Mittelschwaebische Nachrichten
Bayerische Städte schon jetzt mit BriefwahlRekord
So viele Menschen wie nie machen ihr Kreuz per Post. Das liegt nicht nur an Corona
Augsburg Bei der Deutschen Post ist man seit langem auf die Bundestagswahl vorbereitet. Mitarbeitende sind gebrieft, die Zustellung ist bis ins Detail geplant. Das ist auch nötig. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass in diesem Jahr so viele Menschen Briefwahl beantragen werden wie nie zuvor, auch in Bayern. Das zeigen stichprobenartige Anfragen unserer Redaktion bei mehreren Städten im Freistaat.
Seit dem 16. August können Wahlscheine bei den Kommunen beantragt werden. In Augsburg haben das bislang mehr als 42 000 von 190000 Wahlberechtigten getan. Das sind schon jetzt in etwa so viele wie bei der Bundestagswahl 2017 insgesamt. Ähnlich sieht es in Ingolstadt aus. Von den rund 90000 Wahlberechtigten hat fast ein Drittel Briefwahlunterlagen beantragt – und damit mehr als bis zum Tag der Bundestagswahl vor vier Jahren.
Die Stadt Memmingen verzeichnet etwa 40 Prozent mehr Anträge als zum gleichen Zeitpunkt 2017, die Stadt Ulm rechnet mit einer Verdopplung der Briefwahlanträge. In Würzburg fällt die Zwischenbilanz noch deutlicher aus. Dort haben von rund 98000 Wahlberechtigten bislang 37377 die Briefwahl beantragt – und damit beinahe dreimal so viele wie vor vier Jahren.
Woran liegt das? Seit der Einführung der Briefwahl im Jahr 1957 beantragen bei beinahe jeder Wahl mehr Menschen Briefwahlunterlagen als bei der vorangegangenen. Waren es bei der Bundestagswahl 1994 zum Beispiel noch 13,4 Prozent, so wählte 2017 fast jeder Dritte auf dem Postweg. Neben dieser natürlichen Entwicklung spielt aktuell auch die Corona-Pandemie eine Rolle. Das haben in diesem Jahr bereits die Landtagswahlen in BadenWürttemberg und Rheinland-Pfalz gezeigt. Dort zogen erstmals jeweils über 50 Prozent der Wählerinnen und Wähler die Briefwahl dem Gang ins Wahllokal vor. Viele gaben an, aus Angst vor einer Ansteckung lieber von zu Hause aus wählen zu wollen. Damit rechnen viele bayerische Wahllokale auch bei der Bundestagswahl am 26. September.
Anke Maresch von der Stadt Königsbrunn, wo ebenfalls ein Briefwahl-Boom verzeichnet wird, hat für den Trend indes noch eine eher praktische Erklärung. Sie sagt: „Man hat natürlich mit der Briefwahl keinen zeitlichen Druck, ist flexibel, kann sich die Unterlagen in Ruhe daheim durchsehen und ist am Wahltag selbst nicht gebunden.“
Nicht nur in Bayern, auch bundesweit gehen Experten von einer deutlich höheren Briefwahlbeteiligung aus. Das zeigen etwa erste Zahlen in Rheinland-Pfalz. Auch dort verzeichnen viele Städte bereits deutlich höhere Briefwahlquoten als bei der Wahl 2017. Bundeswahlleiter Georg Thiel betonte unlängst in einem Interview mit der Tagesschau:
„Es werden erheblich mehr.“Thiel führt das auch auf die Sicherheit der Briefwahl zurück. „Bislang gab es noch nie Anhaltspunkte für Manipulationen in einem Ausmaß, dass sie das Wahlergebnis beeinflusst hätten“, sagte er. Besonders im rechten Lager hält sich dennoch das Gerücht, dass eine Briefwahl unsicherer sei als der Gang zur Urne. In einem Faktencheck auf der Seite Po litik geht Fabian Kluge dieser Behauptung nach.
Damit die Briefwahlunterlagen fristgerecht per Post in den Wahlämtern eingehen können, bittet die Deutsche Post Wählerinnen und Wähler, die Dokumente frühzeitig abzuschicken, am besten bis spätestens Donnerstag, 23. September. Werden die Unterlagen innerhalb Deutschlands verschickt, müsse der Wahlbrief nicht frankiert werden, im Ausland hingegen schon.
Keine Hinweise auf Manipulationen