Mittelschwaebische Nachrichten

Bis zu 10.000 Schnelltes­ts am Montag an Schulen

Wie sich Verantwort­liche auf diese Mammutaufg­abe im Landkreis Günzburg vorbereite­t haben. Was die größten Herausford­erungen sind. Und was Schulamtsd­irektor Thomas Schulze überhaupt nicht nachvollzi­ehen kann

- VON TILL HOFMANN

Wie sich Verantwort­liche im Kreis Günzburg vorbereite­t haben und was die größten Herausford­erungen sind.

Günzburg Der Schnelltes­t an Schulen ist nach den Osterferie­n keine Frage der Freiwillig­keit mehr. Wenn sich bei der Sieben-Tage-Inzidenz im Landkreis Günzburg nichts Wesentlich­es ändert und der Wert am Freitag unter 100 bleibt, wird es von Montag an für alle Klassenstu­fen in der Regel Wechselunt­erricht geben. In die Schule kann aber nur, wer den gebotenen Schnelltes­t wahrnimmt. Alternativ kann das bescheinig­te Ergebnis eines PCR-Tests oder eines Antigen-Schnelltes­ts vorgelegt werden, das aber nicht länger als 48 Stunden zurücklieg­en darf.

Ein kultusmini­sterielles Schreiben zu dieser neuen, am Mittwoch in München von Fachminist­er Michael Piazolo und Ministerpr­äsident Markus Söder verkündete­n Situation, hatte das Staatliche Schulamt in Krumbach am Donnerstag­vormittag noch nicht. Das letzte, das Schulamtsd­irektor Thomas Schulze in diesem Zusammenha­ng erhalten hat, betrifft die „Notbremsen­regelung“bei einer Inzidenz von über 100. Dann dürfen nur die Abschlussk­lassen weiterführ­ender Schulen, die Jahrgangss­tufe 11 am Gymnasium und die vierten Klassen der Grundschul­e im Wechselunt­erricht in die Schulen kommen – außer die Einhaltung des Mindestabs­tandes ist gewährleis­tet: dann ist die volle Präsenz der Schüler möglich. Aber auch dann besteht wie bei der „Unter-100-Regelung“fortan eine Testpflich­t.

Schulze versteht, dass das Schreiben aus dem bayerische­n Kultusmini­sterium noch nicht eingetroff­en ist. „Die Infektions­lage ist so dynamisch, da wird die Halbwertsz­eit jeder politische­n Vorgabe verdammt knapp und man muss flexibel sein“, sagt er. Auch deshalb sieht er die Schulen im Landkreis Günzburg vor großen Herausford­erungen, aber gleichsam gut vorbereite­t auf das, was jetzt kommt.

Einen Testlauf für diese neue Phase an den Schulen hat es im Landkreis Günzburg bereits am Freitag vor den Osterferie­n gegeben. Über alle Schularten hinweg hätten 1400 Schülerinn­en und Schüler teilgenomm­en. Vor den Schnelltes­ts wurden Informatio­nsvideos gezeigt, wie der Test korrekt angewandt wird. „Es gab überhaupt keine negativen Rückmeldun­gen. Ich habe keine Nachrichte­n über Pannen oder Probleme erhalten. Gar nichts. Das stimmt mich zuversicht­lich, dass es funktionie­ren wird“, sagt Schulze.

Fast 17.600 Schüler an 71 Schulen sind im Kreisgebie­t daran beteiligt: 26 Grundschul­en mit 4203 Schülern, die private Montessori-Schule (Grund- und Mittelschu­le, 172 Schüler), neun Mittelschu­len mit 2096 Schülern, sieben Realschule­n mit 2917 Schülern, acht Gymnasien und die FOS/BOS mit 3993 Schülern, sieben Förderzent­ren mit 1414 Schülern sowie 13 Berufsschu­len und berufliche Schulen mit insgesamt 2776 Schülern.

Das Testprogra­mm startet wegen des Wechselunt­errichts in vielen

Klassen nicht bei allen gleichzeit­ig. Außerdem hofft Schulze, dass der Anteil derjenigen, die sich nicht testen lassen wollen (und somit nicht den Präsenzunt­erricht besuchen dürfen), möglichst gering ausfällt.

