Mittelschwaebische Nachrichten
NüßleinNachfolge: KreisCSU setzt auf Dümmler
Bis zuletzt hatte sich die Partei bei der Kandidatenauswahl bedeckt gehalten. Anwältin aus Krumbach setzt sich gegen Günzburger Arzt durch. Wie es nun weitergeht und was die 44-Jährige von Nüßlein und Sauter erwartet hätte
Günzburg
Eine Rechtsanwältin und ein Arzt haben am Donnerstagabend zweieinhalb Stunden lang um die Gunst des Günzburger CSUKreisverbands geworben. Beide, Julia Dümmler aus Krumbach und Dr. Stefan Waibel aus Günzburg, wollten die Nachfolge von Georg Nüßlein (Münsterhausen) antreten, der in die Maskenaffäre tief verstrickt ist und deshalb für den Wahlkreis Neu-Ulm für den Bundestag nicht mehr antritt, ja sogar aus der CSU ausgetreten ist. Dümmler hat mit „respektabler Mehrheit“den harmonischen Zweikampf für sich entschieden.
Ein genaues Ergebnis der gut 70 Stimmberechtigten – neben dem Kreisvorstand waren die Ortsverbände, die CSU-Arbeitsgemeinschaften und die Kreisräte vertreten – wollte der stellvertretende Kreisvorsitzende Georg Schwarz nicht nennen. Seine Stimme klang am späten Abend am Telefon ein wenig aufgekratzt und euphorisch: „Es war eine sehr erfreuliche und umfangreiche Diskussion.“
Zunächst hatten sich die zwei Bewerber vorgestellt. Danach wurden sie von den CSU-Kreisverbandsmitgliedern mit Fragen gelöchert – welchen politischen Schwerpunkt sie haben, wo sie Probleme und Herausforderungen im Landkreis Günzburg sehen. Auch die private Situation und Fragen nach ihrer Motivation wurden bei der Videokonferenz nicht ausgespart. „Es sind wirklich sehr gute Kandidaten“, findet Schwarz. „Wir wünschen uns, dass uns beide erhalten bleiben in der CSU“, bekräftigte er und setzte hinzu: „Ich hätte nicht gedacht, dass wir so qualifizierte Bewerber präsentieren können.“
Das klang nach mehr als nur Zweckoptimismus. „Unsere Chancen sind nicht schlecht, wenn es wirklich darum geht, einen qualifizierten Bewerber zu bringen. Unsere Kandidatin ist unbelastet, eine Newcomerin und steht für einen wirklichen Neuanfang. Sie abzulehnen, nur weil sie aus dem Landkreis Günzburg kommt, halte ich für falsch.“
Beide Bewerber sind CSU-Mitglieder, aber für ihre Partei bislang noch nicht übermäßig in Erscheinung getreten. Sie sitzen weder in einem Stadtrat noch im Kreistag. Dümmler, 44, gehört dem Ortsverband Krumbach an und ist seit Beginn dieses Jahres stellvertretende Ortsverbandsvorsitzende. Waibel ist Günzburger CSU-Mitglied und hat in der Stadt eine neurologische Praxis. Die Wege ins Herz der CSU wären denkbar kurz gewesen. Waibel praktiziert im selben Haus, in dem auch die Kreis-CSU ihre Geschäftsstelle hat, die vor Kurzem noch wegen Durchsuchungen der Büroräume von Nüßlein und Alfred Sauter im Zusammenhang mit der Maskenaffäre bundesweit in den Fokus gerückt ist.
Dümmler freute sich, dass ihr der Kreisverband Günzburg das Vertrauen geschenkt hat, und nahm gleich den „Makel Günzburg“auf. „Ich hoffe, dass bei der entscheidenden Abstimmung die regionale Herkunft eines geeigneten Kandidaten weniger eine Rolle spielt“, sagte sie gegenüber unserer Redaktion. Diese Entscheidung wird am 29. April fallen. Der Ort ist noch nicht bekannt. Dass sie als Frau antritt – bei den Neu-Ulmern stehen ausschließlich Männer zur Wahl –, „könnte möglicherweise ein Vorteil für uns sein“, schätzt Dümmler selbst ein und ergänzt im selben Atemzug: „Das Geschlecht sollte als Qualifikation nicht ausschlaggebend sein. In meinem Alter habe ich bereits ein gutes Stück an Berufs- und Lebenserfahrung, bin aber noch jung genug, um diesen Neuanfang zu wagen. Ich möchte für den gesamten Wahlkreis da sein.“
Ein Teilnehmer der Videokonferenz fragte nach den Schwächen Dümmlers. „Da bin ich mir wie im Bewerbungsgespräch vorgekommen. Das hängt von Situationen und Lebenslagen ab. Mal bin ich zu ungeduldig, mal zu perfektionistisch, mal zu aufbrausend.“
Und wie beschreibt die Günzburger Kandidatin aus Krumbach ihre Stärken? „Ich bin eine sympathische Freundin, eine kompetente Anwältin und eine liebevolle Mutter. All diese Stärken und auch die Schwächen machen mich aus – und so möchte ich für die Wähler da sein. Ich will mich nicht verstellen.“Nach 15 Berufsjahren als Rechtsanwältin glaube sie sagen zu können, „dass ich mich mit den Problemen der Menschen auseinandersetzen und sie für sie lösen kann“. Weder Nüßlein noch Sauter kennt sie persönlich. Als Juristin hebt Dümmler die Unschuldsvermutung hervor. „Aber ich hätte mir von beiden unabhängig von ihrer persönlichen rechtlichen Einschätzung ein Wort der Entschuldigung zumindest gegenüber ihrer Partei gewünscht, die sie in eine solche Lage gebracht haben.“Warum tritt die 44-Jährige ausgerechnet in dieser Situation an? Da gibt es einen ganz pragmatischen Grund: Weil sich die Gelegenheit durch den Nüßlein-Abtritt überhaupt erst ergibt. Julia Dümmler beantwortet es philosophisch: „Wenn die Nacht am tiefsten ist, ist der Morgen am nächsten.“
Und so sieht es in den beiden anderen CSU-Kreisverbänden aus, die wie Günzburg mit ihren Delegierten endgültig festlegen, wer für die CSU im Bundeswahlkreis Neu-Ulm (dazu gehören die Landkreise Günzburg, Neu-Ulm und Teile des Unterallgäus) in den Wahlkampf ziehen soll:
● Unterallgäu Während die Günzburger am Donnerstag als erster Kreisverband mit ihrer Kandidatin die Karten auf den Tisch gelegt haben, bestimmten die Unterallgäuer zeitgleich, welche Delegierten ihre Region am 29. April vertreten werden. Die CSU dort weist den geringsten Delegiertenanteil (21) im Vergleich zu den beiden anderen