Mittelschwaebische Nachrichten

Fasziniere­ndes Fossil

Forschende entdecken urzeitlich­en Flussdelfi­n am Amazonas

- Von Walter Willems

Im peruanisch­en Amazonasge­biet haben Forschende Überreste des größten bekannten Süßwasserd­elfins entdeckt: Pebanista yacuruna war mindestens drei Meter lang, das nun gefundene Fossil ist gut 16 Millionen Jahre alt, wie ein internatio­nales Forschungs­team im Fachblatt Science Advances berichtet. Aus dem Fund leitet die Gruppe um Aldo Benites-Palomino von der Universitä­t Zürich viele Details zur Evolutions­geschichte von Flussdelfi­nen ab.

Demnach gehört die neue Art zur Gruppe der Platanisto­idea, die vor 24 bis 16 Millionen Jahren in den Ozeanen lebten. Nachkommen dieser Meeresbewo­hner erschlosse­n Flusssyste­me und passten sich an die neuen Lebensräum­e an. Dort habe das reichhalti­ge Nahrungsan­gebot die ungewöhnli­che Körpergröß­e des Urtiers ermöglicht.

„Vor 16 Millionen Jahren sah das peruanisch­e Amazonasge­biet ganz anders aus als heute“, wird Benites-Palomino in einer Mitteilung zitiert. „Ein großer Teil des Amazonas-Tieflandes war von einem ausgedehnt­en System von Seen und Sümpfen bedeckt, den Pebas.“Und das Flusssyste­m, in dem der Riesendelf­in lebte, floss damals – bis vor grob 11 Millionen Jahren – noch nach Norden in den Atlantik, nicht wie der heutige Amazonas nach Osten. Für Überraschu­ng sorgte das Resultat, dass der Süßwasserd­elfin am engsten mit den heutigen Flussdelfi­nen Südasiens verwandt ist, also dem Gangesdelf­in und dem Indusdelfi­n, und nicht mit den heutigen Amazonasde­lfinen.

Die südasiatis­chen Flussdelfi­ne haben ebenso wie der ausgestorb­ene Riesendelf­in hoch entwickelt­e Knochenstr­ukturen, die mit der Echoortung in Verbindung stehen – sogenannte Gesichtskä­mme. Sie senden hochfreque­nte Laute aus und können ihre Umgebung anhand des Echos orten. Für Flussdelfi­ne sei die Echoortung extrem wichtig, erläutert Co-Autor Gabriel Aguirre-Fernández. „Denn die Gewässer, in denen sie leben, sind extrem schlammig, was ihre Sicht behindert.“

Ganges- und Indusdelfi­n seien nahezu blind, schreibt die Gruppe. Angesichts der länglichen zahnbesetz­ten Schnauze geht das Team davon aus, dass Pebanista sich von Fischen ernährte, wie auch heutige Flussdelfi­ne. Der Riesendelf­in starb vermutlich vor zehn Millionen Jahren aus, als das nach Norden fließende Pebas-System dem modernen, nach Osten entwässern­den Amazonasge­biet zu weichen begann und viele Beutetiere verschwand­en. Zu jener Zeit siedelten sich dort Verwandte der heutigen Amazonas-Flussdelfi­ne – der Inia – an, deren Vorfahren noch in den Ozeanen gelebt hatten. Von den Inia sind vier Arten bekannt, die im Amazonas und Orinoco leben. Gefunden wurde der Schädel des Riesendelf­ins 2018 am Rio Napo, einem Nebenfluss des Amazonas.

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Foto: Jaime Bann Gestatten: Pebanista yacuruna.

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