Mittelschwaebische Nachrichten
Er sucht das Besondere im künstlerischen Werk
Der Günzburger Restaurator Richard Rau hat in der Region viele Kirchen neu gestaltet. Seit 25 Jahren ist er selbstständig und scheut keine Diskussion
Günzburg Die unscheinbare Werkstatt an der Schützenstraße ist die Kreativzentrale für Richard Rau. Im Atelier entstehen Pläne für größere Aufträge und hier haucht der Restaurator kleineren Kunstwerken wieder neues Leben ein. In vier Jahrzehnten seines Lebens hat er etliche Sakralbauten und Denkmalschutzobjekte restauriert und mit gestaltet. Dabei geht es ihm stets um das Besondere.
Der hohe Anspruch an die eigene Arbeit treibt ihn voran. „Bei jedem Auftrag nehme ich mir Zeit, den historischen Veränderungen auf den Grund zu gehen. Nicht nur bei Kirchen ist es interessant, wie sie im Laufe der Zeit verändert wurden“, sagt Rau. Gerade bei Kirchen sei interessant, wie das Bauwerk im Laufe der Geschichte verändert worden ist. Nicht immer sei dann der Originalzustand der erstrebenswerteste Zustand. Die vorangegangenen Renovierungen stehen immer im Kontext mit den Zeitströmungen, in denen sie ausgeführt wurden.
Früher gab es für die Bauwerke der Diözese Augsburg eigene Planer. „Das waren echte Spezialisten auf dem Gebiet der Kirchenrenovierungen“, blickt Rau zurück. Heute sei es oft ein hartes Ringen mit den Planern und nicht selten viel Überzeugungsarbeit bei den Verantwortlichen der Kirchengemeinden, um möglichst ein optimales Ergebnis, im wahrsten Sinne des Wortes, zu erhalten. Richard Rau scheut nicht die Mühen dorthin. „Kirchen wurden bisher höchsten alle 20 bis 30 Jahre renoviert. Es ist sehr fraglich, ob dieser Turnus weiter besteht. Eher ist davon auszugehen, dass eine heutige Renovierung und Restaurierung noch einige Jahrzehnte mehr von Bestand sein sollte. Gerade in Anbetracht der immer knapper werdenden Kassen, sollte man viel mehr auf eine solide Ausführung als auf eine möglichst günstige Erhaltungsmaßnahme zählen“, sagt Rau.
Dabei nimmt er sich selbst nicht so wichtig: „Ich strebe nicht danach, berühmte Werke zu hinterlassen. Ich versuche immer, der Kirche und ihrer Geschichte gerecht zu werden.“
Ein gutes Beispiel ist die Kirche St. Leonhard in der Ortsmitte von Echlishausen, Gemeinde Bibertal. Die Ausgestaltung des Sakralbaus mit der roten Ziegelfassade barg etliche Überraschungen. „Hinter der Orgel haben wir im Jahr 2004 alte
Ornamente aus den 1920er Jahren gefunden. Mithilfe einer historischen Fotoaufnahme und umfangreichen Befunduntersuchungen konnte dann diese einmalige Raumfassung wieder hergestellt werden.
Aufgrund einer detaillierten Musterachse war die Kirchenverwaltung leicht zu überzeugen. Letztlich entschied sich die Kirchenverwaltung für den mutigen Schritt, den Stil der alten Ornamentik zu übertragen. „Weil vieles im
Arbeitsprozess der Renovierung entsteht, kann ich am Anfang nicht sagen, wie das Endergebnis aussieht“, sagt Rau aus Erfahrung. In Echlishausen hat es sich gelohnt. Auch 17 Jahre nach der Neugestaltung, die über ein halbes Jahr dauerte, wirkt im Innenraum die harmonische Farbgebung der aufwendigen Malerei.
Die Kirche Sieben Schmerzen auf dem Gelände der Bezirkskliniken in Günzburg. Anfang der 1980er Jahre war er schon bei der Restaurierung der Altäre dabei. Im Jahr 2009 durfte er den Raum farblich neu gestalten und die Chorraumgestaltung ausführen. Dazu entwarf er Altar, Ambo und Osterleuchter aus Sandstein, Glas und Edelstahl, die sich perfekt in den sakralen Raum einfügen. In Emmeram zu Wittesheim konnte Rau erst nach harten Verhandlungen mit dem Landesamt für Denkmalpflege, die nichtssagende Fassung aus den 1970er Jahren durch eine äußerst harmonische Jugendstilfassung ersetzen. Heute ist die Kirche ein einmaliges Zeugnis historischer Kunstgeschichte und ein besonderes Juwel im Donauwörther Raum.
In der ehemaligen Synagoge von Ichenhausen durfte er 1988, damals noch bei der Firma Hagn beschäftig, mit Franz Kugelmann den Thoraschrein als Scheinarchitektur in verschiedenen Holzarten täuschend echt auf die Wand malen.