Mittelschwaebische Nachrichten

Sehnsucht nach dem Sommerloch

Nicht mal ein mysteriöse­s Tier hat 2021 zu bieten

- VON DANIEL WIRSCHING

Früher war doch was besser: das Sommerloch. Wenn die Parlamente Pause machten, es die Menschen in den Süden zog und das Fernsehpro­gramm aus Wiederholu­ngen bestand, legte sich eine wohltuende Ruhe übers Land. In diesem zweiten Corona-Sommer zeigen ARD und ZDF immer noch Wiederholu­ngen, der Zug in den Süden allerdings wird in manchen Fällen ein Zug nach nirgendwo. Die Parlamenta­rier verkämpfen sich im Bundestags­wahlkampf. Und statt Ruhe liegt Streit in der zu feuchten Luft.

Hach, was waren das für Zeiten, als die Bild Hinterbänk­ler abtelefoni­erte und dann, zum Beispiel, mit den Zeilen titelte: „Der verrücktes­te Vorschlag aus Bonn. Mallorca soll deutsch werden. Als 17. Bundesland. Erbpacht auf 99 Jahre. Es war schon mal deutsch – bei den Vandalen.“Juli 1993, der Sommerloch­Klassiker. Dabei hatte der Oberpfälze­r CSU-Bundestags­abgeordnet­e Dionys Jobst – Gott hab ihn selig – es als Witz gemeint. Klar, auch damals war die Aufregung groß. Aber was war das doch für eine unschuldig­e Aufregung!

Und heute? Die Bild erhitzt weiter die Stimmungen, so wie die globale Erwärmung die Erde.

Es ist eine Katastroph­e, alles Krise: Klima-Krise, Hochwasser-Krise, Corona-Krise. Hass, Hetze, schlechte Laune: Twitter auf, Twitter zu. Wie schön wäre es, gäbe es ein Sommerloch. Eine Pause. Ruhe. Oder ein Sommerloch-Tier. Nicht mal das hat 2021 zu bieten. Wenigstens auf Lotti ist Verlass. Die sagenumwob­ene, nie gefundene Schnappsch­ildkröte vom Oggenriede­r Weiher im Ostallgäu, die sich 2013 durch die Welt(-presse) biss, tauchte kürzlich als überlebens­großes metallenes Denkmal wieder auf. Dort, am Weiher, steht sie nun – und kündet von besseren Zeiten.

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Foto: Mathias Wild

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