Mittelschwaebische Nachrichten
Airbus testet, wie Flüge leiser werden
Luftfahrt Der Helikopter-Hersteller unternimmt Flugversuche an der Stiftungsklinik Weißenhorn. Die Erkenntnisse sind für die Allgemeinheit interessant
Weißenhorn Dröhnend nähert sich der Hubschrauber dem Landeplatz. Die Maschine geht in den Sinkflug, aber nicht senkrecht nach unten, sondern schräg. Für kurze Zeit schwebt der weiße Helikopter über der mit einem großen Kreuz markierten Fläche, dann setzt er auf. Ein Mann in einem orangefarbenen Overall filmt die Szene mit einer Kamera. Wird an der Stiftungsklinik in Weißenhorn für einen neuen Actionfilm gedreht? Nein. Dieser Anflug ist Teil von Tests des Herstellers Airbus Helicopters, für die die Klinik ohne zu zögern ihren Dachlandeplatz zur Verfügung gestellt hat. Denn es geht um neue Landeverfahren, von denen im Endeffekt alle Menschen profitieren sollen. Schätzungsweise 150 Meter Luftlinie von dem Hubschrauber entfernt steht Christian Pröll auf dem Dach des Klinikgebäudes und beobachtet das Geschehen. Über die Medien hatte das Unternehmen aus Donauwörth die Bürgerinnen und Bürger vorab informiert. „Wir haben von Airbus Helicopters eine Anfrage erhalten, dieser sind wir nachgekommen“, erzählt Pröll, der Geschäftsbereichsleiter Investitions- und Infrastrukturmanagement der Stiftungsklinik. In dieser Funktion ist er unter anderem für den Bereich Technik zuständig.
Bei den Flugversuchen gehe es darum, neue Start- und Landeverfahren zu testen, sagt Pröll. Erkenntnisse und Entwicklungen daraus würden letztlich der gesamten Bevölkerung zugutekommen. Denn Zweck der laufenden Flugversuche, so hatte ein Sprecher des Unternehmens vorab mitgeteilt, ist die Zulassung neuartiger Verfahren für verkürzte Starts sowie flachere und somit geräuschärmere Landeanflüge. „Die Testflüge kommen letztlich allen zugute: den Menschen, denen mit Rettungshubschraubern noch schneller geholfen werden kann, und den Anwohnern, die davon künftig weniger mitbekommen werden“, betonte der Sprecher. Und neben den Anwohnerinnen und Anwohnern würden auch die Patientinnen und Patienten sowie das Klinikpersonal von leiseren Hubschrauberflügen profitieren, fügt Pröll hinzu. Nach Angaben des Herstellers werden durch die neuen Verfahren bei Start und Landung auch das Einsatzspektrum erweitert und die Effektivität der Luftrettung verbessert. Der Landeplatz auf dem Dach des Parkhauses der Weißenhorner Klinik ist aus Sicht von Airbus Helicopters gut geeignet, um die Versuche vorzunehmen. Nach wegerne nigen Minuten hebt der Helikopter vom Typ LH 135 wieder ab in Richtung Westen, dreht einen Bogen und setzt von Osten her zu einem zweiten Landeanflug an. Für den Laien ist nicht klar ersichtlich, was die Manöver von der bisherigen Praxis unterscheidet. Doch Messgeräte
und Sensoren an Bord der Maschine aus Donauwörth zeichnen alle relevanten Daten auf. Hinzu kommen die Videoaufnahmen von außen. Bevor der Helikopter ein drittes Mal in die Luft geht, legen die beiden Männer, die auf dem Landeplatz stehen, zusätzliche Gewichte in die Overalls im Helikopter hinein.
Anders als bei anderen Kliniken starten und landen in Weißenhorn für gewöhnlich nur wenige Hubschrauber, im Schnitt einer pro Monat, sagt Pröll. Nicht die Einlieferung von Notfällen auf dem Luftweg stehe dabei im Vordergrund, sondern der Weitertransport von Patientinnen und Patienten in Kliniken mit Maximalversorgung oder spezialisierte Krankenhäuser. Hin und wieder werde ein Notarzt per Helikopter eingeflogen, berichtet Pröll. Und in diesem Jahr sei auch ein Covid-Patient mit einem Hubschrauber zur Behandlung in die Klinik gebracht worden.
Die Ankunft der Maschine aus Donauwörth ist der 117. Anflug seit Bestehen der Plattform. Für die gibt es exakte Anflug- und Startrouten, festgelegt vom Luftamt Südbayern.
Um kein aufwendiges Änderungsverfahren in Gang zu setzen, soll der Klinikanbau, der auf der freien Fläche westlich des Parkhauses geplant ist, nur drei Stockwerke bekommen. Der Landeplatz soll auch künftig genutzt werden können wie bisher.
Bestückt mit den zusätzlichen Gewichten, fliegt der Test-Helikopter nun mehrmals auf und ab. Trotz der Geräuschkulisse sind Gespräche auf dem Dach des Klinikgebäudes noch möglich. Man muss zwar die Stimme erheben, aber schreien muss man noch nicht. Als der Hubschrauber wieder Richtung Westen startet, wird das Rotorengeräusch schnell merklich leiser. Die Maschine fliegt wieder zurück nach Donauwörth. Exakt 23 Minuten haben die Versuche gedauert. Sie seien erfolgreich gewesen, es habe alles gut geklappt, heißt es. Mehr Informationen dazu liefert Airbus Helicopters an dem Tag nicht. Zunächst einmal müssen die gewonnenen Daten ausgewertet und analysiert werden. Christian Pröll hat den Mitarbeitern des Unternehmens bereits signalisiert, dass die Stiftungsklinik gerne wieder zur Verfügung stehe, wenn weitere Tests notwendig sein sollten.