Mittelschwaebische Nachrichten
Solidarität in Krisenzeiten
Was der Deutsche Gewerkschaftsbund angesichts der Belastung der Menschen für wichtig hält. Kritik an der jüngsten Kundgebung vor dem Schulamt in Krumbach
Die Corona-Krise belastet die Arbeitnehmer massiv. Wie positioniert sich der Deutsche Gewerkschaftsbund? Wir sprachen mit DGB-Vertretern.
Landkreis Eine Gesellschaft, die in der Corona-Dauerkrise unter Hochspannung steht, Menschen, die „am Anschlag“arbeiten, Betriebe, in denen sich Existenzängste breitmachen: Es sind Themen, die die Arbeit der Gewerkschaften derzeit nachhaltig prägen. Wie positioniert sich der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in dieser turbulenten Zeit? Welche Botschaft hat der DGB zum 1. Mai, dem traditionellen Tag der Arbeit? Kreisvorsitzender Werner Gloning betont, dass die Stärkung der Tarifbindung gerade jetzt sehr wichtig sei. Kritische Worte findet er mit Blick auf den Verlauf der jüngsten Krumbacher Kundgebung gegen die staatliche CoronaPolitik.
Von der Gruppierung „Eltern stehen auf“war am vergangenen Sonntag erneut eine Aktion vor dem Krumbacher Schulamt organisiert worden (wir berichteten). Die Teilnehmenden kritisierten unter anderem massiv die Corona-Testpflicht in den Schulen. Redner Engelbert
Die Lage in den Intensivstationen
Schmid sprach unter anderem die bevorstehende Bundestagswahl an. Es sei eine Briefwahl zu befürchten und womöglich ein „Betrug, wie wir das in den USA gesehen haben“. Der DGB-Kreisvorsitzende Werner Gloning kritisierte Schmids Rede im Gespräch mit unserer Redaktion zum Thema 1. Mai massiv.
Es sei bedauerlich, dass offenbar viele der sogenannten QuerdenkenBewegung „auf den Leim gehen“würden und das dort verbreitete rechtslastige Gedankengut übersehen würden. Die Ausführungen von Engelbert Schmid, dass die Zahlen für die Intensivstationen von offizieller Seite „getrickst“seien, wies der Krumbacher DGB-Ortsvorsitzende Peter Tschochohei (er ist selbst in der Klinik Krumbach tätig) mit Nachdruck zurück. Er könne aus eigener Erfahrung berichten, dass das Klinikpersonal regelrecht am Anschlag arbeite und die Auslastung der Intensivstation in Krumbach sehr hoch sei.
Beide DGB-Vertreter betonen, dass es in dieser so lang anhaltenden Krise vor allem auf gesellschaftliche Solidarität ankomme. Zum 1. Mai möchte der DGB in diesem Sinn ein Zeichen setzen. Massiv bemerkbar mache sich an vielen Stellen der Mangel an Pflegepersonal. Viele würden, so Gloning und Tschochohei, „am Limit arbeiten“. Zu befürchten sei, dass viele angesichts der Dauerbelastung auch früher aus dem Beruf ausscheiden müssten oder wollten. Für den Pflegebereich eine ausreichende Finanzgrundlage zu schaffen: Beide sehen dies als eine vordringliche gesellschaftliche Aufgabe. Die Corona-Krise habe aber beispielsweise auch Geringverdiener, geringfügig Beschäftigte oder auch Soloselbstständige massiv getroffen. Gloning und Tschochohei befürchten einen regelrechten „Sturmangriff“auf die sozialen Sicherungssysteme. Gleichermaßen sehen sie Möglichkeiten, diese Systeme dauerhaft solide zu finanzieren. Notwendig sei eine Bürgerversicherung, bei der alle Einkommen herangezogen werden sollen. Dies sei ein Ausdruck der sozialen Gerechtigkeit. Sie plädieren ferner für eine Vermögensabgabe, die lediglich von einem Prozent, den Reichsten in der Bevölkerung, zu entrichten wäre. Aber mit diesem Instrument könnten rund 20 Milliarden Euro pro Jahr bereitgestellt werden.
Für die Arbeitnehmer bleibe die Tarifbindung sehr wichtig. Gloning und Tschochohei verwiesen auf das Beispiel Lingl. In der insolventen Krumbacher Firma hatten vor der Übernahme durch die Oberpfälzer Familie Schug bekanntlich 138 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verloren. Die beiden Gewerkschaftsmitglieder erklären, dass ohne die Präsenz der Gewerkschaft und eines starken Betriebsrates die Folgen der Insolvenz sicherlich heftiger ausgefallen wären.
In Sachen Tarifbindung sei der Landkreis Günzburg nach wie vor ein „Entwicklungsland“. Deutschlandweit seien noch rund 50 Prozent der Betriebe in der Tarifbindung engagiert, im Kreis Günzburg sehe es schlechter aus. Ähnlich sei das Bild beim Thema Betriebsräte. Tschochohei und Gloning verweisen darauf, dass es mit Blick auf die Bayerische Verfassung und das Betriebsverfassungsgesetz hier klare Bestimmungen gebe. Unternehmen, die den Aufbau eines Betriebsrates unterdrücken, dürften beispielsweise keine öffentlichen Aufträge mehr erhalten, fordern die beiden DGBVertreter. Wichtig sei aber auch, dass sich die Beschäftigten selbst für den Aufbau von Betriebsräten einsetzen. Bei der Corona-Bekämpfung sollten die Betriebe noch stärker als bisher in die Pflicht genommen werden. Gloning spricht sich für eine
Corona-Testpflicht in Betrieben aus. Doch wie kann der DGB in dieser Krisenzeit mit seiner Botschaft die Menschen erreichen? Am Freitag, 30. April wird es ab 18 Uhr eine virtuelle Maikundgebung geben. Diese organisieren die DGB-Kreise Günzburg, Neu-Ulm und Ulm/AlbDonau gemeinsam. Redner ist Werner Gloning, der auch langjähriger Vorsitzender der ehemaligen DGBRegion Allgäu-Donau-Iller ist. Der Zugang zu dieser virtuellen Veranstaltung ist über die Internetplattform Zoom, die man sich im Vorgriff auf die Veranstaltung herunterladen sollte, möglich. Die Zugangsdaten sind auf der Internetseite www.schwaben.dgb.de zu finden. Am Krumbacher Marktplatz wird es am Freitag, 30. April zwischen 9 Uhr und 11 Uhr einen „Infopfad“mit verschiedenen Plakaten (unter anderem zum Thema Solidarität und Tarifbindung) geben.
Was der DGB zum 1. Mai plant