Mittelschwaebische Nachrichten
„Wir haben oft Spieler geschützt“
FCA-Manager Stefan Reuter erklärt, wie der Klub mit dem lustlosen Abwehrspieler Kevin Danso umgehen will und was er von der Mannschaft in der neuen Saison erwartet
Sie haben Kevin Danso am Donnerstagmittag nach Augsburg geschickt. Können Sie kurz schildern, wie es dazu kam?
Reuter: Kevin Danso hat sich morgens beim Trainer gemeldet und gesagt, er sehe sich nicht imstande, zu trainieren und zu spielen. Der Trainer hat gesagt, er solle sich das nochmals überlegen und erwarte ihn auf dem Platz. Dort war er dann auch, hat aber recht lustlos agiert und ist am Ende nur individuell gelaufen. Nach dem Training haben sich Christoph Janker und ich die Aussagen von Kevin nochmals persönlich bestätigen lassen. Er hat gesagt, er könne nicht mehr für den FCA spielen und trainieren. Daraufhin haben wir gesagt, der Aufenthalt im Trainingslager mache keinen Sinn mehr, und haben einen Fahrer nach Augsburg organisiert.
Wie werden Sie mit dem Spieler jetzt umgehen? Welche Sanktionsmöglichkeiten haben Sie als Verein? Macht eine Suspendierung überhaupt Sinn?
Reuter: Er ist nicht suspendiert oder ausgeschlossen. Wenn er nicht in der Verfassung ist, muss man schauen, dass man wieder in die Spur kommt.
Welchen Eindruck hat Danso zuvor auf Sie gemacht?
Reuter: Er hat bisher super trainiert, hat einen richtig guten Eindruck gemacht und Freude vermittelt. Das hat jeder gesehen, der unser Training beobachtet hat. Von daher kam das für uns überraschend und ist sehr schade. Kevin ist mit 15 Jahren nach Augsburg gekommen, wir haben einen langfristigen Vertrag mit ihm abgeschlossen und er hat eine tolle Entwicklung genommen. Er hat in jungen Jahren über 40 Erstligaspiele für uns gemacht. Mit den Leihgeschäften nach Southampton und Fortuna Düsseldorf haben wir seinem Wunsch entsprochen.
Haben Sie das schon mal erlebt, dass ein Spieler sich so verhält?
Reuter: Nein. Ich habe häufiger darüber gelesen, es aber noch nie erlebt.
Ein Verein hat Verpflichtungen, der Spieler aber auch. Wie geht es weiter?
Reuter: Das werden wir in der kommenden Woche besprechen.
Ihnen soll ein Angebot vom französischen Erstligisten RC Lens vorliegen. Stimmt das?
Reuter: Ja, das stimmt. Es stimmt aber nicht, dass sich das Angebot im mittleren Millionenbereich bewegt. Es ist überhaupt nicht marktgerecht. Lens müsste sehr genau wissen, wie die Marktwerte für Innenverteidiger aktuell taxiert werden. Wir hängen Spielern aber kein Preisschild um. Wenn ein Spieler uns verlassen will und ein marktgerechtes Angebot besteht, werden wir uns damit beschäftigen. Wir haben bisher bei weitem noch kein marktgerechtes Angebot vorliegen.
Sehen Sie die Möglichkeit, dass Danso beim FCA bleibt?
Reuter: Er hat bei uns noch einen Vertrag bis Sommer 2024.
Hinteregger, Gregoritsch, jetzt Danso. Sie hatten wiederholt Spieler, die mit Druck einen Wechsel erzeugen wollten. Ein Augsburger Problem?
Reuter: Jeder ist ein Fall für sich, den man isoliert betrachten muss. Das kommt nicht nur bei uns, sondern auch bei anderen Klubs vor.
Sie haben Danso sofort nach Hause geschickt. Eine Lehre aus der Vergangenheit, als die Spieler das Binnenklima störten?
Reuter: Ja, klar. Wir haben in der Vergangenheit oft Spieler geschützt, weil wir Unwahrheiten unkommentiert ließen. Das werden wir nicht mehr tun.
Welche Chance haben Klubs allgemein, wenn Spieler sich wegstreiken wollen?
Reuter: In erster Linie schadet sich der Spieler mit einer solchen Aktion selbst. Wir haben das intern besprochen und sind uns klar, wie wir vorgehen werden.
