Mittelschwaebische Nachrichten
Frauen altern schneller in der Schwangerschaft
US-Forschende beziffern die Belastungen erstmals. Doch der Effekt dauert nur kurz, denn nach der Geburt wirken Mütter deutlich jünger als zuvor.
Schwangerschaften erhöhen zeitweise das biologische Alter einer Frau. Darauf deutet eine Studie der US-amerikanischen Yale School of Medicine hin, über die im FachblattCell Metabolis berichtet wird. Die Alterung ist allerdings nicht von Dauer, so das Fazit der Forschungsgruppe: Wenige Monate nach der Geburt scheine sich der Effekt deutlich umzukehren – und das vereinzelt in einem überraschenden Ausmaß.
Es ist kein Geheimnis, dass sich der Körper der Frau während einer Schwangerschaft umfassend verändert: Der wachsende Fötus verschiebt die Organe im Bauch, Beckengelenke werden lockerer, Schwangerschaftshormone wandeln Appetit und Energielevel und selbst die Neuronen im Gehirn verdrahten sich teils neu. Schon im vergangenen Jahr beschrieb eine Forschungsgruppe der US-amerikanischen Harvard Medical School zudem, dass der Schwangerschaftsstress das biologische Alter einer Frau um bis zu zwei Jahre ansteigen lassen könne. Dieses biologische Alter kann sich vom chronologischen Alter, das den tatsächlichen Lebensjahren entspricht, deutlich unterscheiden: Es wird durch unsere Gene sowie durch äußere Einflüsse, zu denen auch der Lebensstil gehört, bestimmt.
Ein Team um den Perinatalforscher Kieran O’Donnell und den Biostatistiker Hung Pham von der Yale School of Medicine führte nun eine ähnliche Studie mit einer größeren Gruppe an Probandinnen durch. Konkret wurden Blutproben von 119 Frauen zu verschiedenen Zeitpunkten während und nach der Schwangerschaft analysiert. Dabei konzentrierten sie sich auf DNA-Methylierungen. Das sind winzige chemische Modifikationen des Erbguts, die sich im Laufe eines Lebens verändern können. Diese Methylierungen bilden bestimmte Muster, anhand derer Forschende das biologische Alter eines Menschen abschätzen können. Tatsächlich stellte die Forschungsgruppe fest, dass sich die Belastung
einer Schwangerschaft im biologischen Alter der Frau niederschlägt: So stieg es von der Früh- bis zur Spätschwangerschaft in einem Zeitraum von etwa 20 Wochen um etwa zwei Jahre an.
Dies deute darauf hin, dass eine Schwangerschaft die Alterung beschleunige, wie bereits die Arbeit der Harvard Medical School ergeben hatte. Überrascht waren O’Donnell und sein Team, als sie das biologische Alter der Frauen einige Wochen nach der Geburt bestimmten. „Drei Monate nach der Geburt stellten wir einen bemerkenswerten Rückgang des biologischen Alters fest, bei einigen Personen sogar um acht Jahre“, wird O’Donnell in einer Mitteilung zitiert. Während die Schwangerschaft also das biologische Alter erhöhe, gebe es eine ausgeprägte Erholung in der Zeit nach der Geburt, so der Wissenschaftler.
Auf diesen Erholungseffekt wirke sich ein hoher Body-Mass-Index der Mutter vor der Schwangerschaft indes negativ aus, so ein weiteres Ergebnis der Studie. Mit anderen Worten: Bei Frauen, die vor der Geburt unter Übergewicht litten, erholte sich das biologische Alter nach der Geburt nicht so deutlich. Im Gegensatz dazu führte das Stillen zu einem stärkeren Rückgang des mütterlichen biologischen Alters innerhalb von drei Monaten nach der Geburt.
Diese Beobachtungen bieten laut O’Donnell interessante neue Impulse für die Altersforschung – wobei allerdings einiges zu beachten sei: So sei nicht klar, ob der Erholungseffekt nach der Geburt für die kurz- oder langfristigen Gesundheitsergebnisse von Müttern relevant sei, und ob sich diese Effekte über mehrere aufeinanderfolgende Schwangerschaften hinweg akkumulierten. Und O’Donnell nennt noch eine zweite Unbekannte: „Ebenso wissen wir nicht, ob die Verringerung des biologischen Alters nach der Geburt einfach darauf zurückzuführen ist, dass sich das System auf das biologische Alter vor der Schwangerschaft erholt, oder, was noch provokanter ist, ob eine Schwangerschaft einen Verjüngungseffekt hat.“