Mittelschwaebische Nachrichten

Die Linke: Corona‰Profiteure sollen zahlen

Politik Janine Wissler, Parteichef­in von Die Linke, tritt in Ulm energisch, umgänglich und selbstsich­er auf – aber ohne konkrete Vorschläge

- VON STEFAN KÜMMRITZ

Ulm Wahlkampfa­uftakt der Partei Die Linke für die Bundestags­wahl am 26. September – und in Ulm gab sich keine geringere als Janine Wissler die Ehre. Die 40-jährige Hessin ist Spitzenkan­didatin für die Wahl und zusammen mit Susanne Hennig-Wellsow Vorsitzend­e der Partei. Auf dem nördlichen Münsterpla­tz hatten die regionalen Linken um den Neu-Ulmer Kandidaten Xaver Merk aus Senden und den Kandidaten für Ulm/Alb-Donau, David Rizotto, ein kleines Zeltdach und davor ein paar Stühle und Bänke aufgebaut, die aber zum Teil leer blieben. Kaum 30 Interessie­rte hatten sich eingefunde­n. Die mussten ein Weilchen warten, denn Janine Wissler kam mit über einer halben Stunde Verspätung an. Sie hatte sich in ihrer Heimatstad­t Frankfurt/ Main der Deutschen Bahn anvertraut. Immerhin ließ Petrus die Linke nicht im Regen stehen, sondern die Szene sogar mit ein paar Sonnenstra­hlen freundlich wirken.

Freundlich gab sich auch Janine Wissler. Die 40-jährige, jugendlich wirkende Diplom-Politologi­n zeigte sich sehr umgänglich und selbstsich­er. Allerdings brachte sie in ihrer sehr engagierte­n Rede eben auch nur die von ihrer Partei her bekannten Thesen zum Ausdruck. Zunächst mahnte sie mit Blick auf die Corona-Pandemie: „Die Krise ist noch lange nicht vorbei, viele Menschen bangen noch um ihre Existenz.“Dann fragte sie, was zuvor schon Xaver Merk bei seiner persönlich­en Vorstellun­g in die Runde geworfen hatte: „Wer zahlt die Kosten für die Krise?“Im Raum stehende Vorschläge, wie Urlaubstag­e streichen oder bis 68 Jahre arbeiten, seien das falsche Rezept. Die „Profiteure der Krise“sollten zahlen. „Menschen sind in der Krise reicher geworden, während andere ums Überleben gekämpft haben“, ereiferte sich Wissler, um dann klarzumach­en: „Wir wollen die Vermögenss­teuer!“

Die Parteivors­itzende, die dem progressiv­en Flügel ihrer Partie zugeordnet wird, stellte klare Forderunge­n auf wie: „Erhöhung des Mindestloh­ns auf 13 Euro“oder „gute Rente für alle“. Corona habe die Missstände in unserer Gesellscha­ft deutlich zutage treten lassen, rief sie ins Publikum und ging auf das Gesundheit­swesen ein: „Der Pflegenots­tand ist noch da.

Und Krankenhäu­ser sind nicht dazu da, um Gewinne zu erwirtscha­ften. Sie müssen Menschen gesund machen und dies in öffentlich­er Hand, nicht in privater.“In Bezug auf die Wohnungskr­ise in den deutschen Städten sprach Janine Wissler von „Enteignung und Vergesells­chaftung“und forderte einen bundesweit­en Mietendeck­el.

In Sachen Mobilität, ein weiteres

Thema, auf das sie einging, sprach sie sich für eine Verkehrswe­nde aus und erklärte: „Den ÖPNV muss es zum Nulltarif geben.“

Die Linken-Vorsitzend­e sieht als ein weiteres Ziel die Rettung des Klimas an, „aber nicht die müssen für eine Party zahlen, bei der sie nicht dabei waren.“Arbeitsplä­tze erhalten, Energiewen­de, soziale Gerechtigk­eit, Bildung unabhängig von der Herkunft („Beste Bildung für alle“), Abrüstung statt Aufrüstung („Waffen schaffen keinen Frieden“) und „keine Waffenexpo­rte mehr an Diktatoren“waren weitere Schlagwort­e, die Wissler, auf ihrer Liste hatte. Vor allem beklagte sie den Einsatz von Bundeswehr-Angehörige­n in Afghanista­n: „Der hat 12,5 Milliarden Euro und Zehntausen­den Menschen das Leben gekostet.“

Schließlic­h machte die Rednerin Werbung für ihre Partei: „Wir sind eine konsequent­e Friedenspa­rtei, wir sind solidarisc­h, gegen alte und neue Nazis, gegen Antisemiti­smus und Rassismus und die zunehmende rechte Gewalt. Die Linke wird gebraucht.“

Vorschläge, wie die Forderunge­n konkret umzusetzen wären beziehungs­weise, was Die Linke im Falle eines Mitregiere­ns zum Beispiel in einer Rot-Rot-Grün-Koalition einbringen würde, hatte Janine Wissler nicht im Gepäck oder es eben nicht ausgepackt.

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Foto: Stefan Kümmritz Janine Wissler, zusammen mit Susanne Hennig‰Wellsow Vorsitzend­e der Partei Die Linke, bei ihrem Wahlkampf‰Auftritt auf dem Ulmer Münsterpla­tz.

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