Mittelschwaebische Nachrichten
Sauter und die Unschuldsvermutung
Zur Berichterstattung über die Masken Affäre:
Der ehemalige bayerische Justizminister Alfred Sauter beklagt, dass ihm gegenüber „[…] die Unschuldsvermutung […] anscheinend nicht mehr ernst genommen wird“(Günzburger Zeitung vom 23. März). Träfe dies zu, wäre ein fundamentaler Verfassungsgrundsatz verletzt. Einerseits. Andererseits: Geht es in der Causa Sauter wirklich um diese Unschuldsvermutung? Vom Prinzip der Unschuldsvermutung wird das staatliche Strafverfahren beherrscht, also das Kriminalstrafrecht (zum Beispiel Vorteilsannahme, Bestechlichkeit): Die Strafverfolgungsbehörde hat dem Angeklagten dessen Schuld nachzuweisen, nicht der Angeklagte seine Unschuld. Alfred Sauter nimmt mit seiner Berufung auf die Unschuldsvermutung in Anspruch, nicht straffällig geworden zu sein – bis zum Beweis des Gegenteils.
Jede Studentin und jeder Student der Rechtswissenschaft hat während seines Studiums das berühmte Diktum des großen deutschen Strafrechtslehrers Franz v. Liszt (Mitbegründer einer modernen Strafrechtsdogmatik, 1851-1919) gehört: Das Strafgesetzbuch ist die „Magna Charta des Verbrechers“. Heißt: Was nicht ausdrücklich und klar umrissen im Strafgesetzbuch als Delikt beschrieben ist, ist (strafrechtlich) erlaubt. Der mit Gedanken spielende potenzielle Täter kann sich also (mithilfe rechtskundiger Beratung) genau darüber informieren, bis zu welcher Grenze er gehen darf. Kann dieser schmale Grat für Land- und Bundestagsabgeordnete der Maßstab ihres politischen Handelns sein?
Die Antwort ist: Nein. Das Lamento über Vernachlässigung der strafrechtlichen Unschuldsvermutung verkennt die Maßstäbe für politische Mandatsträger. Die sind: ein moralischer Standpunkt, Sachkunde, Einsatz und Engagement für die Belange ihrer Wähler. Charakterlosigkeit, Substanzlosigkeit, Unfähigkeit sind keine Straftatbestände. Aber eine Partei, die ihren Mandatsträgern die „Magna Charta des Verbrechers“(Franz v. Liszt) zugesteht, ist nicht wählbar.
Martin Lipp, GünzburgReisensburg nicht versteht, dass in unserem Wertesystem ein Mandatsträger eine gesellschaftliche Notlage nicht ausnutzen darf, um sich selbst zu bereichern, hat meines Erachtens gar nichts verstanden und muss die Konsequenzen tragen.
Dazu gehört auch, sich selbst die Schuld einzugestehen, sich zu entschuldigen und zu versuchen – soweit es geht – Dinge wieder „gutzumachen“. Hierzu ist allerdings erforderlich, dass vermeintliche Opfer begreifen, dass sie in Wahrheit Täter sind.
Volkhard Schreiner, Leipheim und war. Schon zu früherer Zeit hat es immer wieder dazu Anlass über alle Parteigrenzen hinweg gegeben – und wohlgemerkt alle Parteien waren sich dann immer wieder sehr schnell einig, das „Problem“in völliger Eintracht zu begraben. Keine Partei, auch die Vertreter, welche sich jetzt so entrüstet geben, haben sich jemals nachdrücklich dafür eingesetzt, den Missbrauch zu unterbinden!
Dabei wäre es so einfach: Ein Volksvertreter mit teils erklecklichen monatlichen Bezügen, die teilweise auch noch sozialabgabenbefreit sind, sollte sich wirklich entscheiden, bevor er ein solches Amt anstrebt. Mit den bekannten Bezügen und Vergünstigungen nagt keiner am „Hungertuch“.
Also gibt es nur eine ehrliche Entscheidung, die es zu fordern gilt: 1. Entweder ich werde Volksvertreter und bin zufrieden mit der finanziellen Ausstattung oder ich gehe in die freie Wirtschaft und ackere, wie alle anderen dort, um mir das zu erarbeiten, was ich für meinen erstrebten Status erwarte. 2. Wenn ich Abgeordneter bin, dann zu 100 Prozent und es gibt 0,0 Prozent Möglichkeit, noch anderweitig Geld einzusacken. Eine Regelung einer Anzeigepflicht ab 100.000 Euro gescheffeltes Geld ist der blanke Hohn! Wenn jetzt ein Herr Aiwanger sich auch noch jüngst darüber aufregt, dass man den Preis für Masken diskutiert, kann ich mich nur noch an die Stirn tippen. Der Steuerzahler hat mit seinem Geld die Masken für ein, zum Teil, sündhaft teures Geld im Open-House-Verfahren erstanden und dafür werden ihm diese Masken jetzt zum zweiten Mal verkauft. Hoffentlich wird jetzt, über alle Parteigrenzen hinweg, restlos ausgemistet!
Werner Rausch, Dürrlauingen