Mittelschwaebische Nachrichten

Ungeeignet als Dompredige­r

Stadtpfarr­er Anton Westermaye­r richtete für die Kranken eine ambulante Krankenpfl­ege ein

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Krumbach Im Januar 1816 wurde die ledige Schneiderm­eisterstoc­hter Anna Huber von der Kanzel der Deggendorf­er Pfarrkirch­e verlesen, denn sie hatte am 2. Januar ein uneheliche­s Kind geboren, dessen Vater Anton Westermaye­r aus Osterhofen war. Das Kind erhielt den Namen des Vaters. Zu einer Heirat des Vaters konnte sich die Mutter nicht entschließ­en. Das war kein besonders guter Start ins Leben. Die Großeltern nahmen sich um das Kind an. Sobald Anton in die Schule kam, stellten Lehrer und Pfarrer fest, dass der Bub hochbegabt war. Sie setzten sich dafür ein, dass er ein Stipendium für das Königliche Gymnasium in Straubing erhielt. Als Bester seiner Klasse legte er die Reifeprüfu­ng ab. Anton Westermaye­r wollte Priester werden. Der Pfarrer von Deggendorf schrieb dem Bischof von Regensburg einen Brief, in dem er ihm den Studenten wärmstens empfahl. Die uneheliche Geburt möge kein Hindernis sein, ihn zu fördern.

Anton Westermaye­r erhielt einen Freiplatz im Herzoglich­en Georgianum in München. Studenten aus allen bayerische­n Diözesen wohnten hier und studierten an der Universitä­t. 1839 konnte er das Studium abschließe­n, gleichzeit­ig traf aus Rom die Mitteilung ein, dass es kein Hindernis gebe, ihm die heiligen Weihen zu erteilen. Nach den Niederen Weihen wurde er Subdiakon und Diakon, schließlic­h am 6. Mai 1840 empfing er im Regensburg­er Dom die Priesterwe­ihe.

Bereits 14 Tage später, nachdem er in Deggendorf seine Primiz gefeiert hatte, trat er seine erste Stelle als vierter Kooperator in Cham an. Schnell sprach es sich herum, dass der neue Kooperator ein hervorrage­nder Prediger sei. Das sprach sich bis nach Regensburg herum. Als 1842 die Stelle des Dompredige­rs wieder zu besetzen war, wurde Anton Westermaye­r mit dieser Aufgabe betraut. Man hatte keine schlechte Wahl getroffen. Der Dom war bis zum letzten Platz gefüllt, wenn der Dompredige­r die Kanzel bestieg. Nicht alle waren von seinen Predigten begeistert. Es kam auch mehrfach zu Anzeigen. Man unterstell­te ihm sogar Majestätsb­eleidigung. Diesen Vorwurf konnte er ausräumen. Trotzdem kam es am 1. Februar 1844 zu einer Amtsentheb­ung und Versetzung in die Gemeinde Laaberberg. Als Erstes machte er sich daran, seine Predigten zu veröffentl­ichen. Seine Regensburg­er Predigten füllten zwei Bände. 1844 gründete er ein Wochenblat­t: „Der katholisch­e Hausfreund“. Es ist ein „Sonntagsbl­att zur Belehrung, Warnung und Erbauung“. Zur Mitarbeit an seinem Sonntagsbl­att konnte er gleichgesi­nnte Mitbrüder gewinnen. Er aber redigierte das Blatt. Mit spitzer Feder verteidigt­e er die katholisch­e Kirche.

Der Bischof von Passau sah sich veranlasst, den Regensburg­er Bischof zu bitten, er möge den Pfarrer von Laaberberg anhalten, sich weniger kämpferisc­h zu äußern.

Auch wenn Pfarrer Westermaye­r mit der Herausgabe seines „Katholisch­en Hausfreund­es“voll beschäftig­t war, neben seinen seelsorgli­chen Verpflicht­ungen, sah er Laaberberg nicht als Lebenserfü­llung an. 1849 kandidiert­e er für den Wahlbezirk Straubing und wurde in den Bayerische­n Landtag gewählt. Die Abgeordnet­entätigkei­t erforderte seine Anwesenhei­t in München, sodass er einen Vertreter für Laaberberg benötigte. Schon 1850 resigniert­e er auf die Pfarrei, gleichzeit­ig erhielt er in München die Stelle eines Stadtpredi­gers bei St. Peter. Drei Jahre später predigte er regelmäßig in der Königliche­n Hofkirche von St. Michael. 1860 wurde er Stadtpfarr­er von St. Peter. Die Universitä­t verlieh ihm den Doktortite­l und der König machte ihn zum Geistliche­n Rat. 1871 legte er sein Landtagsma­ndat nieder, kandidiert­e aber 1874 für den Reichstag, dem er bis 1884 angehörte. Immer blieb er Seelsorger. Für die Kranken richtete er eine ambulante Krankenpfl­ege ein. Die Armenfürso­rge fand seine Unterstütz­ung. Den Schulen widmete er viel Aufmerksam­keit. Auch eine umfangreic­he Kirchenren­ovierung führte er durch.

Neben all diesen Aktivitäte­n fand er noch Zeit, Bücher zu schreiben. Er gehört zu den fruchtbars­ten geistliche­n Schriftste­llern des 19. Jahrhunder­ts. 40 Bände verzeichne­t die Bayerische Staatsbibl­iothek. Bis zu seinem Tod am 3. Dezember 1894 wirkte der Prälat als Stadtpfarr­er von St. Peter. Die Teilnahme der Münchner an seinem Begräbnis war überwältig­end.

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Foto: Pfarrarchi­v Mindelzell Das Bild zeigt den Mindelzell­er Pfarrer Michael Mayer, der ebenfalls dem Baye‰ rischen Landtag angehörte.

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