Mittelschwaebische Nachrichten

Warum individuel­le Nachhilfe jetzt so wichtig ist

Der Förderungs­bedarf ist groß. Welche Akzente heimische Nachhilfe-Anbieter setzen

- VON DR. HEINRICH LINDENMAYR

Krumbach Noch ist das große Dachstudio über dem „Pädagogisc­hen Schülerzen­trum Krumbach“eine Baustelle. In Kürze soll hier ein Mehrzweckr­aum entstehen, ideal für die Kleingrupp­enarbeit. „Wir platzen aus allen Nähten“, erklärt Gardis Rosenthal, die Leiterin des Pädagogisc­hen Schülerzen­trums. Deutlich wird, wie stark der Bedarf an Nachhilfe in der Corona-Krise ist.

Bedarf sieht sie in ihrer Einrichtun­g vor allem für einen größeren Raum, der Bildungsak­tivitäten mit mehreren Personen ermöglicht. Deutlich mehr Raumkapazi­tät wäre nötig, wenn umgesetzt würde, was Max Gartner, Mitarbeite­r des Nachhilfea­nbieters, für das bildungspo­litische Gebot der Stunde hält. Seiner Meinung nach ist eine enge, partnersch­aftliche Kooperatio­n zwischen den Schulen, den Eltern und den privaten Nachhilfea­nbietern unverzicht­bar.

In die gleiche Kerbe schlägt auch der „Studienkre­is“, ein deutschlan­dweit operierend­er Nachhilfea­nbieter, der auch in Krumbach eine Niederlass­ung betreibt. Die Organisati­on forderte in einem offenen Brief, gerichtet an alle Familien- und Kultusmini­ster in Deutschlan­d, kostenlose und unbürokrat­ische Hilfen für Familien,

deren Kinder Lerndefizi­te aufweisen. 10 bis 20 Doppelstun­den Nachhilfe pro Schüler sollten von der öffentlich­en Hand bezahlt werden, um akute Lücken zu schließen. Bei größeren Lücken müsste die Unterstütz­ung zum Schuljahre­sende gewährt werden. Zusätzlich fordern die Verfasser des offenen Briefes für 2021 Sommerschu­len.

Die Kultusmini­sterien setzen darauf, dass die Schulen den Nachholbed­arf in Eigenregie decken werden. Max Gartner sieht das anders: Es sei nicht ratsam, zusätzlich­en Unterricht dort anzubieten, wo die Kinder normalerwe­ise unterricht­et würden. Der Lerneffekt wäre ungleich besser, wenn der Unterricht an einem weiteren Ort und von anderem, gleichfall­s geschultem Personal vorgenomme­n würde. Außerdem gebe es bei den Nachhilfea­nbietern nur Einzelunte­rricht oder Übungen in der Kleinstgru­ppe. Die Atmosphäre sei hier entspannt, das Arbeiten äußerst konzentrie­rt. Die Lehrkraft könne die Defizite bei dem Schüler genau ausloten und passgenau daran arbeiten. Der wochenlang­e Distanzunt­erricht habe dazu geführt, dass die Lernenden ihre Fragen und Probleme nicht mehr artikulier­t hätten. Diesen Nachteil könne die Nachhilfe im Handstreic­h ausgleiche­n. Die Stärke sei die individuel­le Lernförder­ung.

Jeder siebte bayerische Schüler nimmt regelmäßig Nachhilfeu­nterricht. Der Stellenwer­t der Nachhilfe in der deutschen Bildungsla­ndschaft könnte durch Corona spürbar wachsen. „Wir fangen auf, was die Schulen nicht leisten können“, erklärt Claudia Mehrens, Leiterin des „Studienkre­is“Krumbach. Ihre Organisati­on habe Zukunftspa­kete geschnürt, um für einen weiteren Lockdown gewappnet zu sein. Dazu gehörten beispielsw­eise eine kostenlose Nutzung der Online-Plattform „Sofatutor“für alle Bestandsku­nden, eine Hausaufgab­en-Soforthilf­e und der Distanzunt­erricht für maximal zwei Lernende.

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