Antibiotika Sinnvoller Umgang mit der Bakterien-waffe
Nehmen oder nicht?
Antibiotika gehören zu den wirksamsten Waffen gegen bakterielle Entzündungen und Infekte. Noch. Denn immer häufiger tauchen Erreger auf, denen Penicillin und Co. nichts mehr anhaben können. Aber muss es denn bei Ohrenschmerzen, Blasenentzündung oder hartnäckigem Husten wirklich immer ein Antibiotikum sein? Antworten auf die acht wichtigsten Fragen zum Thema
Warum geraten Antibiotika immer wieder in Verruf?
Kritisiert werden nicht die Antibiotika, sondern der leichtfertige Umgang mit ihnen. Viele Patienten wol- len diese Therapie, um möglichst rasch wieder fit zu sein. Eine aktuelle Studie der deutschen Betriebs- krankenkassen zeigt: 95 Prozent der Verordnungen geschehen auf Verdacht, also ohne dass der Arzt ei- nen Erregernachweis geführt hat. Oft wird so quasi mit Kanonen geschossen. Denn eine Us-studie hat jüngst gezeigt, dass jede dritte Verordnung unnötig ist und jede zweite nicht so wirkt, wie sie soll, weil ein falsches Antibiotikum verschrieben wurde.
Wie genau wirken Antibiotika?
Sie hemmen entweder die Vermehrung von Bakterien oder töten sie ab, indem sie zum Beispiel ihre Zellwand zerstören. Das Wort setzt sich aus dem griechischen „Anti“(gegen) und „Bios“(Leben) zusammen.
Wann helfen Antibiotika nicht?
Antibiotika wirken ausschließlich gegen Bakterien. Zu den häufigsten bakteriellen Entzündungen gehö- ren Mittelohr- und Nasennebenhöhlenentzündun- gen, Infektionen an den Zahnwurzeln, Bronchitis, Gastritis, Scharlach sowie Blasenentzündungen. Im Kampf gegen Viren, Pilze oder Parasiten sind Antibio- tika machtlos. Die meisten Erkältungs- und typischen Kinderkrankheiten sind durch Viren verursacht.
Wie bilden sich Resistenzen?
vermehren sich zum Teil rasend schnell, manche teilen sich alle 20 Minuten, etwa Salmonel- len. Dabei kann es zufällig immer wieder zu minima- len Veränderungen im Erbgut des Bakteriums kom- men. Infolgedessen kann es passieren, dass der Erreger quasi immun gegen die Wirkstoffe des Anti- biotikums wird. So vermehren sich die in ihrer Struk- tur veränderten Bakterien munter weiter und bilden antibiotika-resistente Stämme. Je öfter Antibiotika verordnet werden, desto größer ist das Risiko, dass es zu solchen Mutationen kommt. Teil des Problems ist auch die Massentierhaltung, wo Antibiotika noch immer häufig zum Einsatz kommen, damit die Tiere sich nicht gegenseitig anstecken. Dadurch steigt auch hier die Gefahr von Resistenzen.
Kann ich es auch erstmal ohne Antibiotikum versuchen?
Bei beginnenden Beschwerden – Ohrenschmerzen, Blasenreizung, Schnupfen, Husten – kann man es durchaus zunächst mit Ruhe und Hausmitteln, Phytotherapie oder Homöopathie versuchen. Oft lässt sich eine Infektion damit gut abfangen. Bei stei- gendem Fieber, Schüttelfrost, Schmerzen, Blutungen oder anderen stärker werdenden Beschwerden ist der Gang zum Hausarzt Pflicht.
Gibt es pflanzliche Antibiotika?
Einige Pflanzen haben eine nahezu vergleichbare Wirkung wie chemische Antibiotika. Ganz vorn dabei ist die Kapuzinerkresse. Sie enthält ätherische Senf- öle, die das Immunsystem stärken, antibiotisch und desinfizierend wirken, zum Beispiel bei Harnwegs- infekten. Vorbeugend kann man die Blüten im Salat essen. Knoblauch kann vor allem Bakterien aus- schalten, die im Magen-darm-trakt für Unruhe sor- gen. Auch Thymian, Schwarzkümmel, Meerrettich und die Küchenzwiebel haben eine antibiotische Wirkung. Unter anderem deshalb können warme Zwiebelsäckchen eine leichte Mittelohrentzündung oft lindern.
Welche Nebenwirkungen haben Antibiotika?
Relativ häufig kommt es bei der Einnahme eines An- tibiotikums zu Magen-darm-beschwerden, denn die Medikamente greifen auch die „guten“Bakterien der Darmflora an. Kopfschmerzen und Hautausschläge sind ebenfalls bekannte Nebenwirkungen. Weil die Haut und Schleimhaut ihre Schutzfunktion während der Therapie zum Teil einbüßt, kann es während und nach der Antibiose außerdem leichter zu Pilzinfekti- onen, etwa zu Vaginalpilz, kommen. Gefürchtet sind allergische Reaktionen, bei denen der Körper auf das Medikament mit Hautausschlä- gen (Quaddel-bildung, Juckreiz, Rötung), Übelkeit oder Atemnot reagiert. Das kann bis zum lebensge- fährlichen Herz-kreislauf-versagen führen. Bei ers- ten Anzeichen von auffälligen Nebenwirkungen da- her umgehend einen Arzt aufsuchen.
Muss man Antibiotika immer nehmen, bis die Packung leer ist?
Studien bringen diese eiserne Regel jetzt ins Wan- ken. Mediziner mehrerer britischer Universitäten plädieren dafür, die Tabletten nur so lange zu neh- men, bis es einem besser geht. Denn je länger die Einnahme, desto höher die Gefahr von Resistenzen. Das gelte jedoch nur für Patienten, die einen akuten Infekt haben und ansonsten gesund sind. Ihre Ab- wehr könne nach der „Starthilfe“allein mit den Erre- gern fertig werden. Hartnäckige Infektionen müssen weiterhin deutlich länger therapiert werden, vor al- lem bei immungeschwächten Patienten. Vorzeitig absetzen sollte man Antibiotika aber nur nach Rück- sprache mit dem behandelnden Arzt.
Antibiotika am besten mit einem großen Glas Wasser einnehmen. Milch, Säfte oder auch Kaffee können die Wirkung beeinträchtigen. Und: Wechselwirkungen - zum Beispiel mit der Antibabypille oder Cholesterinsenkern - sind möglich. Unbedingt beraten lassen!