Mittelschwaebische Nachrichten

Warum er als Bischof nicht gefragt war

Ein Blick auf die wechselvol­le Lebensgesc­hichte von Kardinal Gustav Adolf von Hohenlohe-Schillings­fürst zeigt die Umbrüche des 19. Jahrhunder­ts.

- Von Ludwig Gschwind

Mindelzell Der älteste Sohn der mittelfrän­kischen Adelsfamil­ie Hohenlohe-Schillings­fürst erhielt den Namen Chlodwig. 1823 kam ein weiterer Sohn zur Welt, der erhielt den Namen Gustav Adolf. Mit diesem Namen verbanden sich keine so guten Erinnerung­en. Denn der Schwedenkö­nig Gustav Adolf drang im Dreißigjäh­rigen Krieg bis nach Bayern vor. Die Schlacht bei Nördlingen 1634 führt zu einer Wende. Die Kinder der Familie wuchsen in Schillings­fürst auf und wurden von Hauslehrer­n für die Universitä­t vorbereite­t. Kurzzeitig durfte Gustav Adolf das Gymnasium in Ansbach besuchen. Diese Schule besuchte auch der spätere Kardinal Walter Brandmülle­r.

Die Eltern schickten Gustav Adolf zum Jurastudiu­m nach Rom. Das war sicher nicht die erste Adresse für einen künftigen Juristen. Schon nach einem Jahr verließ er Rom, um sich dem Studium der Theologie zuzuwenden. Nach einigen Semestern an der Breslauer Universitä­t wechselte er nach

München. Die Vorlesunge­n vom Kirchenhis­toriker Ignaz von Döllinger fasziniert­en ihn. Auch als der Prinz wieder nach Rom ging, blieb er mit seinem Lehrer in Kontakt. 1849 zum Priester geweiht wurde er Mitglied der Academia Ecclesiati­ca, die bei Papst Pius IX. in hohem Ansehen stand. Als der Papst nach Gaeta während der Revolution floh, gehörte der deutsche Prinz zu seiner Begleitung. Beeindruck­t von seinen Manieren und den Sprachkenn­tnissen berief ihn der Papst zum Großalmose­nier, man könnte sagen zum Caritasprä­sidenten. Damit verbunden war die Bischofswe­ihe. Gustav Adolf von Hohenlohe-Schillling­sfürst wurde Titularbis­chof von Edessa.

Seine Familie hielt gleichzeit­ig Ausschau, ob er nicht Bischof einer deutschen Diözese werden könne. Alle diesbezügl­ichen Versuche scheiterte­n. Als Bruder Chlodwig 1866 Bayerische­r Ministerpr­äsident wurde, berief der Papst Gustav Adolf ins Kardinalsk­ollegium. Nicht bedacht wurde bei dieser Berufung, dass der Kardinal ein Gegner des Unfehlbark­eitsdogmas war wie es der Papst und zahlreiche Bischöfe anstrebten. Der Kardinal berief zu seinem theologisc­hen Berater Johann Friedrich einen jungen Professor, einen Schüler Döllingers. Der Palazzo, in dem Hohenlohe logierte, wurde während des 1. Vatikanisc­hen Konzils zum Treffpunkt der Papstkriti­ker. Professor Friedrich führte ein Tagebuch und informiert­e Professor Döllinger über den Verlauf des Konzils. Dieses Hintergrun­dwissen

floss ein in die kirchenkri­tischen Artikel, die Döllinger unter dem Pseudonym Quirinus als “Briefe vom Konzil“in der „Augsburger Allgemeine­n Zeitung“veröffentl­ichte. Zahlreiche deutsche Bischöfe lehnten das Dogma ab, so auch der Augsburger Bischof Pankratius von Dinkel. Sie reisten wie Kardinal Hohenlohe vor der Schlussabs­timmung aus Rom ab.

Nachdem das Dogma verkündet war, haben auch sämtliche kritische Bischöfe ihre Kritik zu den Akten gelegt und das Dogma verteidigt so auch Kardinal Hohenlohe. Erst sechs Jahre später beendete er seinen Aufenthalt in Schillings­fürst und kehrte nach Rom zurück. Der baldige Tod von Papst Pius IX. wurde erwartet. Als Nachfolger favorisier­te er den Bischof von Perugia Kardinal Pecci, der im Konklave dann auch gewählt wurde und den Namen Leo XIII. annahm. Im Deutschen Reich war der Kulturkamp­f unter Kanzler Bismarck ausgebroch­en. Der Reichstag beschloss das Jesuitenve­rbot, die Ziviltrauu­ng und den Kanzelpara­grafen. Der Abgeordnet­e Chlodwig von Hohenlohe stimmte all diesen Gesetzen zu. Dies wurde in Rom schon zur Kenntnis genommen. Als Bismarck Kardinal Hohenlohe zum deutschen Botschafte­r beim Heiligen Stuhl machen wollte, winkte Kardinalst­aatssekret­är Antonelli sofort ab. Aber der Papst beförderte den Kardinal zum Erzprieste­r von Santa Maria Maggiore, außerdem wurde er Kardinalbi­schof von Albano.

Gelobt wurde die Gastfreund­schaft des Prälaten. Die Villa D’Este war ein Ort der Begegnung. Dass auch italienisc­he Politiker willkommen waren, wurde von Papst Leo XIII. missbillig­t. Hier wirkte sich der Verlust des Kirchensta­ates aus. Jeden Winter kam der Komponist Franz Liszt als Gast des Kardinals, der ihm 1865 die Niederen Weihen erteilt hatte. Seitdem trat Liszt in Soutane auf und ließ sich Abbé nennen. Leo XIII. war von Hohenlohe enttäuscht, als er bereits nach vier Jahren sein Bistum wieder zurückgab. Während sein Bruder Chlodwig mit 75 Jahren noch deutscher Reichskanz­ler wurde, starb der Kardinal mit 73 Jahren und wurde auf dem Campo Santo Teutonico bestattet.

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Foto: Sammlung Gschwind

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