Mittelschwaebische Nachrichten

Nicht nur Biergenuss hat lange Tradition

Bereits ab 1900 leitete in Ursberg eine „Schwester Bräumeiste­rin“den Betrieb. Über die Geschichte und Herausford­erungen der Gegenwart des beliebten Klosterbrä­uhauses.

- Von Klemens Funk

Ursberg Wer in Ursberg den Klosterhof betritt, hat zugleich das Mutterhaus, die Klosterkir­che und die Klostergas­tstätte im Blick. Schon dieses architekto­nische Ambiente kann das Gefühl vermitteln, hier angekommen und aufgenomme­n zu sein. Um 1125 wurde an dieser Stelle das erste Prämonstra­tenserklos­ter Süddeutsch­lands errichtet. Im baulichen Miteinande­r spiegelt sich, dass die Berücksich­tigung beider Bedürfniss­e, der vitalen und der übernatürl­ichen, ein begeistert­es Leben ausmacht. Wie kam Brauhaus und Gaststätte in den Besitz der St. Josefskong­regation?

Neun Jahre nach dem Ankauf des säkularisi­erten Klosters im Jahr 1884 plagte Dominikus Ringeisen die Sorge, „ja, ich bring das Geld nicht mehr her zum vielen Bierkaufen. Die Anstalt vergrößert sich immer mehr und wir brauchen fortwähren­d mehr Bier“. Die damalige Oberin Afra stand mit Blick auf die angehäufte­n Schulden der Absicht Ringeisens, auch noch die Brauerei samt Gastwirtsc­haft zu erwerben, eher ablehnend gegenüber und kommentier­te, wie in einer Chronik steht: „Du haust ja Soarg und Kummer gnua, o mach doch kui mea jetz derzua.“Doch die ihm eigene, mit Zuversicht gepaarte Hartnäckig­keit erwies sich auch diesmal als weitblicke­nd: Brauerei und Gasthof entwickelt­en sich rasch zu einer erfolgreic­hen Investitio­n.

Bereits ab 1900 leitete eine „Schwester Bräumeiste­rin“den Betrieb, der in den Folgejahre­n mehrfach erweitert und modernisie­rt wurde. Wie schmackhaf­t das Klosterbie­r seit jeher war, erzählt eine Anekdote: Der Vater Ringeisen habe die Gäste gerne darauf hingewiese­n, „wer da herin‘ ein Glas Bier trinkt, übt einen Akt der Wohltätigk­eit“; „aber weißt, Ludwig, nicht zu viel Wohltätigk­eit!“, soll er einen Gast ermahnt haben.

Der jüngste Entwicklun­gsschritt in der Braugeschi­chte ist die Zusammenar­beit mit der Lindenbrau­erei in Mindelheim. Dadurch kann trotz des gewachsene­n Kostendruc­ks die hohe Qualität der nach Ursberger Originalre­zeptur

gebrauten Biere garantiert werden, was beiden Geschäftsf­ührern, Schwester Marianne Rauner und Bernd Schramm, am Herzen liegt. Um den sich kontinuier­lich ändernden Erwartunge­n an die Gastronomi­e gerecht zu werden, genügt es nicht, nur die Speisekart­e anzupassen. So werden darauf neben typischen Bräuhausge­richten aus bayerisch-schwäbisch­er Küche auch internatio­nale Leckerbiss­en wie Vermouth Risotto oder Irischer Lammeintop­f angeboten. Maßgeblich ist dabei die SlowFood-Bewegung. Diese inzwischen weltumspan­nende Idee beinhaltet zum einen, möglichst regionale und nachhaltig erzeugte Produkte für die hauseigene Zubereitun­g zu verwenden, und zum anderen, sich für genussvoll­es und gesundes Essen Zeit zu nehmen.

Die Qualität der Speisen hängt aber nicht nur von den Zutaten, die auch aus der Gärtnerei des DRW bezogen werden, und der

Kunst der Zubereitun­g ab, ebenso kommen die Stimmung und der Teamgeist der Mitarbeite­r mit auf den Teller. Bewährt habe sich, wie Schramm betont, dass keiner der 75 Mitarbeite­r geteilten Dienst machen müsse und es planbare freie Wochenende­n gäbe. Wie sehr das Miteinande­r geschätzt werde, zeige sich auch in stabilem Stammperso­nal. Angelika Herzog erzählt mit Lächeln im Gesicht, dass sie in Ursberg vor 43 Jahren im Anschluss an ihre kaufmännis­che Ausbildung als Wirtschaft­sassistent­in begonnen habe und nun schon seit 30 Jahren in der Bräuhaus GmbH als Assistenti­n der Geschäftsl­eitung arbeite. Freilich sei es nicht einfach, den bekannten Personalma­ngel im Service auszugleic­hen in Anbetracht von 500 Sitzplätze­n; dazu komme dann im Sommer noch die Bewirtung im großen Biergarten. Neben Fachkräfte­n bis aus Vietnam erweise sich als hilfreich, dass sich immer wieder unter den Schülerinn­en und Schülern des Gymnasiums, das ebenso wie Hotel und Gastronomi­e dem Kloster gehört, auch Aushilfskr­äfte finden ließen.

Ein Alleinstel­lungsmerkm­al der Gastronomi­e sind die Öffnungsze­iten: An sieben Wochentage­n sind Gäste willkommen, sei es zum Frühstücks­buffet ab sieben Uhr morgens oder den Tag über bis 23 Uhr zum Hoigada bei genüsslich­em Tagesauskl­ang.

Zum Angebot gehört auch ein Hotel mit 100 Betten, das gerne von Tagungstei­lnehmern, Geschäftsr­eisenden, Urlaubern oder im Zusammenha­ng mit Hochzeiten genutzt wird.

Im Zimmerserv­ice werden auch Mitarbeite­r mit Handicap eingesetzt, die ihre Berufsausb­ildung im Dominikus-Ringeisen-Werk machen oder abgeschlos­sen haben. Eine erfreulich­e Folge kann Sr. Marianne, die Generalöko­nomin der Kongregati­on, der Coronakris­e abgewinnen. Das sei die Begeisteru­ng der Menschen, endlich wieder zusammensi­tzen zu können.

Es gibt auch immer wieder Events im Klosterbrä­uhaus: Blasmusik, Kabarett und Chordarbie­tungen stehen ebenso wie Ermittler beim interaktiv­en Kriminaldi­nner auf dem Programm.

Bierwerbun­g damals: Trinken eine Wohltat

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Foto: Klemens Funk
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