Mittelschwaebische Nachrichten
Das Comeback des Briefes
Warum Politiker die alte Kulturtechnik entdecken
Trump und Kim Jong Un haben es auch getan. Geradezu schwärmerisch soll ihre Briefkorrespondenz gewesen sein. Nun erklärt der britische Historiker Simon Sebag-Montefiore in einem Interview, auch Putin setze auf die alte Kulturtechnik. Nicht aus Liebhaberei versteht sich. Auch nicht, weil er seinen Schreiben besondere persönliche Noten mitgeben will. Nein, Russlands Präsident ordne alles nur noch per Brief an, weil es ihm als der sicherste Weg erscheint. Klar, ist die Welt doch voll von Datenräubern und Feinden.
Simon Sebag-Montefiore weist aber in der Welt noch auf einen anderen Grund hin, warum er überzeugt davon ist, dass das Briefeschreiben wiederentdeckt wird. Nicht nur von Staatsmännern. Nicht nur für Staatstragendes. Er sagt: „Das Internet ist einsam; ein Brief hat einen Funken Leben.“Diesen Satz darf man als Aufforderung verstehen. Gerade jetzt. In dieser kontaktarmen Zeit. Schönes Papier gesucht. Schönen Stift oder Füller herausgekramt. Und per Hand der Liebsten, dem Liebsten, Freundin, Freund, Oma, Opa ein paar Zeilen schreiben.
Dass das immer wieder totgesagte Briefeschreiben noch Anhänger hat, zeigt im Übrigen auch die Meldung, dass 90 Exemplare der ersten Briefmarke Bayerns und Deutschlands von 1849 am Wochenende in Wiesbaden für 240000 Euro versteigert worden seien. Erinnerungen an die gute alte Zeit? Nun, alles war da nicht gut. Aber das Schöne, das persönliche Briefeschreiben, das könnte man sich bewahren. Oder wenigstens die Mail stilvoller formulieren. Im ganz alten Stil übergibt Putin vielleicht seine Briefe. Persönlich also. Möglich wäre mittels Pferd. Aus Sicherheitsgründen. Denn er weiß bestimmt: Abgefangen, aufgemacht, abgefackelt wurden Briefe schon immer gerne...