im Monat. Schulden habe er keine, die Geldstrafe­n aus den vergangene­n Verfahren seien bereits bezahlt.

Als Zeugin sagt eine Beamtin der

Polizei Günzburg aus. Das Opfer aus Australien hatte Anzeige wegen Betrugs erstattet. Mit der Beamtin hatte der Mann Kontakt gehalten. Als die Polizistin den Angeklagte­n kontaktier­te, schrieb dieser ihr, er sei krank. Dann sollte er einen Antwortbog­en ausfüllen und mit dem Geschädigt­en Kontakt aufnehmen. Doch bei diesem habe sich der Mann aus dem nördlichen Kreis Günzburg nie gemeldet. Der Angeklagte hält dagegen: Den Antwortbog­en habe er bis heute nicht erhalten. Richterin Julia Lang weist ihn darauf hin, dass er doch wusste, dass es ein Verfahren gibt. Darauf der Angeklagte: „Ja, scheiße gelaufen.“

Bei der Beweisaufn­ahme zitiert Richterin Julia Lang E-Mails der Kunden. Warum hat der Angeklagte nicht mehr reagiert? „Das weiß ich nicht mehr. Jeden Tag schreiben 20, 30 Leute“, sagte der Angeklagte. „Erstens: Ich habe noch nicht mal einen Anrufbeant­worter und zweitens hat mir keiner geschriebe­n – hab’ ich alles nachgescha­ut.“

Die Staatsanwä­ltin glaubt die Version, es habe Probleme gegeben, nicht. Einerseits spreche die E-Mail des Geschädigt­en dagegen, zudem habe der Angeklagte bereits zwei Vorstrafen. Für ihn spreche, dass er die vorherige Strafe bereits gezahlt habe und er die Taten zugebe. Dagegen stünden die hohe Summe und die einschlägi­ge Vorverurte­ilung. Sie fordert acht Monate auf Bewährung, die Erstattung des Geldes und eine Geldauflag­e von 2500 Euro.

Richterin Julia Lang verurteilt den Angeklagte­n zu einer Freiheitss­trafe von sechs Monaten auf Bewährung. Zudem werden die 1649 Euro als Wertersatz eingezogen, da der Mann die Rückzahlun­g nicht nachweisen konnte. Er muss 2000 Euro an den BRK-Kreisverba­nd Günzburg zahlen. Der Angeklagte sei bereits zweimal einschlägi­g vorbestraf­t. Weil er sich von einer Geldstrafe nicht habe bekehren lassen, sei jetzt eine Freiheitss­trafe notwendig. Positiv wertet sie, dass er noch zu keiner solchen verurteilt wurde. Zudem habe er sich einen Betrieb aufgebaut, das solle eine Haftstrafe nicht gefährden. Der Angeklagte will Rechtsmitt­el einlegen.

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Symbolfoto: Bernhard Weizenegge­r
Weil er bestellte und bezahlte Autoteile nicht geliefert hatte, stand ein Mann vor dem Amtsgerich­t in Günzburg. Symbolfoto: Bernhard Weizenegge­r

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