Durch Dansos Fehlen entsteht eine Lücke in der Innenverteidigung. Wie werden Sie darauf reagieren?
Reuter: Mit Tobias Strobl und Frederik Winther haben wir Alternativen, Reece Oxford wird nicht allzu lange brauchen, bis er wieder auf dem Platz steht. Und Felix Uduokhai wird nach Olympia zurückkehren.
Ist Ihre Kaderplanung abgeschlossen oder sehen Sie auf Positionen noch Handlungsbedarf?
Reuter: Insgesamt sind wir gut aufgestellt. Am Montag und Mittwoch kommen die Nationalspieler zurück und dann hat der Trainer eine Vielzahl von Möglichkeiten. Klar ist aber auch: Bis zum Ende der Transferperiode haben wir noch Zeit. In drei, vier Wochen wissen wir, wer zum Saisonstart fit ist und ob wir uns noch verstärken müssen oder nicht.
Für den jüngsten Transfer ernteten Sie Anerkennung. Wie konnten Sie Niklas Dorsch von einem Wechsel zum FC Augsburg überzeugen?
Reuter: Er findet unsere Mannschaft und unser Umfeld spannend und sieht den FCA als idealen Verein für seine weitere Entwicklung.
Gratulieren sich Bundesliga-Manager, wenn ein Transfercoup gelingt?
Reuter: Man hat immer wieder Kontakt mit Managern und Beratern. Es kommt extrem gutes Feedback, viele gratulieren. Wir haben uns als FC Augsburg in den vergangenen Jahren einen hohen Stellenwert erarbeitet. Etliche Spieler haben sich hier weiterentwickelt, das sieht auch Niklas Dorsch.“
Mit Iago und Mads Pedersen fallen die beiden Linksverteidiger aus und verpassen großteils die Vorbereitung. Werden Sie sich auf dieser Position noch verstärken?
Reuter: Wie gesagt, wir sind gut aufgestellt. Wir wollen Iago ganz bewusst aufbauen, bis zum Saisonstart sollte er fit werden. Bei Pedersen müssen wir abwarten.
Von Marco Richter weiß man, dass er den FCA verlassen wollte. Felix Uduokhai ist nach einer starken Saison begehrt. Und Ruben Vargas hat eine gute EM gespielt. Wo liegt die Schmerzgrenze, bei der Sie Spieler abgeben würden?
Reuter: Wir haben keinen Druck, einen Spieler abgeben zu müssen. Wir wollen mit Vorfreude und Qualität in die kommende Saison gehen.
Die Corona-Krise hat zu Einbußen geführt. Geld kann jeder Klub brauchen. Zählt irgendwann das Wirtschaftliche mehr als das Sportliche?
Reuter: Nein. Aber wir haben immer gesagt: Wenn ein außergewöhnliches Angebot kommt und ein Spieler daran interessiert ist, werden wir uns damit beschäftigen. Aber es ist für uns wichtig, dass wir genügend Zeit haben und uns um Ersatz kümmern können. Und das haben wir auch zu Kevin und seinem Berater gesagt. Aktuell können wir keinen Innenverteidiger abgeben, weil wir die Entwicklung von Felix Uduokhai und Reece Oxford abwarten wollen.
Sie haben den Vertrag mit Rafal Gikiewicz bis Sommer 2023 verlängert. Stimmt es, dass sich der Vertrag von Gregoritsch automatisch bis 2023 verlängert hat?
Reuter: Ja, das ist richtig.
Welchen Eindruck macht die Mannschaft auf Sie? Was ist in dieser Saison möglich?
Reuter: Die Mannschaft ist überzeugt, dass sie zu mehr imstande ist als in der vergangenen Saison. Vor allem spielerisch will sie mehr zeigen.
Lassen sich die früheren Erfolge unter Trainer Markus Weinzierl wiederholen?
Reuter: Einfach wird das sicher nicht. Aber wir wünschen uns schon eine entspanntere Saison als in den vergangenen drei Jahren, als wir sehr lange für den Klassenerhalt punkten mussten.
● Stefan Reuter ist seit Dezember 2012 Geschäftsführer Sport des FC Augsburg. Als Spieler holte der heute 54Jährige 1990 den WM Titel. Unter Reuter zog der FCA in den Europacup ein und erlebt die er folgreichste Zeit seiner Vereinsge schichte. (AZ)
FCA als idealer Verein für die Weiterentwicklung