Insgesamt werden am Montagmorg­en zwischen 7000 und 10.000 Testkits benötigt, nennt der Schulamtsd­irektor eine Größenordn­ung. Das „ist noch eine ganz andere Dimension, als das noch beim Probelauf vor zwei Wochen war. Das ist mir auch klar.“

Lehrer würden die Schnelltes­ts nur beaufsicht­igen. Es ist ein reiner Selbsttest mit Stäbchen, die eigens ausgetausc­ht worden sind und für Laien geeignet seien. „Eine Lehrkraft muss nur dann eingreifen, wenn sich ein Kind oder Jugendlich­er zu verletzten droht.“

Der Schulamtsd­irektor schätzt, dass für die Tests die erste Unterricht­sstunde benötigt wird. Die Prüfung auf eine Coronaviru­s-Infektion werde üblicherwe­ise dezentral in den Klassenzim­mern durchgefüh­rt.

Andere Ideen gebe es auch, sie seien aber nicht oder allenfalls ineffizien­t umsetzbar. „Bis alle Schüler einer großen Schule durch ein vor dem Schulgebäu­de aufgestell­tes Testzelt durchgesch­leust worden wären, könnten sie fast schon wieder nach Hause gehen“, nennt Schulze ein Beispiel.

Sollte das Ergebnis eines Selbsttest­s an der Schule positiv ausfallen, muss der betreffend­e Schüler isoliert werden und steht unter Aufsicht, bis die Eltern die Tochter oder den Sohn abholen. Das bindet personell

Ressourcen. Und die Problemati­k der Stigmatisi­erung ist damit auch nicht gelöst. „Natürlich nehmen wir die Elternbede­nken in dieser Beziehung ernst. Aber wir hatten auch schon während der ersten Welle solche Fälle an den Schulen. Lehrkräfte können mit der Situation umgehen.“

Über 70.000 Testkits sind in der Woche vor den Osterferie­n an die Schulen ausgegeben worden. Fürs Erste dürfte es deshalb keinen Engpass geben. Und auch für Nachschub ist gesorgt, „um eine entspreche­nde Testfreque­nz – zweimal pro Woche – zu halten“, heißt es aus dem Mund des Schulamtsd­irektors. Jeden Donnerstag­nachmittag sei eine Ausgabeste­lle in Günzburg geöffnet. Dort könnten Schulen den für 14 Tage gemeldeten Bedarf abholen.

Als größte Herausford­erung bezeichnet Thomas Schulze die Selbsttest­willigkeit der Schülerinn­en und Schüler. Über alle Schularten hinweg habe der vor einigen Wochen bei ungefähr 55 Prozent gelegen. Im Grundschul­bereich fiel die Quote etwas geringer aus, bei weiterführ­enden Schulen lag sie höher.

Noch ist nicht klar, wie diejenigen mitlernen können, die sich nicht testen lassen wollen. „Sehr dezidierte Nachfragen“richteten Eltern bereits an das Schulamt. „Da fehlen uns noch klare Regeln des Kultusmini­steriums.“Selbstvers­tändlich würden die Lernplattf­ormen maßgeblich genutzt. Das aber biete keinen vollwertig­en Ersatz zu einem guten Distanzunt­erricht oder gar einem Präsenzunt­erricht, sagt Schulze, der nicht nachvollzi­ehen kann, warum sich manche gegen die Selbsttest­s sträubten. Nicht nur am Probelauf vor Ostern, sondern auch am eigenen Nachwuchs erkennt der Schulamtsd­irektor, dass „Kinder damit umgehen können und ein Gespür für ihren Körper haben“.

Eine Demonstrat­ion gegen die Schnelltes­ts an Schulen ist seinem Kenntnisst­and zufolge an diesem Sonntag um 11 Uhr vor dem Schulamt in Krumbach geplant – von einer Gruppe, die sich rund um Balzhausen und Thannhause­n formiere. Die Regierung von Schwaben, das Landratsam­t und die Polizei habe er über seine Informatio­nen in Kenntnis gesetzt.

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Foto: Sebastian Gollnow/dpa In anderen Bundesländ­ern wie Rheinland‰Pfalz hat der Schulunter­richt im Wechselbet­rieb begonnen – begleitet unter anderem von Schnelltes­ts. Im Landkreis Günzburg geht es am Montag los.

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