Mittelschwaebische Nachrichten
Verstöße bei QuerdenkenDemo: Organisator vor Gericht verurteilt
Weil er sich weigerte, bei einem Protestzug in Günzburg die Corona-Maßnahmen umzusetzen, muss ein 28-Jähriger vor Gericht. Dort verbreitet er Verschwörungsmythen über die Pandemie
Günzburg Die sogenannten Querdenker sehen bekanntlich bei ihren Protesten gegen die Corona-Maßnahmen das Gesetz auf ihrer Seite. Sie sehen im Kampf gegen die Pandemie einen Verstoß gegen ihre Grundrechte. Die meisten Gerichte sehen das anders. Und auch in Günzburg musste die lokale Querdenker-Szene jetzt eine Niederlage einstecken.
Angeklagt ist ein 28-Jähriger, der zunächst in Krumbach, später auch in Günzburg Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen organisiert hat. Als Teil der Gruppe „Querdenken Günzburg – Agape – Krumbacher Wandeltage“veranstaltet der Mann regelmäßig Kundgebungen im gesamten Landkreis. Im Zentrum des Gerichtsverfahrens steht eine Demonstration, die am 17. November unter der Bezeichnung „Aufhebung aller Corona
Maßnahmen“in Günzburg stattfand. Weil die eigentliche Versammlungsleiterin nicht vor Ort war, sollte der Angeklagte als ihr Stellvertreter die vom Landratsamt Günzburg angeordneten Maßnahmen durchsetzen. Laut Anklage hatte er den entsprechenden Bescheid vor Ort aber gar nicht dabei. Zudem weigerte der 28-Jährige sich trotz Drängens der Polizei, auf Mindestabstand und Maskenpflicht hinzuweisen. Wegen dieser Verstöße muss sich der Mann nun also vor Gericht verantworten.
Am Amtsgericht herrscht zu diesem Termin erhöhte Alarmbereitschaft. Ein Wachtmeister begleitet den Angeklagten. Mehrere Anhänger aus der Querdenken-Szene lässt Richter Martin Kramer nicht in den Sitzungssaal, weil aufgrund der Corona-Pandemie eine Obergrenze für Zuschauer gilt und die Besucher keine Masken tragen. Auch der Angeklagte sitzt ohne Maske an seinem
Platz – als Einziger im gesamten Saal. Einen Rechtsanwalt zu seiner Verteidigung hat der Mann nicht. Er verteidigt sich selbst. „Der Bescheid vom Landratsamt war rechtlich nicht einwandfrei“, beginnt er. Die Anweisungen darin hätten gegen das Grundgesetz verstoßen. Daher wollte er die Teilnehmer der Demo nicht dazu auffordern, sich aus seiner Sicht strafbar zu machen. „Das ist aber Ihre Aufgabe als Versammlungsleiter. So haben Sie sich ja strafbar gemacht“, entgegnet der Richter.
Die Vorwürfe gegen den Angeklagten bestätigt auch der als Zeuge geladene Einsatzleiter der Polizei. Er betont auch: Es wäre ein Leichtes gewesen, die Anweisungen zu befolgen. Bei nur acht Teilnehmern sei das Abstandhalten problemlos möglich gewesen. Doch dem Angeklagten geht es um Grundsätzliches. Er sieht sich als Opfer der Staatsgewalt. In seinem letzten Wort spricht er von massiven Grundrechtsverletzungen und leugnet die Existenz der Corona-Pandemie. Sie sei nur eine Verschwörung der Medien und der Politik. Als er auch noch den Propagandaminister des Nazi-Regimes, Joseph Goebbels, zitiert, wird es dem Richter zu bunt. „Passen Sie auf, mit wem Sie sich hier in ein Boot setzen“, warnt Kramer.
Der 28-Jährige wird zu einer Geldstrafe in Höhe von 1125 Euro verurteilt. Im zunächst verhängten Strafbefehl, gegen den der Mann Einspruch eingelegt hatte, waren es noch 900 Euro gewesen. So oder so, da der Angeklagte nach eigener Aussage seit Längerem von Hartz IV lebt, trifft ihn die Strafe. Er will nun gegen das Urteil des Amtsgerichts vorgehen. Richter Kramer kommentiert das lakonisch: „Karlsruhe freut sich sicher schon darauf, wenn Sie kommen und zur Erhellung bei der Auslegung der Grundrechte beitragen.“