Mittelschwaebische Nachrichten
Audi: Wieder Kurzarbeit wegen Chipmangels
Weil Halbleiter fehlen, verlängert die VW-Tochter für tausende Mitarbeiter die Sommerferien. Rohstoffengpässe bleiben aber nicht für die Autoindustrie ein Problem, sondern betreffen nach wie vor die gesamte Wirtschaft
Ingolstadt 83 Prozent der Unternehmen quer durch alle Branchen und Größen melden Preisanstiege und Lieferprobleme bei Rohstoffen, Vorprodukten und Waren. Das geht aus einer am Donnerstag veröffentlichten Blitzumfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages hervor. Dazu passt die Nachricht, dass bei Audi – weil Halbleiter fehlen – mehrere tausend Beschäftigte in Ingolstadt und Neckarsulm ihre Sommerferien verlängern können. Wegen des Chipmangels ist – mal wieder – Kurzarbeit angesagt.
Nach Angaben eines Unternehmenssprechers heißt das, dass bei der VW-Tochter die produktionsfreie Zeit in beiden deutschen Werken um „vorerst eine Woche“verlängert wird. In Ingolstadt ruht die Produktion daher bis zum 30. August. Auch in Neckarsulm stehen die Bänder diverser Baureihen. Der Standort-Sprecher sagte unserer Redaktion auf Anfrage: „Unser Ziel ist es, Engpässe so schnell wie möglich zu beheben und im Jahresverlauf nicht gebaute Fahrzeuge weitestgehend aufzuholen. Oberste Priorität dabei die Abarbeitung des hohen Auftragsbestands.“Im ersten Halbjahr seien wegen des Chipmangels insgesamt rund 15 700 Beschäftigte tageweise von Kurzarbeit betroffen gewesen, heißt es von Audi weiter. Es handele sich um „individuelle Arbeitsausfälle“, nicht alle Beschäftigten seien gleichzeitig betroffen gewesen. Audi beziffert den Rückstand an Fahrzeugen im „mittleren fünfstelligen“Bereich, sprich rund 50 000.
Finanzvorstand Jürgen Rittersberger hatte bereits im Juli angekündigt, dass es wegen Halbleitermangels
im August und September zu weiteren Produktionsausfällen und Kurzarbeit kommen könne. Wo möglich, würden die Chips in Fahrzeuge mit dem höchsten Gewinnbeitrag
und dem geringsten CO2-Ausstoß eingebaut.
Auch anderen Autobauern fehlen Mikrochips. BMW könnte nach den Worten von Finanzvorstand Nicolas Peter ohne die Engpässe dieses Jahr wohl 70000 bis 90000 Autos mehr verkaufen. „Im Moment sind aber alle Werke weltweit gut versorgt“, sagte ein BMW-Sprecher am Donnerstag. In Leipzig laufe die Produktion normal, in München und Dingolfing laufe sie nach den Sommerferien am Montag wie geplant wieder an, auch Oxford starte nächste Woche wieder.
Der DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier kommentierte die Umfrage-Ergebnisse so: „Rohstoffmangel und Lieferkettenprobleme treffen die deutsche Wirtschaft in ihrer ganzen Breite. Die aktuelle Entwicklung kann den wirtschaftlichen Erholungsprozess nach der Krise merklich erschweren.“Nur knapp ein Fünftel der Unternehmen rechneten den weiteren DIHK-Angaben zufolge bis zum Jahreswechsel mit einer Verbesserung der Situation. 53 Prozent erwarten diese dagegen erst für 2022. Zwei Drittel (67 Prozent) der Unternehmen sähen sich gezwungen, gestiegene Preise an Kunden weiterzugeben. Zudem würden neue oder zusätzliche Lieferanten gesucht (64 Prozent) oder – wenn das geht – die Lagerhaltung erhöht (57 Prozent). Treier warnt: „Die Rohstoffengpässe könnten deshalb dazu führen, dass die gegenwärtig anziehende Inflation kein vorübergehendes Phänomen bleibt, sondern die Weltwirtschaft auch mittel- bis langfristig beeinflussen wird.“