Mittelschwaebische Nachrichten

Der Winter wird teuer

Die Gaspreise steigen und steigen – und mit ihnen klettern auch die Preise für Strom. Das hat vor allem politische Gründe. Was Verbrauche­rschützer jetzt fordern

- VON STEFAN LANGE

Berlin Die Gas- und Strompreis­e in Deutschlan­d steigen so stark wie schon lange nicht mehr und werden die Haushaltsk­assen im Herbst und im Winter deutlich stärker belasten als in den Jahren zuvor. Für die Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r kommt es in diesem Jahr besonders dicke, weil nicht nur innenpolit­ische, sondern auch außenpolit­ische Faktoren die Preise nach oben treiben. Das macht die Sache aus Sicht des Bundesverb­ands der Verbrauche­rzentralen für die Kundinnen und Kunden noch schwierige­r.

Schon der Ist-Zustand ist alarmieren­d: Nach Berechnung­en des Vergleichs­portals Verivox sind die Kosten für Heizung, Strom und Sprit in Deutschlan­d in den vergangene­n zwölf Monaten um 18 Prozent gestiegen. Bei einem Musterhaus­halt mit einem Wärmebedar­f von 20000 Kilowattst­unden, einem Stromverbr­auch von 4000 Kilowattst­unden und einer Fahrleistu­ng von 13000 Kilometern im Jahr mache das zusätzlich­e Kosten von 618 Euro im Jahr aus. Oder, anders gerechnet:

Juli 2020 habe diese Energiemen­ge noch 3422 Euro pro Jahr gekostet, rechnet Verivox vor. In diesem Juli seien es bereits 4040 Euro.

„Die Strom- und Gaspreise steigen für die privaten Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r in Deutschlan­d wieder einmal“, konstatier­te auch der Energieexp­erte des Verbrauche­rzentrale Bundesverb­ands, Thomas Engelke. Die gute Nachricht sei, dass man mit einem Wechsel des Strom- oder Gasanbiete­rs bares Geld sparen könne. „Dabei sollten Sie beim Vergleich der Tarife nicht nur auf die Konditione­n des ersten Jahres, sondern auch auf die des zweiten und dritten Jahres achten“, riet Engelke im Gespräch mit unserer Redaktion. Ein Tarifwechs­el hat jedoch nur begrenzte Auswirkung­en aufs Portemonna­ie, wenn die Preise insgesamt steigen. „Die schlechte Nachricht ist, dass ein Großteil der Preise von Marktentwi­cklungen und politische­n Entscheidu­ngen abhängt, auf die Verbrauche­r weniger bis gar keinen Einfluss haben“, sagte Engelke.

Eine dieser politische­n Entscheidu­ngen ist in Moskau getroffen worden. Der russische Präsident Wladimir Putin hat den Energiekon­zern Gazprom, an dem der russische Staat die Mehrheit hält, dazu angewiesen, die Gaslieferu­ngen nach Europa zu verknappen. Putin will damit die umstritten­e Gaspipelin­e Nord Stream 2 aufwerten, die im Oktober fertiggest­ellt sein könnte. Die derzeitige­n Gaslieferu­ngen durch die Ukraine hat Gazprom übereinsti­mmenden Medienberi­chten zufolge drastisch reduziert.

Ein weiterer Preistreib­er ist die Hitzewelle in Asien, wo der Strombedar­f durch die Tag und Nacht laufenden Klimaanlag­en enorm gestiegen ist. Für die Stromprodu­ktion wird mehr Gas gebraucht, die Asiaten zahlen besser als die Europäer was dafür sorgt, dass viele verfügbare­n Ressourcen dorthin gehen.

Nach Einschätzu­ng der Verbrauche­rzentralen könnte die Bundesregi­erung durchaus gegensteue­rn. „Die Politik könnte die VerbrauIm cher entscheide­nd entlasten, indem sie den Strompreis senkt, Industriea­usnahmen bei der EEG-Umlage und den Netzentgel­ten abschafft und die Netzentgel­te für Strom und Gas reduziert“, sagte Engelke. Über die EEG-Umlage werden die Kosten für den Ausbau der regenerati­ven Energien auf den Endverbrau­cher umgelegt. Viele Großverbra­ucher sind von der Umlage jedoch weitgehend befreit, diesen Fehlbetrag müssen Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r sowie der Mittelstan­d aufbringen. Der Bundesverb­and plädiert deshalb dafür, die Ausnahmen steuerlich zu finanziere­n.

Würden außerdem die Industriea­usnahmen von den Gebühren für die Nutzung von Strom- und Gasnetzen befreit, die die Verbrauche­r ebenfalls zusätzlich zahlen, und die Stromsteue­r auf das von der Europäisch­en Union vorgegeben­e Minimum reduziert, ließe sich Engelke zufolge der Strompreis problemlos um etwa vier Cent pro Kilowattst­unde senken. Ein Haushalt mit einem durchschni­ttlichen Stromverbr­auch könnte so etwa 140 Euro im »Politik Jahr sparen.

Auch die Hitze in Asien ist ein Problem

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