Mittelschwaebische Nachrichten
Alexandra Jörg lebt ihren Traum
Was sich bei der Sängerin aus Deisenhausen seit der Teilnahme bei „The Voice of Germany“getan hat und was sie weiter plant.
Nein, sagt sie, eine Expertin für Kehlkopfgesänge sei sie nicht. Trotzdem, einen kurzen Film dazu muss sie zeigen. Zwei Inuit, wettstreitend im Gesang. Tiefe brummende Geräusche. „Hörst du die Obertöne?“, fragt Alexandra Jörg, Sängerin mit Wohnsitz in Deisenhausen. Genaues Hinhören ist angesagt und nicht ganz einfach. Alexandra lässt nicht locker. Sie demonstriert, wie der Kehlkopfgesang der Inuit funktioniert, spricht von „Taschenfalten“, die im Kehlkopf über den Stimmlippen liegen und die Töne erzeugen. „Stimme, das interessiert mich“, erläutert sie ihre Begeisterung. „Und als renommierte Sängerin sollte man ja auch mal nach rechts und links schauen“.
Das ist es auch, was sie an ihrem Beruf liebt, ständig Neues zu erfahren und auszuprobieren, an Workshops und Fortbildungen teilzunehmen, wie beispielsweise jüngst am Singposium in Berlin. Es sei schließlich spannend, mit welchen anatomischen Strukturen man welche Klänge machen kann oder wie sie den Klang beeinflussen. Und auch wichtig: „Klinge wie ein Biest, aber halte deine Stimme gesund“, nennt sie ein wichtiges Thema, wie die Stimme von Sängern und Sängerinnen geschont werden kann. Sie kommt damit zu den Gesangstechniken „growl“und „scream“in der Rockmusik. Auch damit beschäftigt sie sich. „Cry baby“von Janis Joplin und „Trees of green“von Louis Armstrong halten als Beispiele für Stimmeffekte her.
Große Auftritte hatte Alexandra Jörg im Jahr 2020 bei „The Voice of Germany“. Dreimal war sie in der bekannten Sendung im Fernsehen zu sehen und zu hören. Hat das ihr Leben verändert? Nicht wirklich, sagt sie zunächst. Ihre Auftritte in der Sendung seien ja während der Coronazeit gewesen, einer eher schlechten Zeit für alle Kunstschaffenden. Aber genau deshalb hatte sie Zeit für die Teilnahme. Die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit sei danach natürlich schon anders gewesen. „Auf einmal wird man an der Gemüsetheke angesprochen“, erzählt sie. „Das ist, wie wenn man ein großes Kompliment kriegt und dann nicht weiß, was man sagen soll,“beschreibt sie das Gefühl. Später fällt ihr noch ein, dass sie in der Folge für ein Hörspiel engagiert wurde, mit hochkarätiger Besetzung.
Geändert hat sich dann doch einiges: Seit dieser Zeit lebt Alexandra Jörg beruflich ihren Traum und ist hauptberuflich Musikerin. Diesen Schritt hat sie während der Coronazeit gewagt. Die 46-Jährige stammt von einem Einödhof im Allgäu. Musik gehörte dort zwar zum Alltag, beruflich ging sie jedoch zunächst einen anderen Weg und studierte in Konstanz Biologie. Eine Tätigkeit als Lehrerin auch in der Region folgte. Jetzt sieht ihr Leben anders aus. Eine kleine Festanstellung hat sie noch an der Musikschule in Bad Wörishofen, der Rest ist freiberuflich. Sie unterrichtet in Neu-Ulm an der Musikschule Masters and Arts, leitet den Kirchenchor Ebershausen und den Gospelchor Ichenhausen, singt auf Hochzeiten, Taufen, Beerdigungen und Kommunionen und ist in viele Projekte involviert.
Im Landkreis zählt sie das Projekt „SalonFähig“auf. Das werde „fulminant“, mehr mag sie nicht verraten. Erste Einblicke gibt es in Burgau bei den Kulturtagen. Tango Argentino steht in einem weiteren Projekt an. Außerdem ist sie am 4. Mai in der Synagoge Ichenhausen beim Jubiläumskonzert von Jazz up zu hören, mit Blues Patrol am 7. Juli im Stadtsaal in Krumbach. Workshops besucht sie nicht nur, sondern gibt sie auch, zum Beispiel für Musikvereine. Ihre musikalische Ausbildung hat Alexandra Jörg in der Krumbach Berufsfachschule für Musik erhalten, bekannt wurde sie in der Region auch als Sängerin der Big Band Fun & Brass. Bereits vor ihrer Ausbildung hat Alexandra in Konstanz in einer Irish Folk Band namens Tunefish gesungen sowie in einem Doppelquartett für alte Musik, den „Vocalgourmets“. Die „Blonden Frauen““, die unter anderem Schlager aus den 20er-Jahren im Programm haben, pausieren gerade. Es gibt zu viel zu tun. Die Bandbreite ihrer
Einsätze zeigt, wie breit ihr gesangliches Repertoire ist. Einen musikalischen Ausflug ins Alpenländische plane sie außerdem, fällt ihr noch ein. Stubenmusik hat sie auch schon früher viel gemacht.
Einige ihrer ehemaligen Biologie-Schüler und -Schülerinnen sieht sie noch immer: Schön öfter hat sie mittlerweile auf Hochzeiten ihrer einstigen Schüler und Schülerinnen gesungen. In den sozialen Medien erhält sie für ihre Auftritte viel Lob und positive Kommentare. Dafür ist sie sehr dankbar, weiß sie doch, dass es immer ein Aufwand ist, längere Kommentare zu schreiben. Ihr größter Fan ist aber mittlerweile ihre Mama. „Es war schon eine Umstellung für meine Eltern, als ich den sicheren Job verlassen habe. Aber sie merken, wie viel glücklicher ich jetzt bin,“fasst sie zusammen. Und die Mama steht parat mit ihrer Meinung, unterstützt und baut auf, auch wenn es mal nicht gut läuft, wie letztes Jahr, als Alexandra an einer Kehlkopfentzündung litt. Die ist mittlerweile zum Glück Vergangenheit. Die Projekte warten.