Mittelschwaebische Nachrichten
Sind die Lager der Geschäfte jetzt überfüllt?
Wer seine Türen nicht öffnen darf, verkauft keine Ware. Wie erging es den Geschäftsleuten im Landkreis Günzburg während des Lockdowns und wie läuft es jetzt?
Landkreis Günzburg Größer könnte der Unterschied kaum sein: Während die Lager bis unters Dach voll mit Wintersportware sind, kommt bei Intersport gleichzeitig für andere sportliche Aktivitäten nicht genug Ware an. Das erzählt Stefan Klapproth, Filialleiter des Krumbacher Intersports, von dem es auch eine Filiale in Günzburg gibt. „Wegen des Lockdowns sind wir in den Wintermonaten auf viel Ware sitzen geblieben, die Lager sind megavoll. Spannend wird jetzt die nächste Saison“, sagt er.
Spannend bedeutet hier nicht weniger als: Dürfen die Läden überhaupt offen bleiben oder wird es wieder einen Lockdown geben? „Zum Start der neuen Saison werden wir die Ware, die wir schon haben, reduziert anbieten. Je nachdem, was geht. Beim Bestellen waren wir für die kommende Wintersaison jedenfalls sehr vorsichtig“, erklärt Klapproth.
Es ist die eine Seite der Medaille, auf der anderen wurde bei Intersport in den vergangenen Monaten viel Ware für den Individualsport verkauft: Inlinern, Wandern, mit dem Stand-Up-Paddel raus aufs Wasser. „Hier fehlt uns zum Teil die Ware, weil es wegen der Pandemie und wegen des Frachters, der im Suezkanal stecken geblieben ist, Lieferschwierigkeiten gibt“, schildert der Filialleiter. Das Problem betreffe vorwiegend den OutdoorBereich, schließlich war draußen und alleine immer mehr erlaubt.
Volle Lager - davon kann auch Judith Ganser vom Modehaus Schild in Günzburg ein Liedchen singen. Weil die Winterware natürlich nicht ewig nur herumliegen sollte, konnten Kunden hier, als man Ware im Geschäft zumindest auf Bestellung wieder abholen durfte, Überraschungstüten erwerben. Die Aktion funktionierte vor allem bei Stammkunden gut, die zum einen im Vorfeld in etwa Bescheid geben konnten, welche Kleidung sie gerne hätten oder was gar nicht geht, und zum anderen ohnehin im System erfasst sind. „Wir kennen die Vorlieben vieler unserer Kunden und saßen stundenlang, um die Tüten zusammenzustellen“, erzählt Ganser.
Die Ware in den Tüten war um mindestens 50 Prozent reduziert und auch momentan ist es wieder so, dass Kunden jede Menge Schnäppchen erwerben können. Ganser spricht während des bald endenden Sommers ebenfalls von „massiven Lagerüberhängen“bei der Sommerware. Doch egal, wie günstig sie die Klamotten letztlich verkaufen muss: Ganser ist alles lieber, als die Sachen „nach Burgau zu fahren und auf Kosten der Bundesregierung zu verbrennen“. „Es ist von der Regierung so gewünscht“, sagt sie, „dass wir Neuware entweder verbrennen oder spenden, aber damit wälzen wir unsere Probleme nur auf andere Länder ab.“
Ganser ist bewusst, dass auch die Lösung des Modehauses nicht optimal ist und eigentlich zu unnötigen Vorratskäufen der Kunden führt. „Aber wir haben eine bestimmte Wertvorstellung von Kleidung“, so Ganser. Mit Aktionsmärkten vor der Ladentüre soll die Kleidung an den Mann oder die Frau gebracht werden, ein ganz geringer Rest geht Ganser zufolge dann an die Günzburger Caritas.
Kleidung eine zweite Chance geben - nach diesem Prinzip funktionieren auch die Kleiderläden des Bayerischen Roten Kreuzes in Burgau und Krumbach. Während der Pandemie wurden die Bestände hier immer größer. „Während des Lockdowns haben wir viel mehr Kleiderspenden erhalten als zuvor. Einige Läden haben daher die Annahme von Kleiderspenden limitiert“, erklärt Sprecherin Marie Luise van Lier. Spenden aus Geschäften allerdings habe es nicht gegeben, die Ware sei ausschließlich aus privaten Haushalten gekommen. „Weil wir viele Kleiderspenden in Krumbach erhalten haben und der Sommer bald in den Herbst übergeht, läuft bei uns diese Woche eine Aktion für vergünstigte Sommerkleidung“, erklärt van Lier.
Etwas einfacher hatte es da Hermann Hutter, in dessen Geschäften in Günzburg es keine Kleidung, sondern Bücher und Dinge des täglichen Lebens gibt. „Bei uns sieht es im Moment nicht so viel anders aus als sonst“, vergleicht Hutter. Zwar sei wegen des Lockdowns vor Weihnachten etliches - Hutter spricht von 100.000 Euro Warenwert - übrig geblieben, das normalerweise verkauft worden wäre. „Aber wir haben Artikel, die das ganze Jahr laufen und können einen Teil davon auch später noch normal verkaufen.“