Mittelschwaebische Nachrichten
Sie will den Ärmsten in Peru helfen
Henriette Söll wird in einigen Monaten eine dreijährige Arbeit in einer Klinik in den Anden beginnen. Was auf die Burgauerin dabei zukommt und was sie dazu bewegt
Burgau „Diospi Suyana“ist Quechua (gesprochen: „Ketschua“), eine im Andengebiet Südamerikas verbreitete Sprache und bedeutet „Wir vertrauen auf Gott“. „Diospi Suyana“, so heißt auch ein Missionskrankenhaus im Süden Perus, das sich speziell an die dort lebende arme Bergbevölkerung, insbesondere an die Quechua-Indianer, richtet. In einigen Monaten wird Henriette Söll aus Burgau dort arbeiten – für eine Dauer von drei Jahren.
Die 24-jährige gebürtige Haldenwangerin begann 2013 ihre Ausbildung zur Kinderkrankenschwester und arbeitet an der Augsburger Uniklinik auf der Kinderintensivstation. „Ich wollte schon immer mit Menschen zu tun haben und ich hatte das Gefühl, ihnen in der Pflege am nächsten zu sein“, erzählt sie. Menschen spielen bei Henriette Söll auch in ihrer Freizeit eine Rolle: Mit sechs Jahren kam sie zu den Burgauer Pfadfindern, inzwischen leitet sie dort eine Gruppe Jugendlicher. „Ich wollte mehr machen. Wir wachsen mit so vielen Privilegien auf, die andere Menschen eben nicht haben.“Die Burgauerin erzählt von Reisen, bei denen sie viel Armut gesehen hat und dadurch einen ganz anderen Bezug zur Dritten Welt und zu Schwellenländern bekam. „Ich habe einen medizinischen Beruf, bin sehr gläubig und Diospi Suyana ist ein christliches Krankenhaus.“Ihr sei wichtig, nicht nur ihr Wissen und ihre Erfahrung, sondern auch ihren Glauben einbringen zu können.
Aber warum ausgerechnet in einer Klinik in Peru, in einem Ort namens Curahuasi, auf 2650 Metern Höhe gelegen und mehr als 10.600 Kilometer Luftlinie von ihrem Heimatort entfernt? „Das war eher Zufall und an Peru hatte ich eher weniger gedacht“, erzählt Henriette Söll. Nachdem sie aber gesehen habe, was dort mit so viel Liebe auf die Beine gestellt worden sei, und wie viel Herzblut dahinterstecke, sei sie von dem Projekt mitgerissen gewesen. Das Krankenhaus wurde von dem deutschen Ärzteehepaar Klaus-Dieter und Martina John gemeinsam mit dem deutschen Trägerverein „Diospi Suyana“ins Leben gerufen und 2007 in Betrieb genommen.
Zwischenzeitlich kamen eine Augenund eine Zahnklinik hinzu. Der gesamte Bau wurde durch Spendengelder finanziert.
„Die Quechuas sind eine indogene Minderheit, eine Randbevölkerung, die in Armut lebt, ohne Krankenversicherung – eine medizinische Versorgung können sie sich nicht leisten. Sie sind ein vergessener Teil der Gesellschaft und das hat mich bewegt.“
Im Juli wird Henriette Söll nach Peru aufbrechen und steckt bereits inmitten ihrer Vorbereitungen: zahlreiche Impfungen, verschiedene medizinische Untersuchungen und alles, was zu regeln ist, wenn man die kommenden drei Jahre in einem anderen Land verbringt. Henriette
Söll lacht und sagt: Es habe schon etwas Zeit gebraucht, bis sich ihre Familie an ihr Vorhaben gewöhnt habe. „Aber sie unterstützt mich in meinen Entscheidungen und findet auch das Projekt sehr gut.“
Ihr erstes Ziel wird die Hauptstadt Lima sein – zur Erledigung notwendiger bürokratischer Dinge. Von dort sind es dann immer noch knapp 1000 Kilometer bis nach Curahuasi. Für einige Zeit wird sie auch eine Sprachschule besuchen. Spanisch habe sie zwar ein Jahr am Maria-Ward-Gymnasium in Günzburg gelernt und sich in den vergangenen Monaten auch sonst mit der Sprache beschäftigt. Das allein aber werde nicht ausreichen.
Erst dann wird sie ihre Arbeit im
Krankenhaus beginnen und sich in Curahuasi eine Wohnung suchen. Gedanken darüber macht sich Söll keine. Das Klinikpersonal besteht zum Teil aus Mitarbeitern, die, wie auch sie es vorhat, für einige Jahre bleiben und dann wieder in ihr Heimatland zurückkehren. Auch Deutsche.
Ihr Fortbewegungsmittel wird übrigens ein Quad sein. Sie habe eine „Patin“, eine gleichaltrige Krankenschwester, an die sie sich bei Fragen wenden könne und die demnächst nach Deutschland zurückkomme. „Sie hat mich gefragt, ob ich ihr Quad abkaufen will, weil sich das in den Bergen einfach anbietet.“Und Heimweh? Immerhin sind drei Jahre eine recht lange Zeit.
„Da bin ich nicht der Typ dazu, aber ich weiß auch, was ich hier zurücklasse.“Vielmehr freue sie sich darauf, etwas Neues zu sehen und helfen zu können. Es sei eine lange Vorbereitungszeit gewesen, umso schöner sei es, wenn es losgehe.
Wie in Deutschland wird Henriette Söll in Peru im Schichtdienst arbeiten. In welchen Bereichen sie eingesetzt wird, weiß sie im Moment noch nicht. Sie sieht es so: „Man wird sehen, wo man mich am meisten braucht.“Der dreijährige Aufenthalt der Burgauerin in Peru wird komplett von Spenden finanziert. Beim Verein Vereinigte Deutsche Missionshilfe (VDM) sind unter dem Kennwort „Henriette Söll“Spenden willkommen.